Beredter Beweis für Unterstützung

Bericht des DFDR-Vorsitzenden Jürgen Porr bei der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission  für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien in Temeswar, am 15. Juni 2023

Stimată Doamnă Secretar de Stat Gîtman,
Sehr geehrte Frau Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedler und nationale Minderheiten Pawlik,
Exzellenzen,
Stimate Doamne și stimați Domni,
Sehr geehrte Damen und Herren,


Wie in jedem Jahr seit Abschluss des Freundschaftsvertrags zwischen Rumänien und Deutschland vor über 30 Jahren wurde die deutsche Minderheit in Rumänien auch 2022 von beiden Staaten trotz den verschiedenen, sich überlappenden Krisen finanziell (und nicht nur) umfassend unterstützt. Dafür möchte ich auch bei dieser Gelegenheit den beiden Regierungen über die hier anwesenden Vertreter unseren herzlichsten Dank aussprechen. Die Tatsache, dass wir uns heute zum 26. Mal zu diesem Zweck treffen, ist ein beredter Beweis für das Gesagte.

Unterricht in deutscher Muttersprache

Dazu  muss gesagt werden, dass dieser bei uns sehr alte Tradition hat, selbst unter Ceau{escu weiter erhalten blieb und ein hohes Qualitätsniveau hatte und hat. Dieses weiter zu erhalten ist eines der Hauptziele des DFDR, und dabei werden wir von beiden Regierungen voll unterstützt. Der Beruf des Lehrers ist leider in Rumänien wegen der, im Vergleich zur freien Wirtschaft, kleinen Löhne nicht besonders attraktiv, so dass vor allem Deutsch sprechende Lehrer viel zu oft in rentablere Gebiete abwandern. Das hat den Bundestag vor mehreren Jahren bewogen, dem Antrag des DFDR stattzugeben und den Lehrern, die an deutschen muttersprachlichen Schulen unterrichten, eine Aufwandsentschädigung zukommen zu lassen, so dass eine Abwanderung der Lehrer tatsächlich gestoppt werden konnte. Dieses Geld wurde gerecht und transparent, jeweils in Form von zwei Jahresprämien, zur Zufriedenheit der Zielgruppe verteilt. Für dieses Kalenderjahr beträgt die Summe lediglich 900.000, im Vergleich zu 1,33 Millionen Euro im Vorjahr. (...)

Wir hatten diesbezüglich ein Gespräch mit Abgeordneten der Ampelkoalition aus dem Haushaltsausschuss, und diese hielten das für machbar. Man sagte uns, die Differenz sei, weil man entgegen der Absprache die globale Minderausgabe geltend gemacht hat. Wir bitten deshalb, die Möglichkeit zu prüfen, dass bei der Haushaltsbereinigung die Summe der Lehrerförderung wieder auf die nötigen 1,3 Millionen Euros angehoben wird. (...) 

Es ist dies eine Voraussetzung dafür, dass die Anzahl unserer Lehrer nicht weiter sinkt, also eventuell Klassenzüge oder sogar Schulen in einigen Jahren geschlossen werden müssten, was zur Folge hätte, dass in weiteren Jahren die Anzahl der Deutschsprechenden sinken würde, was letztendlich auch auf die in Rumänien ansässigen deutschen Wirtschaftsunternehmen negative Auswirkungen hätte. Für das DFDR ist der Erhalt der muttersprachlichen Schulen aus all diesen Gründen von vitalem Interesse! Das Problem haben wir auch S.E. dem Bundeskanzler anlässlich seines Besuches in Bukarest persönlich dargestellt.

In den vergangenen Jahren wurde in der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission wiederholt auf die Bedeutung des Zentrums für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache Mediasch (ZfL) für den deutschsprachigen Unterricht hingewiesen. Dieses Zentrum eingerichtet zu haben und zu erhalten ist ein Verdienst des rumänischen Bildungsministeriums. Leider ist die Tätigkeit des ZfL in letzter Zeit durch akute Unterfinanzierung seitens des Bildungsministeriums eingeschränkt. So wurde der realistisch verfasste Haushaltsentwurf des ZfL für das Jahr 2022 vom Ministerium um 28 Prozent gekürzt, so dass die Gehälter, obwohl nicht alle Stellen besetzt sind, nur knapp gedeckt sind, die Mittel für die Fahrten der Referenten zu den Veranstaltungsorten und Übernachtungen jedoch nicht ausreichen. So mussten die Referenten in manchen Fällen, um die geplanten Seminare halten zu können, auch Eigenmittel einsetzen. Soll die Qualität der Arbeit des ZfL erhalten bleiben, muss der Zustand der Unterfinanzierung enden.

Ein Problem, das weiter besteht und bei dem das rumänische Bildungsministerium gefordert ist, ist die Neuauflage von verschiedenen Schulbüchern in deutscher Sprache, von denen einige seit 15–20 Jahren nicht mehr frisch aufgelegt wurden. Seit vier Jahren wurden immerhin bedeutend mehr Lehrbücher übersetzt und gedruckt als in den Jahren davor. Auch die Herstellung von Schulbüchern, die direkt in deutscher Sprache geschrieben werden, hat zugenommen. Die Einstellung einer Schulbuchreferentin seitens des DFDR hat sich als sehr effizient erwiesen.

