Das Jahr der Stafette geht weiter

2013 möchte die neue Leitung den Literaturkreis ausbauen

Stafette-Lesung in der Nikolaus-Lenau-Schule
Foto: Zoltán Pázmány

Die Stafette möchte 2013 mehr in die Öffentlichkeit treten. Lesungen in den Cărtureşti-Buchhandlungen, Facebook-Aktionen für Schüler und Studenten sowie Partnerschaften mit anderssprachigen Literaturkreisen der Stadt sollen den Bekanntheitsgrad der Stafette steigern. Dadurch sollen gleichzeitig auch neue Mitglieder angeworben werden. Seit Dezember hat Henrike Brădiceanu-Persem den Vorsitz des Literaturkreises Stafette übernommen. Dr. Annemarie Podlipny-Hehn, die Mitbegründerin und langjährige Leiterin des Literaturkreises, hat die organisatorischen Aufgaben an die junge Übersetzerin und Schriftstellerin übergeben. Podlipny-Hehn wird sich künftig ausschließlich um die Veröffentlichungen der Stafette kümmern.

Als Mitarbeiterin des IT-Unternehmens infin - Research & Development weiß Brădiceanu-Persem, wie wichtig die Nutzung Sozialer Netzwerke und eine starke Online-Präsenz sind. Darum soll in diesem Jahr die offizielle Seite www.stafette.ro weiter ausgebaut und mit Facebook, Twitter und Google+ stärker vernetzt werden. Dadurch könnte man Jugendliche wieder für das Schreiben begeistern, die ohnehin den ganzen Tag lang auf ihren Smartphones tweeten und posten. Denn Literatur muss nicht immer Seiten füllen. Die Länge eines Haikus kann durchaus ausreichen, um ein Gefühl, eine Idee auszudrücken. Und besonders heute, im Zeitalter des rasanten Informationsaustausches, muss die Literatur kurz und knackig sein. An bestimmten Vorgaben möchte sich allerdings die Stafette noch nicht orientieren. Stattdessen scheinen die nächsten Monate für den Literaturkreis eine Zeit des Experimentierens zu werden. Darauf deutete schon das erste Treffen der Stafette in diesem Jahr hin.

Anfang Januar trafen sich sieben der jüngeren Mitglieder des Literaturkreises, um über zukünftige Pläne zu sprechen und sich gegenseitig eigene Texte vorzulesen. Neben Henrike Brădiceanu-Persem beteiligten sich an dem Treffen noch ihre Schwester Lorette, Deutschlehrerin an der Nikolaus-Lenau-Schule, die Bibliothekarin des Deutschen Kulturzentrums Temeswar, Bianca Barbu, die Schülerinnen Karina Körösi und Laura Purtätor sowie Benjamin Neurohr, Leiter der Abteilung für Kundenbetreuung des Unternehmens infin. Er fungierte als Gastgeber des Abends: Das Treffen fand in den Räumlichkeiten von infin statt. Damit sollte ein Szenenwechsel stattfinden. In Zukunft sollen die Lesungen der Gruppe nicht mehr nur in der Bibliothek des Banater Forums gehalten werden, sondern an unterschiedlichen Orten in der Stadt. Die nächste Lesung wird im Februar veranstaltet,  dann in der Bibliothek des Deutschen Kulturzentrums Temeswar.

Einmal im Monat möchten sich die Mitglieder treffen. Bei jeder neuen Gruppenlesung sollen künftig Themen vorgeschlagen werden, worüber die jungen Schreibenden Texte verfassen können. Das Thema der nächsten Begegnung lautet „Veränderung“. Die anwesenden Mitglieder diskutierten darüber, ob es sich bei der Wahl des Themas um eine aktuelle Problematik handeln sollte oder  eher um allgemeingültige Themenstellungen. Lorette Brădiceanu-Persem will ab dem nächsten Schuljahr „Kreatives Schreiben“ als Fach einführen. Sie habe bereits bei der Schulleitung dafür geworben. Man habe ihr versichert, dass es ab Herbst im Schulplan vorgesehen wird. Dadurch soll die Zusammenarbeit mit der Nikolaus-Lenau-Schule ausgebaut werden. Was im Moment noch fehlt, sind Studenten. Auch auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Germanistiklehrstuhl hofft die Stafette. 

Mit Benjamin Neurohr hat der Literaturkreis einen feinfühligen und analytischen Dichter gewonnen. Er stellte einige seiner Werke vor, darunter das zweideutige Liebesgedicht „Vic“. Weiterhin lasen Laura Purtätor und Karina Körösi. Die beiden Mädchen überraschen bei jeder Lesung mit ihren tiefgründigen Texten, die Themen der Erwachsenen behandeln. Themen, die man bei 17-Jährigen nicht erwarten würde. Lustig ging es in der Geschichte „Herr Martin“ von Lorette Brădiceanu-Persem zu. Nicht weniger amüsant war die Geschichte ihrer Schwester Henrike darüber, wie sich Männer oft geben möchten und wie sie eigentlich sind.

Es wird als ein ständiges Kämpfen beschrieben, wenn Literaten über die rumäniendeutsche Literatur sprechen. Vor dem Aussterben muss man sie allerdings momentan noch nicht retten. 20 Jahre lang hat Dr. Annemarie Podlipny-Hehn eine Literatur am Leben erhalten, die andere für tot erklärten. Nun muss Henrike Brădiceanu-Persem in große Fußstapfen treten. Zum Glück lebt die rumäniendeutsche Literatur noch. Nur mit der Zeit muss sie gehen, sich neuen Anforderungen anpassen und den Draht zu einem jungen Publikum finden, das lieber auf Facebook schreibt oder auf Twitter. 2012 war das Jahr der Stafette. Nach dem ersten Treffen der aktuellen Mitglieder mit der neuen Vorsitzenden scheint auch 2013 das Jahr der Stafette zu werden. Das Potenzial besteht. Nur erkennen muss man es.