„Bleib zuhaus!“

Was tun in der „Coronavirus-Krise“? Soziale Isolation als Chance

Humor ist gerade in Krisenzeiten ein wichtiges Ventil.

„Wenn alle zuhause bleiben, geht die Infektionsrate drastisch nach unten.“ - „Und die Scheidungsrate nach oben.“ Unser Zeichner NEL hat es brilliant auf den Punkt gebracht: Gerade jetzt, wo es wichtig ist, dass man sich so weit wie möglich von Kontakten isoliert, um sich und andere nicht zu gefährden, stellt sich für viele die Frage, was man zur Zeit des selbstauferlegten Hausarrests oder während der erzwungenen häuslichen Isolation mit sich und seiner Familie anfangen soll. Den ganzen Tag fernsehen, im Internet surfen, lesen? Die Wände anstarren, den Partner nerven, die Wohnung putzen, am Telefon die Gerüchteküche schüren oder lauthals Langeweile beklagen? Aber: In jeder aufgezwungenen Situation steckt auch eine Chance!

Zuhause bleiben und sich von anderen zu isolieren, soweit möglich, ist gerade jetzt essenziell. Jeder von uns kann, ohne es zu wissen, Virusträger sein. Jeder kann sich den Virus vom Nachbarn, im Supermarkt, auf dem Kinderspielplatz holen und an seine Lieben zuhause weitergeben. Wir alle sollten jetzt Disziplin und Verantwortungsbewusstsein zeigen, denn die Entwicklung der Pandemie hängt von jedem einzelnen ab! Und: Es ist ja nicht für immer. 

Trotzdem können einen zwei-drei Wochen in den eigenen vier Wänden, ohne Kino oder Theater, Sportstudio oder Shoppingtouren, Grillabende oder Wochenendausflüge schnell an die Grenzen der Geduld bringen. Oder gar in eine Depression stürzen! Viele Menschen sind es nicht mehr gewöhnt, sich mit sich allein zu beschäftigen. Oder ihre Familie bei Laune zu halten. Es gibt auch nichts Neues zu bequatschen als rund um die Uhr die Corona-Krise. Was also tun? 

Sein eigener Krisenmeister werden

Auch Einschränkungen haben ihre positive Seite – sie fordern heraus, neue Wege zu begehen. Eine Krise zu meistern bedeutet, sich auf Lösungen zu konzentrieren anstatt auf das Problem. Das Wichtige dabei ist die positive Einstellung, die sich auf die Stimmung auswirkt. Wir sind, was wir denken! Sein eigener Krisenmeister zu sein, bedeutet daher nicht, alles perfekt zu lösen. Sondern eine positive Lebenseinstellung zu kultivieren, ein bisschen Vorbild zu sein. Die Beschäftigung mit kreativen Lösungen vermittelt kleine Erfolgserlebnisse und steckt mitunter auch andere an. Hier ein paar  Anregungen:

Sie möchten auf tägliches, frisches Grünzeug nicht verzichten, aber der angenieste Salat im Supermarkt vermittelt wenig Vertrauen? Auch in der Wohnung kann man einiges züchten: Der Strunk des aufgegessenen Salates oder Chinakohls wurzelt in Blumentopf oder Wasserglas und wächst nach. Frühlingszwiebeln lassen sich im Wasserkanister ziehen. Alte Zwiebeln oder Knoblauch nicht wegwerfen, sondern austreiben lassen und den Trieb regelmäßig ernten. Aus diversen Körnern kann man auf einer feuchten Damenbinde gesunde Sprossen oder Mikropflanzen ziehen: Probieren Sie doch mal aus, ob die Leinsamen, Mohnsamen, Hanfsamen, Weizenkörner, Linsen oder was man sonst so zuhause hat, noch keimen. 

Die Kinder langweilen sich zu Tode und hocken nur vor dem Fernseher? Regen Sie sie doch an, ein Spiel zu basteln: Als Spielfiguren lassen sich Korken oder Stöpsel in lustige Männchen verwandeln, als Würfel dient eine kleine Schachtel. Auf einem Karton zeichnet man einen Parcours mit Feldern, darunter einige „Straffelder“. Wer ein solches erreicht, muss eine Karte ziehen, eine Wissensfrage beantworten oder ein Rätsel lösen. Wer scheitert, setzt eine Runde aus oder erhält eine lustige Strafe. Bis das Spiel erdacht und gebastelt ist, geht mit Sicherheit ein halber Tag herum. Auch ein „Memory“ oder die Karten für ein Frage-Antwort-Wissensspiel zu einem bestimmten Thema lassen sich mit Phantasie und Spaß selbst gestalten. Mädchen haben vielleicht Freude daran, aus einem Karton ein Puppenhaus zu basteln. Die Einrichtung gestaltet man aus kleinen Pappschachteln, Stoffresten, Schaumgummi und Styropor. 