(...) Wir bitten ebenfalls um eine klare Stellungnahme, ob die Entsendung von Gastlehrern noch beabsichtigt ist, wovon wir hoffen ausgehen zu dürfen. Wir bitten also hiermit, in den zuständigen Kultusministerien der Bundesländer darauf hinzuwirken, entsendungswillige Lehrkräfte freizustellen und auf die Möglichkeiten in Rumänien hinzuweisen, vor allem jetzt, wo aus Russland deutsche Lehrer massiv abgezogen werden.

Ein anderer Aspekt, den wir voll und ganz unterstützen, ist die duale Ausbildung, die an einigen Orten (...) vor allem durch Initiative der deutschen Wirtschaftsklubs und der deutschen Botschaft Bukarest schon gut funktioniert. Sicher ist da auch das rumänische Bildungsministerium gefordert, und das nicht nur die duale Ausbildung betreffend, sondern auch die Wiedergründung der Berufsschulen, die nach 1989 leider praktisch eingegangen sind. In den letzten Jahren sind diesbezüglich aber bedeutende Fortschritte zu bemerken.
Ein sehr lobenswerter Aspekt ist der, dass an verschiedenen Hochschulen (...) verschiedene Studiengänge in deutscher Sprache unterrichtet werden. An der Babe{-Bolyai-Universität in Klausenburg wurde das 25-jährige Jubiläum des deutschsprachigen Zweiges gefeiert, was neben den rumänischen und ungarischen Studienlinien europäischen Modellcharakter hat!

Jugendarbeit

Der Zukunft unseres Vereins gilt nach wie vor unsere ganze Sorge. Deswegen erachten wir es von größter Bedeutung, dass das DFDR eine aktive Jugendorganisation hat, deren Mitglieder die Aufgaben des DFDR weiterführen werden. Durch den Beschluss der Vertreterversammlung des DFDR im April 2023 zur Anstellung mehrerer Jugendreferenten bei der DFDR-Zentrale entsteht eine Jugendabteilung, die hauptamtlich den Jugendorganisationen bei allen anfallenden Aufgaben Unterstützung leistet und mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. (...)

Ein wichtiges Anliegen des DFDR in der Jugendarbeit ist die Förderung der Zusammenarbeit der rumäniendeutschen Jugend mit Jugendlichen aus Deutschland, die auf rumäniendeutsche Wurzeln zurückblicken. Diesem hauptsächlichen „Nebenzweck“ diente das Große Sachsentreffen in Hermannstadt 2017, das 2024 wiederholt werden soll. Jährlich finden im Sinne der Völkerverständigung, aber auch zur Kenntnis des gemeinsamen kulturellen Erbes, mehrere internationale Jugendkooperationen statt. In diesem Sinne ist auch die Internationale Siebenbürgische Akademiewoche, die 2023 bereits zum 37. Mal ausgetragen wird.

Kultur

Beide Regierungen haben umfassend zum Erhalt unserer Kulturgüter beigetragen. Der Rhythmus der Immobilienrückgaben bzw. Entschädigungen an die Kirchengemeinden, der in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen ist, ist seit Anfang dieses Jahres wieder etwas zügiger geworden, während die Rückgaben an das Forum mit mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurden, so dass nun mit ungewissem Ausgang prozessiert werden muss. Die vor einem Jahr geäußerten Hoffnungen mit Blick auf einen Paradigmenwechsel unter der neuen Leitung der ANRP (Nationale Agentur für Rückgabe des Eigentums) lassen noch auf sich warten.

Erwähnenswert ist die Stiftung Kirchenburgen, die als Schirmherren die beiden Staatspräsidenten hat. Vor kurzem hat Bundespräsident Steinmeier in Begleitung unseres Präsidenten die Kirchenburg Grossau besucht und war sehr beeindruckt. 

Es gibt dann ein Problem, dass schon seit 17 Jahren besteht: Das Brukenthalmuseum in Hermannstadt wurde 2005 dem rechtmäßigen Eigentümer, der evangelischen Kirchengemeinde in Hermannstadt, zurückerstattet. Es wurde damals zwischen Kulturministerium und dem evangelischen Bischofsamt ein Abkommen unterzeichnet. Diesem sollte ein Regierungsbeschluss folgen, was aber bis heute leider nicht geschehen ist, weshalb dieses auch in den letzten Jahren bei diesen Regierungskommissionen immer wieder zur Sprache kam. 

