Christen – weltweit am meisten verfolgt

Eine aktuelle Broschüre stellt zum „Heiligen Jahr 2025“ deutschsprachige Märtyrer von 2000 bis 2024 vor


Weitgehend unbeachtet von der westlichen Welt und ihren Medien finden seit Jahren weltweit vor allem in kommunistischen und islamischen Ländern, aber auch in Unrechtsstaaten wieder Christenverfolgungen statt. Pünktlich zum „Heiligen Jahr 2025“ der Katholischen Kirche, das Papst Franziskus ausgerufen hat, erscheinen auf seine Initiative hin auch aktualisierte „Martyrologien“. Unter einem Martyrologium sind Sammlungen mit Lebensbeschreibungen und Porträts von Christen und Christinnen zu verstehen, die für ihren Glauben gestorben sind. 2007 erschien als ökumenisches Projekt auf Initiative unter anderem von Patriarch Teoctist und Bischof Christoph Klein ein solches bahnbrechendes ökumenisches Werk für Rumänien. Der für das deutsche „Martyrologium“ seitens der Katholischen Bischofskonferenz  in Deutschland verantwortliche Prälat Prof. Dr. Helmut Moll hat nun eine Broschüre vorgelegt, die deutschsprachige Märtyrer aus den Jahren 2000 bis 2024 präsentiert.

Kardinal Kurt Koch macht im Vorwort dieser Broschüre deutlich: „Nicht wenige Menschen und selbst Christen denken bei der Erwähnung christlicher Märtyrer an die Christenverfolgungen in der frühen Zeit der Kirche und verorten sie damit in der Vergangenheit. Dabei wird ausgeblendet, dass am Ende des zweiten und am Beginn des dritten Jahrtausends die Christenheit erneut Märtyrerkirche geworden ist, und zwar in einem unvergleichlichen Ausmaß. Denn heute gibt es mehr christliche Märtyrer als bei den grausamen Christenverfolgungen in den ersten Jahrhunderten. Achtzig Prozent aller Menschen, die heute wegen ihres Glaubens verfolgt werden, sind Christen. Der christliche Glaube ist in der heutigen Welt die am meisten verfolgte Religion.“  

Der Autor dieser 15 Porträts von Blutzeugen der Gegenwart, Helmut Moll, ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Märtyrerforschung, Priester des Erzbistums Köln, von Professor Joseph Ratzinger promovierter Theologe und Professor für Exegese und Hagiographie. Er hat im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz das Martyrologium des 20. Jahrhunderts, ein Verzeichnis der Märtyrer und Heiligen mit 1000 Lebensbildern von Glaubenszeugen herausgegeben. Dieses ist mittlerweile bereits in der 8. Auflage erschienen. Mit dem vorliegenden Werk aktualisiert er dieses Verzeichnis für das erste Viertel des 21. Jahrhunderts mit der Besonderheit, dass sowohl katholische wie evangelische Märtyrer aus der neuesten Zeit gewürdigt werden.

Porträtiert werden jeweils auf einer Doppelseite das Leben und Martyrium folgender Glaubenszeugen: Luis Lintner (Fidei-Donum-Priester), Bruder Anton Probst CMF (Claretinerbruder), Tilmann Geske (Übersetzer, Missionar und Gemeindegründer), Pater Otto Messmer SJ (Jesuitenpater), Pater Ernst Plöchl CMM (Mariannhiller Missionar), Johannes und Sabine Hentschel mit Sohn Simon (evangelikale Entwicklungshelfer), Rita Stumpp und Anita Grünwald (Bibelschülerinnen), Daniela Beyer (Dolmetscherin), Katrin Waschk (freikirchliche Missionarin), Schwester Stefanie Tiefenbacher CMM (Mariannhiller Missionarin), Simone Beck (evangelische Missionarin) sowie Beatrice Stöckli (freikirchliche Missionarin). Es ist jeweils ein Foto beigegeben.

Diese Bekenner des Glaubens fanden den Tod in den Ländern Brasilien, Kongo, der Türkei, Russland, Südafrika, Jemen, Afghanistan, Mali und sogar Deutschland. Sie wurden Opfer von islamistischen Milizen, aber auch Einzeltätern und Gewaltverbrechern, die gezielt  Priester, Prediger und Missionare als Vertreter des christlichen Glaubens attackierten.

Jeder Fall ist schrecklich, einzelne Fälle lassen besonders aufhorchen. So wurde Pater Lintner 2002 in Brasilien ermordet, weil er dort als Missionar und Helfer für Arme und Entrechtete wirkte. Die freikirchliche Missionarin Katrin Waschk wurde 2010 von ihrem irakischen Ehemann Ziad K. in Deutschland mit 40 Messerstichen wegen ihres Glaubens hingemetzelt. Besonders berührend ist das Schicksal des evangelikalen Entwicklungshelferpaars Johannes und Sabine Hentschel, die 2009 im Jemen verschleppt und erschossen wurden. Auch der erst einjährige Sohn Simon fiel dabei den Islamisten zum Opfer. Im Jemen starben im selben Jahr auch die Bibelschüle-rinnen Rita Stumpp und Anita Grünwald mit nur 24 bzw. 26 Jahren, die dort in einem christlichen Krankenhaus arbeiteten. Sie wurden verschleppt und erschossen. Auch das Schicksal der 85-jährigen Mariannhiller Missionsschwester Stefanie Tiefenbacher berührt und verstört zutiefst. Sie wurde 2015 in Südafrika in ihrer Wohnung bestialisch ermordet.

Die Broschüre erfüllt die traurige Pflicht, an diese Blutzeugen Christi zu erinnern. Die kurzen Begleittexte – das Vorwort von Kardinal Koch und die Einführung von Helmut Moll – sind wertvoll. Sie betonen die Ökumene der Märtyrer und halten fest, dass die konfessionell verengte (katholische) Sicht auf katholische Märtyrer beim Zweiten Vatikanischen Konzil überwunden wurde, habe doch „das Konzil die Realität des Martyriums auch in anderen christlichen Kirchen gewürdigt“ (S. 5). Laut Kardinal Koch unterstreicht die Broschüre, „dass die Märtyrer nicht eine Randerscheinung sind, sondern in die Mitte der Kirche gehören, dass das Martyrium ein Wesensmerkmal des Glaubens an Jesus Christus ist und dass das Martyrium heute ökumenisch ist“.

Koch und Moll rufen konzentriert wichtige Aussagen der Päpste Johannes Paul II. und Franziskus zu den Märtyrern ins Gedächtnis. Helmut Moll verweist auf den Aufruf von Papst Franziskus vom 9. Juli 2023 an die Ortskirchen, im Hinblick auf das Heilige Jahr 2025 alle christlichen Märtyrer aus dem ersten Viertel dieses Jahrtausends zu sammeln, um sie in diesem Heiligen Jahr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Der verdienstvolle und höchst lesenswerte Band ist zu diesem Anlass erschienen, worauf auch der Titel verweist.