Historiker und Politiker. Bei den Siebenbürger Sachsen keine Seltenheit. Nicht immer aber wirkte sich die Kombination so segensreich aus wie im Fall von Dr. Thomas Nägler.
Thomas Nägler wurde am 30. Januar 1939 in Stolzenburg/Slimnic geboren, wo er die Grundschule besuchte. Seine Begabung, aber auch die Erkenntnis der Eltern, dass eine gute Ausbildung nach der Enteignung die einzige „Mitgift“ ist, die sie ihren Kindern mitgeben können, führte ihn von dort nach Hermannstadt ins Pädagogische Lyzeum und nach dessen Auflösung in die Brukenthalschule (damals Lyzeum Nr. 4). Zwischen 1957 und 1962 studierte er an der Babeş-Bolyai-Universität Geschichte und begann seine Tätigkeit als Archäologe bei namhaften Wissenschaftlern wie Constantin Daicoviciu und Kurt Horedt. 1974 promovierte er mit einer Arbeit „Die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen.“
Der berufliche Werdegang von Thomas Nägler begann 1962 im Brukenthalmuseum, wo er als Archäologe und Kustos der Mittelalter-Abteilung des Geschichtsmuseums arbeitete. 1969 wechselte er in das Hermannstädter Forschungsinstitut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie, dessen Direktor sowie Hauptschriftleiter der „Forschungen zur Volks- und Landeskunde“ er seit 1990 und bis zu seiner Pensionierung 1994 war. 1993 wurde er zum Professor an der Lucian-Blaga-Universität ernannt, wo er bis vor einem Jahr Vorlesungen hielt und Doktoranden betreute.
Als Anerkennung für sein Wirken verlieh die Uni ihm 2005 die Ehren-doktorwürde.Als Archäologe und Historiker hat sich Thomas Nägler auf die Geschichte des siebenbürgischen Früh- und Hochmittelalters konzentriert. Sein Hauptwerk bleibt die „Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen“, das zwei deutsche und zwei rumänische Auflagen erlebt hat. Mehrere Studien widmete er den Beziehungen zwischen den Kulturgemeinschaften Siebenbürgens.
Zudem ist Nägler Mitverfasser der „Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens“ (Band 1, 1979) und einer „Geschichte der siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaft“ (mit Josef Schobel und Karl Drotleff, 1984). Verdienste hat er sich um die Organisation und Herausgabe des Katalogs der Ausstellung „800 Jahre Kirche der Deutschen in Rumänien“ erworben, der ersten großen Selbstdarstellung der Siebenbürger Sachsen nach der Wende und einem beeindruckenden Rückblick auf die Rolle der Kirche in der Geschichte seines Volkes.
Am Beispiel der Gemeinde Birthälm schließlich hat er in einer Monografie den Mikrokosmos siebenbürgisch-sächsischen Lebens und Wirkens in seiner ganzen Breite und Tiefe beschrieben. Thomas Nägler gehörte zu den Mitbegründern des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien in den Dezembertagen 1989. Im Januar 1990 wurde er zum ersten Vorsitzenden des Siebenbürgenforums und am 3. März 1990 zum Landesvorsitzenden gewählt, Amt, das er bis 1992 innehatte.
Als guter Kenner der Geschichte setzte er sich bei rumänischen und deutschen Politikern für die Lösung der spezifischen Fragen seiner Landsleute ein, darunter die Wiedergutmachung der ab 1944 begangenen Übergriffe, wie Deportation, Enteignung, Evakuierung und Umsiedlung.
Für diese Bemühen wurde er mit der Stephan-Ludwig-Roth-Medaille der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland (2003) und der Honterus-Medaille des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen (2006) gewürdigt.
Thomas Nägler erlag am 4. November einem Herzinfarkt.