Hermannstadt – Vor zehn Jahren, im Juni 2006, öffnete Jens Kielhorn im Erdgeschoss des Kultur- und Begegnungszentrums „Friedrich Teutsch“die Tür zu seinem Büchercafé. Es war nicht die einzige Idee, die der ehemalige Eisenbahnbetriebsleiter aus Moers im Hinterkopf hatte, als er sich mit seiner Frau in Hermannstadt/Sibiu niederließ.
Doch weder im angestammten Berufszweig noch in anderweitiger Form als Angestellter eröffneten sich Perspektiven. Indessen ergab sich genau zu jener Zeit die Möglichkeit das Untergeschoss des Teutsch-Hauses als Pächter zu übernehmen. Rauchen war schon damals im Gebäude genauso wenig möglich wie Öffnungszeiten bis Mitternacht. Ein normaler Gaststätten- oder Kneipenbetrieb kam dementsprechend nicht in Frage, ein Absagekriterium für andere Interessenten. Kielhorn hingegen hatte etwas anderes im Sinn. Er wollte einen Ort, den man auch mit Kindern aufsuchen kann. Und eine der vielen Ideen, die er mit nach Rumänien gebracht hatte, sollte sich hier besonders gut umsetzen lassen - die Buchhandlung mit Kaffee-Ecke. Mit der war auch die Evangelische Kirche einverstanden. „Wir haben dann die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und mit dem Landeskonsistorium einen Mietvertrag abgeschlossen“, so der seitdem Selbstständige. Zur Einweihung gab es ein kleines Eröffnungsfest. „Wir haben die Leute eingeladen, die wir bis dahin schon kannten.“ Für eine Buchhandlung, das konstatiert Kielhorn heute, war Hermannstadt genau die richtige Wahl. „Meine Frau hat in Klausenburg/Cluj-Napoca studiert und wir hatten auch überlegt dorthin zu gehen, aber mir persönlich gefällt die Stadt nicht so sehr. Es gibt keine Fußgängerzone, viel Verkehr und in dem Talkessel fühlt es sich sehr beengt an.
Natürlich gibt es dort mit den vielen Studenten ein zusätzliches Marktpotenzial, doch andererseits ist Hermannstadt eben das Zentrum der Deutschen in Rumänien.“ In der Schiller-Buchhandlung, die damals noch vom Deutschen Forum betrieben wurde, konnte man gleichwohl nur in sehr beschränktem Umfang Bücher in deutscher Sprache bekommen. „Es waren mehr oder weniger nur die Bücher der deutschsprachigen Hermannstädter Verlage sowie Bücher aus privaten Beständen.“ Schon ein Jahr später übernimmt Kielhorn die Buchhandlung. Es folgen Neueröffnungen in Mediasch und Bierthälm/Biertan sowie Temeswar/Timişoara, doch nach kaufmännischen Kriterien überzeugt nur das Sommergeschäft in Biertan. Aufwärts ging es allerdings von Beginn an in Hermannstadt. „Hier ist das Potenzial deutlich größer, auch wenn nach der Volkszählung in Temeswar mehr Deutsche leben. Die Lage unserer Buchhandlung ist dort eigentlich sehr zentral, nicht weit weg von der Lenauschule, doch dort gibt es eben auch nur die Le-nauschule, hier in Hermannstadt gibt es verschiedene Schulen mit deutschsprachigem Unterricht.“
Die Schulbestellungen sind eines der Standbeine des Büchercafés. Dazu kommt selbstverständlich der normale Buchverkauf an die Hermannstädter, der Cafébetrieb sowie der Versandverkauf und die Touristen. „Ohne Touristen im Sommer könnten wir nicht überleben, denn eine Buchhandlung nur für das örtliche Publikum wäre nicht tragbar.“ Erster Anlaufpunkt für die Gäste aus Deutschland und Österreich ist die Filiale am Großen Ring/Piaţa Mare. Doch auch das Büchercafé selbst hat sich herumgesprochen. Es steht in mehreren Reiseführern und auch die Touristenführer kennen es. Und dann gibt es im Obergeschoss auch noch das Landeskirchliche Museum, welches seine eigenen Kreise hat, in denen es wirbt. „So sehen die Leute, die ins Museum gehen die Buchhandlung und umgekehrt. Ein Gewinn für beide Seiten“, so Kielhorn, der auch das Potenzial in Hermannstadt noch nicht ausgeschöpft sieht: „Auf die Eröffnung folgte direkt das Jahr der Kulturhauptstadt und wir sind jetzt nah daran, den Umsatz von damals mit der Schiller-Buchhandlung wieder zu erreichen. Die Umsatz steigt seit 2008 kontinuierlich.“