Rundgang bei Nacht zur Russlandverschleppung

Hatzfeld (ADZ) – Am Freitag, dem 10. Januar, veranstalten das städtische Kulturhaus Hatzfeld/Jimbolia und das Sever-Bocu-Pressemuseum eine Führung zum Thema „Deportierte in der UdSSR“. Die Veranstaltung findet anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation der Deutschen aus dem Banat in die ehemalige Sowjetunion statt. Die Teilnahme an der Führung ist kostenlos. Rund 20 Personen haben sich bereits angemeldet. Grund dafür ist unter anderem der dramatische Einstieg der Einladung von Kulturmanager Sergiu Dema:
„Hatzfeld, Weihnachten 1944... Tod, Tod überall: Auf dem Friedhof im Westen liegen frisch aufgebahrt die Leichen der sieben Männer, die von den Hitleristen auf dem Markt, in Futok und jenseits der Mühle an der Grenze ermordet wurden. Die Straßen in der Nähe des Bahnhofs hallen noch immer von den Schreien der von den russischen Soldaten geschändeten Frauen wider. Wer kann sie hören, wenn die halbe Stadt in den Westen geflohen ist? Kinder und ihre Mütter sind im Kulturzentrum eingesperrt, während die Männer in einem Massengrab nur wenige Dutzend Kilometer entfernt, in Großbetschkerek/Zrenjanin, verrotten, getötet von Partisanen. Von all den nackten Körpern bewegt sich noch einer. Er flieht ungesehen. Er rennt in Angst nach Hause, um seine Rettung zu finden, aber er findet einen anderen Tod.

Hatzfeld, Neujahr 1945... Der Tod wird in der Nacht von russischen Soldaten gebracht. Sonntag, 14. Januar, 1 Uhr morgens. Die Soldaten ziehen Männer, Frauen, Kinder aus ihren Betten und Häusern... Mütter, Brüder, Familien, um den großen stalinistischen Traum zu erfüllen. 1, 10, 100, 1000 Männer werden in Viehwaggons verladen und nach Russland, in Zwangsarbeitslager, geschickt.“

Der Ausgangspunkt der drei- bis vierstündigen Fußreise durch dieses düstere Kapitel der Geschichte der Banater Schwaben, die um 22 Uhr beginnt, ist das Haus der Familie Koch in der Liviu-Rebreanu-Str. 33. Hier stehen die Aushebung und der Kontext, in dem sie stattfand, im Mittelpunkt. Die zweite Station ist das städtische Kulturheim, in dem etwa 500 Menschen 4 Tage lang festgehalten wurden. In der römisch-katholischen St.-Wendelin-Kirche findet ein Gedenkgottesdienst statt, bei dem aller direkten und indirekten Opfer des Ereignisses vom Januar 1945 gedacht wird. Am Bahnhof, dem Ort, an dem so viele Menschen Abschied nehmen mussten, wenn sie konnten, sollen die Zeugenaussagen mehrerer Hatzfelder über das Verladen der Menschen in Viehwaggons und den Aufbruch ins Ungewisse beleuchten. „Kälte und Dunkelheit werden uns sicherlich begleiten, aber auch die Emotionen in der Seele eines jeden Teilnehmers! Zeugenaussagen sind erinnerungswürdig, wie die von Josef Koch, der seine Mutter zum letzten Mal am Hatzfelder Bahnhof sah; Erwin Zappe, dessen Großvater direkt von der katholischen Kirche abgeholt wurde; Carol Brandmayer, dessen Vater nie von der Arbeit zurückkehrte; Hans Jirkowski, dessen Onkel aus dem Elektrizitätswerk abgeholt wurde. Einige der Hatzfelder versuchten zu entkommen, indem sie sich versteckten. Berührend ist die Episode, als die Soldaten einen jungen Mann anstelle seines Vaters mitnahmen. Als der Vater die Nachricht hörte, ging er zur Deportationskommission, um seinen Sohn zu retten. Die Behörden beschlossen auf der Stelle, beide zu deportieren“, berichtet Dema. Damit endet die Veranstaltung.

Eine zentrale Rolle beim Rundgang spielt das Kulturheim als Ort, an dem sowohl Deportierte in die UdSSR als auch mehrere hundert deutsche Frauen und Kinder, die im Herbst 1944 von serbischen Partisanen gefangen genommen wurden, inhaftiert waren. „Drei Monate lang wurde hier die Kultur des Rassenhasses gezüchtet. Achtzig Jahre später empfängt die Einrichtung ihre Gäste im Rahmen des Rundgangs ‚Deportierte in die UdSSR‘ mitten in der Nacht mit einem kleinen klassischen Gitarrenkonzert und einer Kunstinstallation, die die Gefühle der 1944 und 1945 Inhaftierten widerspiegelt“, kündigt Kulturmanager Sergiu Dema, als Initiator der Gedenktour, an. „Es gibt mehrere Gründe für die Organisation der Tour. Was in der Vergangenheit geschah, ist eine Erfahrung, aus der wir heute lernen sollten. Damals wurde bewiesen, dass Hass den klaren Menschenverstand verdrängt und dass ein Mensch ohne Unterscheidungsvermögen oft Leid und Tod verursacht.“ Da der Rundgang lang und schwierig zu werden verspricht, habe man im offiziellen Programm bewusst auf einen wichtigen Teil der Reise der Überlebenden verzichtet: den Kampf ums Überleben in den russischen Lagern. Wer Interesse daran hat und noch kann, den erwartet eine zusätzliche Station im Kulturheim, nach dem Moment am Bahnhof.