Das Sportstudio ist geschlossen und es gibt keinen Park in der Nähe? Fenster auf, Musik an, Ohrstöpsel rein und - abtanzen! Auf einem Zimmertrampolin oder Stepper kann man prima auf der Stelle joggen. Oder zu Rockmusik Luftgitarre spielen.

Humor als Ventil

Freilich, so mancher kann keine „Corona-Witze“ mehr hören. Andererseits ist Humor gerade dann ein wichtiges Ventil, wenn Katastrophenmeldungen und Sorgen das Gehirn überfluten. Erinnern Sie sich an die Bulă-Witze aus dem Kommunismus? Jetzt scheinen die Rumänen ihre phantastische Fähigkeit, eine unabwendbare Situation mit Humor zu meistern, wieder zu entdecken. Kennen sie den? „Russland. Bestätigte Fälle: 0. Tote: 45.“ Oder das Bild von einem Mann mit einer halben Zwiebel vor Mund und Nase. Darunter steht: „Traditionelle rumänische Maske.“ Ein Kommentar aus Spanien: „Meine Zwiebeln sind leider noch nicht groß genug.“ Aus Deutschland kursiert ein Clip auf Whatsapp, in dem eine Frau in ihre Hand niest. Die andere schimpft: „Nicht in die Hand, Martina, das ist eklig!“ Darauf Martina: „Wohin dann?“ „Na, da rein!“ belehrt sie die Freundin und zeigt auf ihre eigene Armbeuge. Woraufhin Martina – HA-HA-HA-ptschi! - herzhaft in die Armbeuge der Freundin niest. Lachen befreit! Witze, die einen nicht ansprechen, kann man einfach wegklicken.

Weil Lachen gerade jetzt so wichtig ist, hier ein Lachgarant für Familien mit kleinen Kindern: Watteblasen! Einfach den Esstisch frei machen und einen Wattebausch in die Mitte legen. Auf Kommando fangen alle an zu blasen und jeder Teilnehmer verteidigt eine Seite des Tischs. Der Spieler, an dessen Seite der Wattebausch herunterfällt, hat verloren. Die Knirpse werden vor Lachen wiehern und immer wieder um Wiederholung betteln.

Zeitzeuge für die Zukunft sein

Länder rufen den Notstand aus, Grenzen werden geschlossen. Die „Corona-Krise“ erinnert fast ein wenig an Krieg. Sie ist auf jeden Fall ein Ereignis, das in die Geschichte eingehen wird. Und damit könnte sie, so makaber dies im Moment klingen mag, für nachfolgende Generationen interessant sein. Stellen wir uns vor, wir könnten heute ein Tagebuch lesen von einem unserer Vorfahren, der die Pest miterlebt hat? Die Abfolge der Ereignisse, die Gedanken der Menschen, die Einschnitte in ihrem  Alltag - aus Sicht eines Schülers, einer Großmutter, eines alleinstehenden alten Menschen. Wer gerne schreibt, könnte daher ganz bewusst einiges Material für seine Enkel oder Urenkel zusammenstellen. Ein persönliches Tagebuch, vielleicht sogar in Briefform, mit ein paar Zeitungsausschnitten, Titelzeilen oder den kursierenden Witzen angereichert. Versetzen Sie sich in die ferne Zukunft, überlegen Sie, was dann interessant sein könnte. Ein Tagebuch zeigt eine Entwicklung auf: Wie denkt man heute, wie morgen und wie ändern sich diese Gedanken im Verlauf der Krise? Welche Verschwörungstheorien kursieren, wie steht man selbst dazu? Welche Meinung erhärtet sich, was wird verworfen? Welche Gefühle, Ängste und Ereignisse prägen diese Zeit? Was sagen Nachbarn, Freunde, Verwandte? Man muss sie hierzu nicht treffen, es gibt ja Telefon und Internet. Wenn die Krise vorbei ist, packt man alles in einen Karton. Nur Mut, schon so mancher Kinofilm basierte auf Erinnerungen ganz gewöhnlicher Menschen!

