Bistritz - Der Bistritzer Bürgermeister rief Anfang des Jahres 2013 als „Jahr der Kirche“ aus. Gemeint war nicht irgendeine Kirche, sondern die evangelische Stadtpfarrkirche, das Wahrzeichen der Stadt. Aus Anlass des 450. Kirchweihjubiläums organisierten die evangelische Gemeinde, aber auch die Stadt und lokale Vereine eine Reihe von Veranstaltungen im Rahmen der „Bistritzer Tage“.
Eröffnet wurden die „Bistritzer Tage“ am Freitag von Bürgermeister Ovidiu Creţu. An der Zeremonie nahmen neben allen wichtigen Vertretern der lokalen Institutionen auch der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Bistritz, Eckehardt Zaig, der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch, Hans Schebesch vom Deutschen Generalkonsulat in Hermannstadt/Sibiu, der Bürgermeister der Partnerstadt Herzogenrath, Christoph von den Driesch, Dr. Hans-Georg Franchy, Vorsitzender der Heimatortgemeinschaft Bistritz-Nösen teil sowie Rainer Lehni vom Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Volker Petri vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich.
Einer der Höhepunkte war der Festgottesdienst zum Kirchweihjubiläum am Samstag. Um neun Uhr zogen knapp 400 hauptsächlich aus Deutschland angereiste Sachsen, teils in Tracht, teils ohne, unter den Klängen der Werkvolkkapelle aus Neumarkt/Oberpfalz über die Holzgasse/Str. Rebreanu zum Kornmarkt/Piaţa Centrală. Am Pfarramt holten die Vertreter der ausgewanderten Sachsen Stadtpfarrer Johann-Dieter Krauss und Bischof Reinhart Guib an und geleiteten diese zur bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche.
Unter den mehr als 1000 Gästen waren neben den Gemeindemitgliedern und mehr als 600 aus Deutschland angereisten Bistritzern sehr viele Persönlichkeiten aus der lokalen Politik und Gesellschaft. Die ersten Reihen wurden von mehr als einem Dutzend aktiver bzw. ehemaliger Pfarrer der evangelischen Kirche A. B. in Rumänien sowie befreundeten Pfarrern aus Deutschland besetzt. Unter ihnen waren die früheren Bistritzer Pfarrer Peter Obermaier, Hans Hamrich oder Günther Klöss-Schuster sowie Altbischof Dr. D. Christoph Klein. Den Gottesdienst selbst gestalteten Stadtpfarrer Johann-Dieter Krauss, der Schäßburger Bezirksdechant Johannes Halmen sowie Bischof Reinhart Guib. Musikalische Akzente setzen die Sänger der Siebenbürgischen Kantorei unter Leitung von Ilse Maria Reich.
In seiner Begrüßung erinnerte Krauss an den verheerenden Brand des Kirchturms am 11. Juni 2008, der während der damals laufenden Renovierungsarbeiten ausbrach und wegen des verwendeten Holzgerüstes rasch auf den Turm und den Dachstuhl übergriff. „Die unmittelbaren Folgen an Turm und Kirchenschiff, an Dach und Gewölbe, sind heute, nahezu fünfeinhalb Jahre nach dem Brand beseitigt.“ Krauss dankte im Namen seiner Gemeinde allen, die einen Beitrag zum Wiederaufbau beigetragen haben. „Der Wiederaufbau ist ein Werk aller Bistritzer“, betonte er.
Erst vor wenigen Tagen wurden die Baugerüste aus dem Kirchenschiff entfernt und kamen die restaurierten Pfarrgestühle aus einer Klausenburger Werkstatt zurück in den Chor. Zurück kam auch ein osmanischer Teppich, der im Zuge der Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944 aus der Kirche nach Deutschland gelangte und heute im Germanischen Nationalmuseum ausgestellt ist. Das Landeskonsistorium ließ eine Replik anfertigen, die Bischof Guib der Gemeinde während des Gottesdienstes überreichte. In seiner Festpredigt meinte Guib, dass die Stadtpfarrkirche das Selbstbewusstsein der etwa 5000 Bistritzer Sachsen des 16. Jahrhunderts widerspiegele. Ihre Kirche wurde nach der Weihe 1563 die Hauptkirche des Nösner Landes. Das Jubiläum werfe aber auch die Frage auf, „was wir tun, um diese Kirche lebendig zu halten“. Er sei zuversichtlich, dass die Kirche zu einem ökumenischen Symbol, zur Stadtkirche für alle Christen von Bistritz und Nordsiebenbürgen werde.
Einen ersten Schritt in diese Richtung gingen Vertreter verschiedener Konfessionen bereits am Sonntag. In Prozessionen zogen Gläubige von den historischen Bistritzer Kirchen zum Kornmarkt. Unter den Teilnehmern des ökumenischen Gottesdienstes in der Stadtpfarrkirche waren unter anderen der Klausenburger Metropolit Andrei Andreicuţ und Bischof Reinhart Guib sowie Vertreter der Griechisch-Katholischen Kirche, der Ungarisch-reformierten Kirche, der Ungarisch-Lutherischen Kirche sowie der Römisch-Katholischen Kirche. Den Höhepunkt des Gottesdienstes markierte die Unterzeichnung einer „Bistritzer Erklärung zur ökumenischen und brüderlichen Zusammenarbeit“ der historischen Kirchen in Siebenbürgen.
Anlässlich des Jubiläums fanden weitere Veranstaltungen in und um die Kirche statt. Am Samstagabend gab es ein Konzert der drei Tenöre Ştefan Pop, Ovidiu Purcel und Florin Ormenişan begleitet von Musikern der Rumänischen Staatsoper. Vormittags spielte die österreichische „Trachtenkapelle“ auf dem Kirchvorplatz. Am Samstagabend organisierten die Veranstalter eine „Weiße Nacht der evangelischen Kirche“. Der Verein „Mittelalterliches Bistritz/Bistriţa Medievală“ veranstaltete Ritterspiele und Tanzvorführungen rund um die Kirche. Unter dem Titel „Ein Symbol für die Ewigkeit“ luden Schauspieler des Nationaltheaters in Neumarkt/Tg. Mureş zusammen mit Schülern und Lehrern des Bistritzer Musiklyzeums zu einem klassischen Konzert sowie einer Lesung religiöser Gedichte.
Das Kirchweihfest am 24. August markierte einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Restaurierung der Kirche. „Das heutige Aussehen der Kirche lässt ahnen, welche Perle der Baukunst wir Bistritzer unser Eigen nennen und gibt uns einen Vorgeschmack auf den Tag der Wiedereinweihung des gesamten Gotteshauses in – wie wir hoffen, nicht allzuferner Zukunft“, sagte Pfarrer Krauss. Für die Restaurierung der Fassaden des Langhauses sowie die Fertigstellung des Innenraumes veranschlagt das Bistritzer Rathaus Kosten von rund 2 Millionen Euro, diese Summe stellte die Stadtverwaltung bereits in den vergangenen Jahren für die bis jetzt geleisteten Arbeiten bereit. Zur künftigen Finanzierung ist die Einreichung eines EU-Projektes geplant. Außerdem möchte die Gemeinde Mittel für die Restaurierung der Orgel beschaffen. Die HOG stellt in diesem Jahr noch Gelder für die Restaurierung des Presbytergestühls zur Verfügung.