Reschitza – Nach Abschluss der Ernte der Sommerpflaumen ist alles klar: 2012 ist ein ergiebiges Schnapsjahr. Ob er auch gut wird, der diesjährige Schnaps, das hängt von der Kunst und Geduld der Schnapsbrenner, der Qualität der Schnapskessel, von der Qualität und dem Alter der Fässer und der Kunst des Aufbewahrens ab – Schnaps lässt sich zwar unvergleichlich leichter und weniger arbeitsintensv lagern als Wein, aber auch ihm darf es an Liebe und Können nicht fehlen, wenn die Zuika süffig werden soll.
Dieser Tage, wo im Banater Bergland auch die Zwetschken geerntet werden, zeichnet sich ab, dass diese Ernte, wie fast immer, mäßig ist. Trotzdem, „pecmez“, wie das Zwetschkenmus ohne Zuckerzusatz auf Rumänisch im Banater Bergland heißt – nach dem türkischen Wort für Fruchtmarmeladen, das auch in manchen schwäbischen Ortsdialekten als „Pekmes“ übernommen wurde – wird es in diesem Jahr geben und wohl vielerorts auch noch die damit verbundenen Rituale: 24 Stunden kochen im Kupferkessel über offenem Feuer, mit saubergeschrubbten Wackersteinen auf dem Kesselgrund (gegen das Anbrennen) und mit dem im rechten Winkel an einer langen Stange angebrachten Rührlöffel aus Holz (damit die Marmeladenspritzer den Umrührenden nicht verbrühen).
Und dann kommt der „pecmez“, so er denn traditionsgerecht zubereitet wurde, in große Tongefäße – die es auf den Dörfern und Weilern des Südbanats noch gibt, auch wenn vor einigen Monaten der letzte Töpfer des Banater Berglands, Ionic² Stepan aus Bini{, verstorben ist – und kann, ohne jedwelche Chemikalien und bloß mit dem zwetschkeneigenen Zucker gesüßt, allein geschützt durch die dekantierte Wachsschicht, die von den Zwetschkenschalen kommt, in trockenen Speisekammern in den breitmauligen Tontöpfen offen aufbewahrt werden über den ganzen Winter. So dürfte jenes Mus gewesen sein, das in den Grimmschen Märchen (wie ein Nachklang aus dem deutschen Mittelalter) angeboten wird.
Leider gibt es im Banater Bergland nur noch wenige Obstplantagen, die die Wende überlebt haben. Die meisten stehen in den während des Kommunismus nicht vergenossenschaftlichten Gegenden, im Almasch-Tal, im Großraum um Teregova-Domaşnea, im Oberen Bistratal, um die Kraschowänenniederlassungen südlich von Reschitza. Allerdings sind es in der Regel halbverwilderte Pflaumen- und Zwetschkenplantagen, meist auch noch überaltert und mit vielen herabhängenden, abgebrochenen Zweigen aus guten Erntejahren, deren Ertrag mit langen Stangen abgeschlagen und dann oft mit (gegenseitiger) Hilfe aller Nachbarn aufgeklaubt wird.
Böse Zungen behaupten, die Pflaumen- und Zwetschkenbäume, das seien die Schnaps- oder Herrgottsbäume: so der Herrgott will, gibt es Ernten und Schnaps, wenn nicht, dann wollte der Herrgott es eben nicht; selber was zu tun - Schneiden, Hacken, Düngen usw. – kommt bei kaum jemand in Frage.
Im Banater Bergland stehen laut Statistik der Direktion für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung DADR 10.759 Hektar Obstplantagen, von denen 46 Prozent ertragsfähig sind. Der Rest von 54 Prozent sind Neuanlagen oder überalterte und verwilderte Pflanzungen. Keine 20 Prozent der erntefähigen Plantagen werden gepflegt und gegen Schädlinge behandelt, weiß die Landwirtschaftsdirektion.
Bei der DADR ist (gegen den Wind gesprochen) zu hören: „Es reicht nicht aus, einen Obstbaum zu pflanzen, und sei die Sorte noch so ertragreich. Pflegearbeiten müssen durchgeführt werden. Die brauchen die Obstbäume. Und Plantagen, die älter sind als 25-30 Jahre, die gehören ersetzt. Im Verwaltungskreis Karasch-Severin sind mehr als die Hälfte der Obstpflanzungen überaltert, praktisch nicht mehr ertragsfähig.“
Obstbau-Fachingenieur Lucian Miu, der Berater des Sektors Gemüse- und Obstbau bei der DADR, zählt auf, dass im Banater Bergland die Pflaumen- und Zwetschkenplantagen 3516 der insgesamt 5012 Hektar ertragreicher Plantagen einnehmen. Apfelbäume – zum Gutteil alte, genetisch wertvolle, weil im Verschwinden begriffene Sorten – stehen auf 1400 Hektar. Der Rest sind Kleinpflanzungen: auf 50 Hektar stehen Birnbäume, auf 67 Hektar Walnussbäume, auf 22 Hektar Kirschen und Weichseln, auf sechs Hektar Pfirsiche und auf vier Aprikosen.
Über die Produktion dieses Jahres ist wenig bekannt, auch weil bei manchen Sorten eben erst die Ernte begonnen hat, aber vor allem, weil die Obstbauern - wie alle Bauern aufgrund jahrhundertealter negativer Erfahrungen – nicht gern mit konkreten Daten herausrücken, wenn sie von staatlichen Offiziellen befragt werden. Lucian Miu schätzt aber, aufgrund seiner Beobachtungen, dass in diesem Sommer an die 4-5 Tonnen Sommerpflaumen pro Hektar eingesammelt wurden. Eine gute Pflaumenschnapsernte. Birnen könnten es schätzungsweise sechs Tonnen pro Hektar gewesen sein bzw. werden. „Idealerweise, also bei guter Pflege rund ums Jahr, könnte man im Banater Bergland 40-50 Kilo Früchte pro Obstbaum einbringen“, meint Obstbaufachmann Miu.