Sich auf das Wesentliche besinnen

Aber - was ist das Wesentliche? Dies zu klären ist eigentlich schon der erste Schritt. Über sich selbst nachzudenken – dafür nimmt man sich meist keine Zeit. Nun zwingt uns die häusliche Isolation zur Konfrontation mit dem Ich. Wer bin ich? Wer will ich sein? Was habe ich bisher im Leben erreicht? Was davon ist mir noch wichtig - was wünsche ich mir für die Zukunft? Zu diesen Fragen kann man Listen anlegen und Bilanz ziehen. Und Pläne machen – schriftlich, damit man sie später kontrollieren kann. 

Dabei muss es nicht immer um materielle Ziele gehen. Regt so eine Krise nicht gerade dazu an, sich mit spirituellen Aspekten des Lebens zu befassen? Ob man endlich einmal die Bibel liest, wie schon so lange geplant, oder sich mit der Kraft des positiven Denkens befasst, ob man betet, meditiert oder sich auf aufbauende Aussagen konzentriert, bleibt dem Einzelnen überlassen. In schwierigen Zeiten hilft es jedenfalls, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass es Dinge gibt, die über die rein materielle Seite unseres Daseins hinausreichen. 

Auch eine großartige Übung: Dankesformeln ins Gebet einbeziehen! Sicher gibt es eine ganze Menge Dinge, für die man auch jetzt dankbar sein kann.

Helfen statt Jammern

Wer die Möglichkeit hat, zu helfen, empfindet sich selbst nicht als Opfer. Ob man Bekannten auf dem Dorf in einfachen Worten erklärt, warum es gerade jetzt wichtig ist, zuhause zu bleiben; ob man für ältere Menschen den Einkauf miterledigt oder den Hund eines in Quarantäne befindlichen Nachbarn hütet; ob man verängstigte Verwandte per E-Mail oder Telefon tröstet oder Geld an Hilfsorganisationen spendet, jede Geste zählt. Man erkennt, es gibt nicht nur Hiobsbotschaften: Die Bürgerinitiative Declic sammelte bereits über 38.000 Euro für medizinische Ausrüstung, Beatmungsgeräte, Sauerstoffmasken. Die Organisationen „Dăruiește viață“ und „Salvați copiii“ sammeln Spenden für medizinische Notfallausrüstung. Dahinter stehen Menschen! Auf Agrointel.ro werden Landwirte um Lebensmittelspenden gebeten, für die Kinder, die unter der Obhut eines Pfarrers im Plopului-Tal  (Prahova) aufwachsen. Denn jetzt bleiben die Klosterbesucher, die sonst spenden, aus.  Es gibt immer eine Chance, etwas zu tun!

Nachfreude kultivieren

Vorfreude kennen wir alle – sie ist die schönste Freude, heißt es in einem Sprichwort. Nach dem langen Winter freute man sich auf den Oster- oder Sommerurlaub… Doch die Lust aufs Reisen wurde uns leider gerade gründlich vermiest! Hirnforscher haben allerdings nachgewiesen, dass es für das Gehirn keinen Unterschied macht, ob man Dinge erlebt oder sie sich nur lebhaft vorstellt. Wer in seinen Gedanken Angst und Schrecken kultiviert, den wird das Szenario genauso stressen wie ein tatsächliches Ereignis. Dieser Effekt lässt sich jedoch ins Positive verkehren: Zwingen wir uns daher, in Gedanken Freude und Entspannung zu erleben. Wie? Nachfreude zum Beispiel – über die letzte schöne Reise. Die Fotos nochmal ansehen, ein Album anlegen, mit Kommentaren oder schönen Sinnsprüchen versehen. Dann mit dem Partner, der Familie, davor sitzen und schwärmen: „Weißt du noch?“  Und sich versichern: Nur Geduld, das kommt alles wieder - und dann erleben wir das bisher so Selbstverständliche wieder viel bewusster!

Ein paar Wochen die Motoren, die uns durch den Alltag jagen, bremsen. Innehalten und sich Fragen stellen: Wer bin ich, was will ich, wie soll meine Welt aussehen? Sich den Menschen, neben denen man gewohnheitsmäßig herlebt, wieder aufmerksamer zuwenden. Lieben. Danken. Und die kommende, aktive Zeit nach der „Corona-Krise“ ganz bewusst planen. Dies ist die Chance, die uns das Schicksal gerade aufdrängt! Nur so erhält all das, was ringsum passiert, auch irgendeinen Sinn.