Inzwischen ist die gesetzliche Lage geändert worden, die die Voraussetzung für einen solchen Regierungsbeschluss darstellt, aber zu einem entsprechenden Beschluss kam es trotzdem noch nicht. Es ist immerhin als positiv zu bewerten, dass 2022 vor der Regierungskonferenz Verhandlungen begonnen haben zwischen Fachleuten des Kulturministeriums und der Kirche. Diese sollten gemäß Protokoll der Regierungskommission bis Jahresende zu einem positiven Abschluss kommen, vor allem im Hinblick auf das verflossene Brukenthaljubiläum. Bis April 2023 ist seitens des DFDR in dieser Angelegenheit leider kein neuer Sachstand zu verzeichnen. Wichtig wäre deshalb die Einsetzung einer paritätischen Arbeitsgruppe seitens des Kulturministeriums und der evangelischen Kirchengemeinde Hermannstadt zur effizienten Lösung aller wichtigen Probleme.

Das DFDR ist im Rahmen der Veranstaltungen zur Europäischen Kulturhauptstadt Temeswar 2023 unter vielen Aspekten aktiv impliziert, z.B. beim Heimattag der Banater Schwaben, oder bei einer Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa (Potsdam) in die Umsetzung des Stadtschreiberstipendiums, das 2023 an Thomas Perle vergeben wurde.

Wirtschaftsförderung

Über das Bundesministerium des Innern (BMI) läuft die finanzielle Hilfe zur Gründung von Klein- und Mittel-Unternehmen, zu sehr günstigen Bedingungen für die Geförderten, seit über 30 Jahren. Es wurden so im Laufe der Zeit Tausende Arbeitsplätze geschaffen. Wichtig ist nicht nur diese Förderung, sondern für das DFDR die Rückflussgelder, die zum Teil für gemeinschaftsfördernde, bzw. ethnokulturelle Maßnahmen verwendet werden können, was äußerst nützlich ist. Es ist dies übrigens der einzige investive und nicht nur konsumtive Sektor in der Förderung der deutschen Minderheit. Wir freuen uns, dass die Leitung des BMI und Frau Bundesbeauftragte Pawlik es gebilligt haben, die vom BMI gewährten wirtschaftlichen Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien als Maßnahme weiter bestehen zu lassen. Dies wird uns helfen, unsere Eliteförderung und unsere Arbeit in den Begegnungsstätten weiter auszubauen. 

Sozialarbeit

Diese ist wegen der Altersstruktur unserer Gemeinschaft für das DFDR ein wichtiges Problem. Von beiden Regierungen gefördert, sind unsere Altenheime bzw. andere soziale Einrichtungen (z.B. Küche auf Rädern) voll in Anspruch genommen. Hilfe kommt auch von den Sozialwerken der Landsmannschaften, bzw. über die diakonischen Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche. Die konsistente Aufstockung der Gehälter im staatlichen Gesundheitswesen hatte aber zur Folge, dass ein Großteil der Pflegekräfte abgewandert ist oder das tun will. Deshalb drohte eine ähnliche Tendenz wie im Schulwesen. Dazu kommen die enormen Preiserhöhungen bei Gas und Strom (und nicht nur), sowie die zeitweilig bis zu 15-prozentige Inflation. Deshalb wurde der Beitrag des rumänischen Staates bedeutend erhöht.

Es werden weiterhin die ehemals in die UdSSR als Zwangsarbeiter Deportierten von beiden Staaten unterstützt. Lobenswert ist die Tatsache, dass auf Vorschlag der drei Abgeordneten der jüdischen, deutschen bzw. serbischen Minderheit – Silviu Vexler, Ovidiu Ganț und Slavoliub Adnagi – inzwischen durch das Gesetz Nr. 130/2020 auch deren Kinder und Stiefkinder unterstützt werden, inklusive die im Ausland lebenden. (...) Aufgrund dieses Gesetzes erhielten schon zahlreiche Antragsteller im In- und Ausland ihre Zahlungsbescheide. Leider hat in einigen Kreisen die zuständige Behörde AJPIS die Anträge der Kinder der ehemaligen Deportierten mit der Begründung abgewiesen, dass die Bescheinigungen der evangelischen Kirche A.B. in Rumänien keine offiziellen Dokumente im Sinne des Gesetzes darstellten. Hier handelt es sich um eine eklatante Übertretung des Gesetzes, welches alle legalen Beweismittel für die Verschleppung nach Russland zulässt, inklusive Zeugenaussagen. Ebenso wurden die vom Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes übermittelten Originalunterlagen aus Russland (die Interniertenkarteien, die aus Moskau übernommen wurden) abgewiesen, z. B. in Târgu Mureș, was absolut inakzeptabel ist.
Seit Februar 2022 hat sich das DFDR auch aktiv für die Hilfe von ukrainischen Flüchtlingen eingesetzt.

Politischer Bereich

Last but not least versucht das DFDR, wie schon seit seiner Gründung, nicht nur theoretisch Brückenbauer zwischen unseren beiden Ländern zu sein, sondern diese Funktion tatsächlich mit Leben zu füllen. Die aktive Teilnahme von Forumsvertretern bei Arbeitsbesuchen rumänischer Regierungsdelegationen in Deutschland, sowie bei Besuchen verschiedener Delegationen von Politikern aus Deutschland in Rumänien (Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesminister, Bundestagsabgeordnete, hohe Vertreter von Bundesländern u.a.) ist dadurch gekennzeichnet, dass das DFDR immer Ansprechpartner ist. 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!