Erste lateinische Übersetzung von Platon hat venezianisches Siegel

Hermannstadt – „Vergangenes Jahr haben wir reihum Bücher aus dem deutschsprachigen Raum ausgestellt. 2025 konzentrieren wir uns auf italienische“, versprach Donnerstagnachmittag, am 6. März, Bibliotheks-Leiter Alexandru Munteanu in der höheren von beiden Stockwerken des Brukenthal-Palais. Mit seinem Exemplar der 1478 von Anton Koberger in Nürnberg aufgelegten Bibel hatte das prominente Museum in Hermannstadt/Sibiu Anfang Februar 2024 in der Tat eine weltumspannende Kostbarkeit der Epoche von Inkunabeln aus Samuel von Brukenthals reichen Bücherschränken hervorgeholt und für die Dauer eines Monats im Schaukasten zum Staunen deponiert. Koberger hatte als Taufpate für Albrecht Dürer gebürgt, und südlich der Alpen dünkte sich zur ungefähr gleichen Zeit der Florentiner Marsilio Ficino dem intellektuellen Erbe von Platon verpflichtet: im selben Eckraum der zweiten Etage des Bruken-thal-Palais, wo ein Jahr zuvor Kobergers Bibel ausgestellt worden war, liegt aktuell noch bis zum ersten April-Sonntag die 1491 in Venedig gedruckte und gebundene Übersetzung der Gesamtwerke Platons ins Lateinische von Marsilio Ficino zur Bewunderung aus. Zudem hat Alexandru Munteanu den bedeutungsschweren Wälzer nicht einfach wahllos in der Mitte aufgeschlagen, sondern nur die ersten zwei Seiten umgewendet – Vorbeischauende entdecken hinter Glas folglich die letzten Absätze der Biografie Platons auf dem Zenit des italienischen Rinascimento und das Inhaltsverzeichnis der metallen verschließbaren Ausgabe. Auskunft über die paar Kapitel, die nach späterer wissenschaftlicher Erkenntnis irrtümlicherweise nicht von Platon selbst stammen, erteilt der Bibliotheks-Leiter jederzeit gerne auf Anfrage.

„Ich bin kein Fan von Platon“, schlussfolgert Alexandru Munteanu bezüglich seines unterbrochenen und nicht wiederaufgenommenen Versuchs, sich in die Schriften des Schülers und Erben von Sokrates hineinzulesen. Der Lehrmeister von Aristoteles aber war „überaus interessiert am politischen Alltag in Athen und hatte das Pech, just zu Ende des Peloponnesischen Kriegs gegen Sparta um die 25 Jahre alt gewesen zu sein. Die von ihm gegründete und im 1. Jahrhundert nach Christus aufgelöste Universität – die Platonische Akademie – ist die erste in der abendländischen Kultur überhaupt. Er ist nach wie vor aktuell, weil seine Werke Konzepte wie zum Beispiel das Zusammenleben und die Tyrannei analysieren.“