Iosif Armaş, eine der schillerndsten Gestalten der rumänischen Politik- und Geschäftsszene, ist vom Berufungsgericht Bukarest zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung, unter ständiger Polizeiaufsicht, sowie zu drei Jahren und vier Monaten „auf Probezeit“ verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft wies ihm Bestechung im Wiederholungsfall bei der Abwicklung des Insolvenzverfahrens seiner Firma SC Argirom International SA nach. Gleichzeitig bewog sie aber das Gericht, Milde walten zu lassen, weil der Beschuldigte während des gesamten Untersuchungsverfahrens mit den Staatsanwälten „engstens kooperiert“ habe (lies: andere impliziert, Implizierte belastet bzw. angezeigt hat).
Richter bestechlich
Der Fall Armaş wäre neben dem Hauptverfahren, jenem gegen den korrupten Richter und Insolvenzverwalter Mircea Moldovan, fast untergegangen. Moldovan wurde zu 22 Jahren Haft verurteilt, der höchsten Gefängnisstrafe, die seit der Wende gegen einen Justizbeamten Rumäniens ausgesprochen wurde. Auch im Verfahren gegen die Insolvenzpraktikantin Monica Borza, die in den Korrumpierungsversuchen durch Iosif Armaş einige Mal als Vermittlerin zwischen ihrem Mentor Moldovan und Armaş aufgetreten ist, ließ das Gericht Milde walten. Sie zeigte sich während des Untersuchungsverfahrens „kooperativ“ und vor Gericht „Reue“. Borza wurde zu zwei Jahren und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt, auch weil das Gericht in Betracht zog, dass sie als angehende Insolvenzverwalterin in diesem Stadium ihrer Ausbildung ausführen musste, was ihr der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter, Richter Mircea Moldovan, vorschrieb.
Laut der Anklageschrift der Antikorruptionsstaatsanwälte hat Iosif Armaş wiederholt mittels Schmiergeld und Sachwerten (vor allem Lebensmittel) den vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter Mircea Moldovan und die Insolvenzpraktikantin Monica Borza zu beeinflussen versucht. In der Regel trat Monica Borza als Mittlerin der Botschaften und Interessen von Iosif Armaş auf. Die DNA-Staatsanwälte vermerken auch, dass die Insolvenzpraktikantin dem Insolvenzrichter im Klartext berichtet hatte, dass Armaş durch sein Vorgehen gegen das Gesetz 85/2006 verstößt, welches das Insolvenzprozedere regelt. Moldovan habe aber bewusst das Insolvenzgesetz verletzt, indem er sowohl außerordentliche Gläubigerversammlungen einberief (wie jene vom 22. Januar 2013 in Herkulesbad, dem Zweitsitz der Firma Argirom International), aber auch indem er Iosif Armaş ständig auf dem Laufenden hielt mit den neuesten Entwicklungen in der causa der Insolvenz. Er stellte Armaş, auch über Monica Borza, sogar Dokumente zur Verfügung, die bei Armaş nichts zu suchen hatten.
Vertrauliches gegen Fleischlieferungen
Zudem beteiligten sich die beiden gerichtlich mit der Insolvenzabwicklung Betrauten aktiv an den Manipulationen, die Iosif Armaş ausführte, um mehr von den Aktiva seiner Firma für sich persönlich zu retten. Dafür schickte der Beschuldigte Armaş den beiden Insolvenzrichtern Geld, sowie Pakete mit Lamm- und Rindfleisch über einen Fahrer, einen gewissen „Dragoş“. Dies wurde meist über (abgehörte) Telefongespräche organisiert. Die Lieferungen wurden über die Adresse von Monica Borza abgewickelt, wo zum Liefertermin immer „zufällig“ auch der Richter Mircea Moldovan gerade zu Besuch war. Borza hatte von Armaş die ausdrückliche Weisung, „mit Moldovan zu teilen“. Andererseits geht aus den abgehörten Telefongesprächen hervor, dass Mircea Moldovan Armaş auch gelegentlich erfolgreich um 3000-4000 Lei“ für „ärztliche Untersuchungen im Ausland“ anpumpte.
Armaş schickte diese Summen an Adressen in Sächsisch-Regen/Reghin, die ihm Moldovan angab (wie etwa am 8. Mai 2013). Im Gegenzug für Fleischlieferungen oder Geld erhielt Iosif Armaş dann vertrauliche Dokumente über die Insolvenzabwicklung, sodass er meist bei den Gläubigerversammlungen über Wissensvorteile verfügte, die er auch skrupellos auszunutzen verstand. Im Gerichtsverfahren, dessen Urteil beim Obersten Justiz- und Kassationshof in Bukarest angefochten werden konnte, wurden neben Moldovan, Borza und Armaş weitere vier Richter und mehrere bekannte Unternehmer aus dem Raum südöstlich von Bukarest verurteilt. Armaş war PSD-Abgeordneter von Călăraşi und hatte im Bărăgan seine Netzwerke, zu denen auch ein ehemaliger Vizepräsident der Abgeordnetenkammer und Vorsitzender des Rechtsausschusses gehörte.
Als Konjunkturreiter gestolpert
Der als Konjunkturreiter gestolperte Iosif Armaş stammt aus dem Südbanat und begann seine Karriere in der Rolle eines Bodyguards in Herkulesbad, im Hotel „Roman“. Hier lernte er anlässlich ihres Kuraufenthalts die Tochter des Ex-Leibarztes von Nicolae Ceauşescu, des Gesundheitsministers Iulian Mincu, kennen und heiratete sie. Die Grundlage seines Vermögens schuf Iosif Armaş in Bukarest durch ein Taxiunternehmen und durch eine Firma, die spezialisiert war auf die Eintreibung, in Kommission, von Schulden aus Drittweltländern für Rumänien, ein Geschäft, das ihm seine ersten Millionen Dollar eingebracht haben soll. Seinen größten Coup landete Armaş als PSD-Abgeordneter von 2000 bis 2004 zur Zeit der Năstase-Regierung. In (bis heute größtenteils geheim gebliebenen) Direktverhandlungen mit dem mindestens ebenso schillernden damaligen Tourismusminister Dan Matei Agathon riss er sich den gesamten aus dem 18. Jahrhundert stammenden Teil des 1800-jährigen Badekurorts Herkulesbad unter den Nagel.
Damit begann auch sein tiefer Fall. Nicht nur, dass Armaş seine Agrirom International zwingen wollte, ausschließlich von den staatlichen Subventionen zu (über)leben, mit denen Rentnern alljährlich Kuraufenthalte zugesichert werden, er ließ sogar die Tageseinnahmen jede Nacht abholen und zu sich nach Bukarest bringen. Dabei investierte er nicht einmal das Minimale, wozu er sich bei den Direktverhandlungen mit Agathon verpflichtet hatte, nämlich jährlich mit den Einnahmen ein Hotel zu renovieren. Er blieb konsequent alle Steuern und Gebühren dem Staat und den diversen Versicherungen, die aus Lohnnebenkosten gespeist werden, schuldig. Zuletzt auch seinen Arbeitnehmern in Herkulesbad, die wegzulaufen begannen. Bis seine Firma SC Argirom International SA Insolvenz anmelden musste und der Fiskus praktisch seinen gesamten Immobilienbesitz in Herkulesbad pfändete und seither beharrlich durch Versteigerungen zu verkaufen sucht – inzwischen weit unter dem minimalen Marktpreis.