Wolfsberg weiht Gedenkstein ein

Erinnerung an die Leiden der Russlanddeportation

Achtung vor den Leiden ihrer Vorfahren zeigten die Wolfsberger am Sonntag auch durch das Tragen ihrer traditionellen Trachten. Foto: Ana Kremm

Wolfsberg – An die Russlanddeportation, „eines der schrecklichsten Ereignisse, das die Wolfsberger erleiden mussten”, soll das Marmordenkmal erinnern, das Sonntag zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Anna-Kapelle im Kirchhof im Ortszentrum von Wolfsberg eingeweiht wurde. Der Gottesdienst, konzelebriert vom neuen Stadtpfarrer von Reschitza, Beniamin Pălie, und vom Reschitzaer Kaplan János Varga, war „unseren Angehörigen gewidmet, die nach Russland zwangsverschleppt wurden. Besonders den 33 Wolfsbergern, die irgendwo in der Erde Russlands ruhen, begraben ohne Pfarrer und ohne Kreuz“. Dazu fand an diesem Tag die Einweihung des Denkmals statt. Das vermeldete zum Ende der Sonntagsmesse in der übervollen Wolfsberger römisch-katholischen Kirche, mit unverkennbarem bayerischem Akzent, Markus, einer der Jugendlichen, die aus der neuen Heimat der Wolfsberger, Bayern, angereist waren. Der Denkstein soll „etwas Sichtbares und Bleibendes” sein, „an unsere Vorfahren erinnern und das Kapitel der Russlanddeportation so vor der Vergessenheit bewahren“. Christine, seine Ko-Moderatorin bei der Einweihungszeremonie, fügte hinzu: „Der Gedenkstein soll aber auch ein Ort für diejenigen unter den Nachkommen sein, die keine oder kaum Gewissheit darüber haben, wo ihre verschleppten Familienmitglieder verstorben oder begraben sind.“


Laut Hauptorganisator Josef Winterberger – derselbe, der auch die Sammlung für die Errichtung des Denkmals und die Herausgabe eines Buches initiiert hat, das Erinnerungen der Nachgeborenen an die Russlanddeportation auf gut 170 Seiten zusammenfasst („Wir erinnern uns. Die Deportation der Wolfsberger nach Russland“, erschienen unter Projektleitung von Josef Winterberger, in seiner Redaktion und jener von Martina Zels und Helmut Eckert) – waren um die 250 Wolfsberger aus ihrer neuen Heimat angereist, um an der Denkmaleinweihung und dem Gedenken an den Schrecken und die Opfer der Russlanddeportation teilzunehmen, doch auch viele Neusiedler von Wolfsberg zeigten (etwas zurückhaltendes) Interesse an der Veranstaltung, zu welcher auch der Bieberacher Frauenchor und die Musikkapelle „Banater Schwaben” Augsburg unter Leitung von Werner Zippel angereist waren sowie eine Reisegruppe aus Nitzkydorf. Auch die anderen Initiatoren des Denkmals – Andreas Homeier, Bruno Richer, Martin Pfaffl, Fredy Mayer – waren, zum Teil mit Familie, angereist, aber das Ereignis hatte alle mit Wolfsberg verbunden Gebliebenen mobilisiert: ob zum Säubern des Kirchhofs und der Kirche, zum festlichen Ausschmücken der Theresia-von-Avila-Kirche, zum Aufstellen des Denkmals aus Ruskitzaer Marmor (das zeitlich sehr knapp vor der Einweihung erst angeliefert wurde, was viele Helfer auf den Plan rief) oder zum Herrichten des Kulturheims, wohin „alle Gäste“ zu einer gemeinsamen Feier eingeladen wurden, bei Kesselgulasch, Kaffee und Kuchen.


Alles lief ab in einem Geiste, den Martina Zels, (die Tochter Josef Winterbergers war, neben Helmut Eckert, die wichtigste Kraft bei der Erstellung des Erinnerungsbuches von Wolfsberg) so definierte: „In diesem Buch wollen wir an unsere Verwandten und Vorfahren erinnern. An ihre Schicksale, ihre Leiden, ihre Stärken und Fähigkeiten, mit den schrecklichen Erlebnissen ihrer Vergangenheit umzugehen. Das, was sie erlebt haben, das, was sie überlebt haben, all das ist auch Teil von uns und hat unsere Lebensgeschichte und unser Sein geprägt. Wir möchten dies nicht vergessen, weil es uns wichtig ist, weil sie uns wichtig sind und uns unsere eigene Herkunft wichtig ist.”


Wer das Schicksal der Wolfsberger im 20. Jahrhundert kenne, den überfallen neben „Traurigkeit, Entsetzen, Wut über die Ungerechtigkeiten” unweigerlich auch „Stolz und Bewunderung” „für ihren Überlebenswillen, ihr Menschsein, in furchtbaren Situationen immer noch hilfsbereit, ehrlich, loyal zu bleiben”, Bewunderung für ein „unglaubliches Durchhaltevermögen, für die Demut” der Vorfahren im Umgang mit dem Unvermeidlichen, aber auch für ihre Stärke, „daran nicht zu zerbrechen”, „keinen Hass zu empfinden”.
Bleiben sollte „ein JA auf das Leben.“