„Die Haferlandwoche ist für mich ein Familienprojekt, um die Bedeutung unserer Wurzeln zu vermitteln"

Gespräch mit Veronica Schmidt, Vizepräsidentin der M&V Schmidt Stiftung

Quelle: M&V Schmidt Stiftung

Veronica Schmidt, Ehefrau des siebenbürgischen Geschäftsmannes und Präsidenten des BMW-Händlers Automobile Bavaria, Michael Schmidt, und Vizepräsidentin der M&V Schmidt Stiftung, die sie gemeinsam ins Leben gerufen haben, ist auch eine junge Mutter, Innendesignerin und Co-Autorin eines Märchenbandes. Sie wurde in der Republik Moldau geboren, ist nach Abschluss ihres Jura-Studiums dienstlich nach Rumänien umgesiedelt, wo sie Michael Schmidt kennengelernt und geheiratet hat. Zusammen haben sie eine Tochter und einen Sohn, die sie in Wien, wo sie jetzt wohnen, großziehen. Dort hat Veronica Schmidt ihr eigenes Innendesign-Büro und-Geschäft eröffnet. Obwohl sie beide in ihrem Alltagsleben sehr beschäftigt sind, finden sie immer Zeit für ihr Herzensanliegen, die Förderung der siebenbürgisch-sächsischen Kultur und Bräuche in der historisch als Haferland bezeichneten Region zwischen Schäßburg/Sighișoara, Hermannstadt/Sibiu und Kronstadt/Brașov in Siebenbürgen durch das jährliche Festival Kulturwoche Haferland. Über ihr Engagement für die Sanierung alter Bauernhäuser im Dorf Deutsch-Kreuz/Criț und einheimische Kinder aus benachteiligten Familien erzählte Veronica Schmidt der Redakteurin Cristiana Scărlătescu auf der Pressekonferenz zur Ankündigung der diesjährigen Ausgabe der Haferlandwoche.

Sie sind nicht nur die bessere Hälfte von Michael Schmidt, sondern auch der M&V Stiftung, die Ihre Initialen trägt. Was macht die Vizepräsidentenposition aus und welche Aufgaben fallen auf Sie zu?

Ich habe nie über die Stelle nachgedacht, sondern vielmehr darüber, was ich tun musste, und ich habe versucht, das zu tun, was ich am besten kann, nämlich mich um die Dekorations- und Innenarchitekturprojekte der sächsischen Häuser zu kümmern, die Touristen beherbergen, sowohl während des Haferlandfestes sowie das ganze Jahr über und darüber hi-naus als Heime für die benachteiligten Kinder in der Gegend dienen. Dort werden sie nicht nur mit Lehrbüchern erwartet, sondern auch mit schönen Büchern, notwendigen Bildungssportarten und auch psychologischen Übungen für jene, die bestimmte Dramen erleben, welche ihr tägliches Leben prägen. Das beste Beispiel für die Kinder ist das Umfeld, in dem sie sich jeden Tag befinden und das sie dazu motiviert, sich eine bessere Zukunft zu wünschen. Nicht zuletzt ist die Haferlandwoche für mich ein Familienprojekt, um die Bedeutung unserer Wurzeln zu vermitteln. Für die Sachsen ist es äußerst wichtig, ihre Kultur und Traditionen weiterzugeben und das versuche ich gemeinsam mit meinem Mann.

Wann haben Sie sich entschieden, sich für wohltätige Zwecke zu engagieren und wie haben Sie Ihre Leidenschaft für Innenraumgestaltung entdeckt?

Für das Nachschulprogramm in Deutsch-Kreuz war es also eine spontane Idee aufgrund der Bedürfnisse des Ortes. In dem Moment, als ich für die Renovierung der Häuser verantwortlich war und eine gewisse Zeit dort wohnen musste, sah ich diese Kinder aus benachteiligten Familien, die sicherlich nicht von den gleichen Bedingungen profitieren wie jene aus der Hauptstadt oder aus anderen Regionen Rumäniens. So ist es mir eingefallen, unter der Woche, wenn es nicht so viele Touristen gibt, das Afterschool-Programm „[coala dup˛ {coal˛“ im örtlichen Kraus-Haus zu halten. Was die Leidenschaft für Innenraumgestaltung angeht, glaube ich, dass sie mir in die Wiege gelegt wurde. Ich mag alte Dinge sehr und mein Wunsch ist nicht, unbedingt etwas Neues zu schaffen, sondern die alten Gebäude in der Gegend wiederzubeleben und dabei zu versuchen, die Authentizität so weit wie möglich zu bewahren.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Herr Michael Schmidt sagt immer, dass Sie ihn dazu ermutigt haben, seinen Geburtsort Deutsch-Kreuz, nach der Wiederkehr in Rumänien zu besuchen. Implizit haben Sie auch dazu beigetragen, dass die Haferlandwoche ins Leben gerufen wurde. Sagen Sie uns, unter welchen Umständen dies geschah, und erzählen Sie uns mehr darüber, wie Sie es am Anfang vorangetrieben haben.

Wir blicken eigentlich nie gerne zurück auf den Teil der Vergangenheit, der uns an unangenehme Ereignisse erinnert. Insbesondere Kindern fällt es schwer. Als Kind ist mein Gatte in die BRD übersiedelt, dasselbe gilt für viele andere seiner Landsleute, über den Freikauf der Rumäniendeutschen. Ich glaube, er hat viel unter der Trennung von seinem Geburtsort gelitten. Jedes Mal, wenn wir auf dem Weg nach Schäßburg durch die Gegend fuhren, weigerte er sich, Deutsch-Kreuz zu besuchen, nicht weil ihm sein Heimatdorf nicht gefiel, sondern weil er sich davor fürchtete, sein Elternhaus in einem baufälligen Zustand zu sehen, in dem wir es dann gefunden haben. Aber mit der Geburt unserer Tochter und unseren Plänen für die Zukunft erklärte ich ihm, und ich denke, es ist mir tatsächlich gelungen, ihm ohne allzu viele Erklärungen zu vermitteln, dass das Elternhaus der heilige Ort ist, von dem aus jedes Projekt im Leben beginnen muss.

Wie schaffen Sie ein Gleichgewicht zwischen den Verpflichtungen Ihrer Stelle in der Stiftung, