Banater Wassermühlen sind schützenswert

Ein Repertorium des Museums des Banater Montangebiets über ein schwindendes Denkmal

Klein, aber effizient und nach wie vor im Ruf, das beste Maismehl zu produzieren: Banater Wassermühle in den Randgebirgen der Donauklamm.

Schindelgedeckt und immer ein wenig reparaturbedürftig - in den Bergen im Raum Neumoldowa, in der Tschechengemeinde Garnic/Weizenried, steht ein anderer Typus von Wassermühlen. Der Mühlenteil ist aus Bruchsteinen gemauert, der andere Raum diente als Stallung für die Zugtiere, denn die Wassermühlen dieser Ortschaft stehen etwa vier Wegstunden mit dem Pferdewagen von der Ortschaft entfernt.
Fotos: Dr. Dumitru Teicu

Die Zahl der Wassermühlen im Banat ist seit Ende der 1950er Jahre auf ein Sechstel des damaligen Bestands zurückgegangen. Hauptgrund war die Kollektivisierung der Landwirtschaft durch die Kommunisten, aber auch eine zunehmende Konsum-Umorientierung der Bevölkerung in Richtung standardisierter Fertigprodukte: vorverpacktes Mehl und Gries, Brot aus Massenbäckereien, Kuchen aus Kuchen- und Keksfabriken usw. Die fast 100 verbliebenen Wassermühlen – die zu ihrem Großteil heute Maismehl erzeugen, das neben Polenta auch zum Brotbacken und Panieren (beispielsweise von Fisch) genutzt wird – hat der Leiter des Museums des Banater Montangebiets, Prof. Dr. Dumitru Ţeicu, 2011 studiert und fotografisch sowie architektonisch aufgenommen (durch Dipl.-Architekt Dragoş Zipfl) und nun in einem umfangreichen Buch präsentiert: „Moara de apă din Banat“ (=“Die Banater Wassermühle“, Presa Universitară Clujeană, 2012, Serie „Patrimoniul Arheologic şi etnologic al Banatului, ISBN 7 98-973-595-393-5; 612.926(498.4). 

Der Autor, ein Fachmann für Archäologie und mittelalterliche Geschichte des Banats und Rumäniens, nimmt sich dieses Interferenzgebietes zwischen Ethnologie, Architekturgeschichte und Wirtschaftsgeschichte (auch polemisch) an und präsentiert eine vollständige Momentaufnahme des Standes und Zustandes der Banater Wassermühlen von 2011. Es habe sich allerdings anfangs – so Dr.}eicu im Vorwort – um persönliche Interessen gehandelt, die auf die Jahre 1984-85 zurückzudatieren sind, als er im Raum seiner Geburtsortschaft Ilidia und im benachbarten Socolari in der Nera-Schlucht erste Aufnahmen und ethnologische Aufzeichnungen zum Thema Wassermühlen machte.

Drohender Verlust von Kulturerbe

Die Forschungen und das Buch verwirklichte er im Rahmen eines EU-Partnerschaftsprojekts Rumänien-Serbien des grenzüberschreitenden EU-Kooperationsprogramms (CBC) mit dem südlichen Beitrittskandidaten Rumäniens zur EU und hatte als Hauptpartner das Museum der Stadt Werschetz/Vrsac. Mit im Boot war auch das Bukarester Dorfmuseum und das Hermannstädter „Astra“-Musaeum sowie das Ethnografische Museum Siebenbürgens aus Klausenburg, welche die Dokumentationen über dort ausgestellte Wassermühlen aus dem Banat zur Verfügung stellten. „Ich habe einmal mehr die ländlichen Räume des Banats durchreist, wie ich es vor ein paar Jahren auch im Bezug auf das Repertorium der Banater mittelalterlichen Kirchen und Burgen getan habe“, schreibt Dr. Ţeicu, „und ich musste wieder mit dem Gefühl der Entmutigung und der Machtlosigkeit fertig werden angesichts von Geschichtsdenkmälern, die so zerbrechlich wie verwundbar sind und denen ein schnelles Verschwinden droht. Das Gefühl des Verlustes eines Typs des Kulturerbes, das für die Vergangenheit der Banater Provinz definitorisch ist, kann nichts als Gram hervorrufen. Dieses Gefühl der schmerzhaften Hoffnungslosigkeit wird verstärkt beim Gedanken, dass die Veränderungsoptionen des Schicksals betreffs Schwund der Banater Wassermühlen oder ihrer Konservierung in einem natürlichen Umfeld sehr gering sind und mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden müssten. Nachdem sie ihre ökonomische Funktionalität in der Welt des Dorfes verloren haben, was ihrer Existenz Festigkeit und Sinn verlieh, hat die alte und geniale hydrotechnische Anlage der Wassermühle ein scheinbar besiegeltes Schicksal. Das Banater Bergdorf ist eine Gesellschaft in Auflösung, mit immer geringerer und überalterter Bevölkerung, die ihren Sinn in einem Schmelztiegel nicht wiedergefunden hat, den eine Welt definiert, die sich beeilt, mit einem geeinten Europa verschmolzen einzugehen.“ Den Beginn dazu habe, so paradox das klingen mag, die Kollektivisierung der Landwirtschaft Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre ausgelöst.

Klare Gliederung, viel Fotodokumentation

Das Buch beginnt mit der Skizzierung des geografisch-landschaftlichen Rahmens, in dem die Wassermühlen funktionier(t)en und teilweise noch stehen: das linke Ufer der Donau, die Berg- und Senkenlandschaft des Almăj-Tals, der Temesch-Cerna-Durchbruch, der Raum der Tschechensiedlungen in den nördlichen Randgebirgen der Donau, dazu die Mühlen mit vertikalen Antriebsrädern, die früher im Bett der am Eingang in die Donauklamm mit einer Geschwindigkeit von 0.9-1,5 m/sec vorbeifließenden Donau ankerten, aber auch im Norden, in der Marosch, in Temesch und Bega verankert waren. Danach geht der Autor auf Geschichte und Ethnologie des Mühlenwesens ein (und stellt sich in offensichtliche Opposition zu dem in den 70er Jahren vom späteren Direktor des Hermannstädter „Astra“-Museums und Senators des Nach-Wende-Rumäniens, Cornel Bucur, mit von Begeisterung und Ideologiefestigkeit geformtem Fachwissen propagierten Protochronismus), zitiert aber auch positiv u.a. D. C .Giurescu, Karl-Ludwig Lupşiasca und Dr. Erich Lammert. 

Ein für solche Bücher ungewöhnlich umfangreicher Teil mit Architektur- und Technikzeichnungen sowie fotografische Gesamt- und Detailaufnahmen noch in Betrieb befindlicher oder noch als solche identifizierbarer Wassermühlen (Seiten 21-89, 126-152, 193-371), wo absolut alle noch existierenden oder als solche noch ausmachbaren Wassermühlen des Banats exhaustiv aufgenommen werden, gehört zum Wertvollsten und als Dokumentation Bleibenden, was man in diesem Buch finden kann. Dazwischen ins Detail gehende Beschreibungen der Wassermühlen, gegliedert nach (in alphabethischer Reihenfolge aufgezählten) Ortschaften (von B wie Bârz – bei Topletz – bis V wie Vrăniuţ in der Orawitzaer Gegend) und einer mit Freude an Einzelheiten beschriebenen Funktionsweise der Wassermühlen diverser Bauarten gehören zum unerlässlichen erklärenden Teil, der auch Fachleute interessieren dürfte.

Abgeschlossen wird das rund 400 Seiten starke großformatige Buch (Format A4) mit einer „Geschichte der Wassermühle im Banat“, die dem Mediävisten Dumitru Ţeicu die Gelegenheit liefert, mit vielen Geschichtsmystifizierungen der kommunistischen Zeit (während der er wegen einem nach Frankreich geflüchteten Bruder bloß beschränkte Veröffentlichungsmöglichkeiten hatte) und systemkonformen Autoren jener Jahre abzurechnen. Heraus kommt eine lesenwerte kleine Geschichte der Wassermühlen aller drei historischen Provinzen Rumäniens und aller Typen von Mühlen, die hydraulisch betrieben werden, einschließlich kompetenter gesellschaftshistorischer Erklärungen.