Bildung auch von grenzüberschreitendem Interesse

Duale Ausbildung in Temeswar geplant

„Wir haben Hochschulabsolventen und Unqualifizierte. Dazwischen jedoch nichts“. Mit dieser Aussage drückt der Präsident des Deutschsprachigen Wirtschaftsklubs Banat, Peter Hochmuth, ein Problem aus, das viele Investoren in Rumänien besonders trifft. Facharbeiter sind vom Markt verschwunden: weil veraltet, im Ausland tätig oder technisch überholt. An Nachwuchs zu denken, grenzt derzeit an reine Utopie, denn vor Jahren bereits wurden die Berufsschulen aufgelöst, statt diese an die Erfordernisse auf dem Arbeitsmarkt anzupassen. Der Deutschsprachige Wirtschaftsclub hat nun scheinbar nicht nur ein offenes Ohr bei der Schulbehörde in Temeswar und beim rumänischen Bildungsminister gefunden, sondern auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, diesem Mangel abzuhelfen.

Es stelle sich die Frage, inwieweit das Land Baden-Württemberg einen Beitrag leisten könne, um die Qualifizierung von Arbeitskräften in Rumänien im dualen System zu fördern, sagte Dietrich Birk, Mitglied im Landtag von Baden-Württemberg, bei seinem vor Kurzem stattgefundenen Besuch in Temeswar/Timişoara. „Genügend Mitarbeiter für die deutschen Firmen, aber auch eine Perspektive für die Leute hier“, glaubt Birk so sichern zu können. Vor Ort gewann Birk solche Erkenntnisse beim Besuch des deutschen Unternehmens Barum in Temeswar. Von „hoher Motivation und Lernbereitschaft der Mitarbeiter“, spricht die Betriebsleitung bei Barum und deshalb ist Birk auch überzeugt, dass das Unternehmen im Industriepark der Stadt Temeswar seinen Standort im Banat erhalten und sogar ausbauen könne. Flexibilität, Qualität und wettbewerbsfähige Preise seien das Argument für Rumänien und vor allem für das Banat, sagte Birk. Da durch die Verlagerung der Produktion auch in Deutschland Arbeitsplätze erhalten bleiben, sei auch die Politik in Deutschland gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Man könne duale Ausbildung „in Temeswar ausprobieren, und dann in einer Wellenbewegung fortsetzen“. Unterdessen würde die rumänische Seite erlernen, wie sich Betrieb und Schulen einbinden können, so der Landtagsabgeordnete.

Der baden-württembergische Staatssekretär a. D. Dietrich Birk ordnet den 20 Jahren Städtepartnerschaft zwischen Temeswar und Karlsruhe eine besondere Rolle zu, eine Partnerschaft, „die mit Kontinuität, gegenseitigem Respekt und einer Vielzahl von Aktivitäten ausgefüllt ist“. Und: „Es ist ganz wichtig, dass die Menschen in Deutschland mehr von Rumänien mitbekommen und die Vorurteile abbauen, denn es gibt viele gemeinsame Wurzeln“. Nach der bereits bestehenden Partnerschaft zwischen der Uni Hohenheim mit der Temeswarer Landwirtschaftshochschule kann sich Birk auch weitere Uni-Partnerschaften aus Baden-Württemberg bzw. Temeswar gut vorstellen. Für Temeswar denkt er da konkret an die deutsche Abteilung für Politikwissenschaften an der Temeswarer West-Universität.

Martin Rill, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm, der in Begleitung des CDU-Politikers auf Rumänienbesuch war, hob genauso wie Birk die Perspektiven und Projekte der Donauraumstrategie hervor. Die Finanzierung dieser ist im EU-Haushalt 2014 – 2020 vorgesehen. Da die Ulmer Schachteln bis vor knapp 100 Jahren wegen vorhandener Klippen nur bis Orschowa/Orşova gelangen konnten, fand Martin Rill gleich noch eine Verbindung zwischen Baden-Württemberg und Orschowa. Und diesen Kontakt hatte die Hafenstadt an der Donau – in der man sich trotz ihrer Lage im Verwaltungskreis Mehedinţi gerne als Banater bezeichnet – auch bitter notwendig. Das städtische Krankenhaus, das für etwa 40.000 Bürger aus einem größeren Umkreis zuständig ist, wird mit Unterstützung des Vereins Support und des Bundeswehrkrankenhauses in Ulm saniert und ausgestattet. Die Chirurgieabteilung wurde auf dieser Schiene bereits neu gestaltet, im Frühling ist die Pädiatrie an der Reihe und im kommenden Monat soll ein moderner Rettungswagen nach Orschowa gebracht werden.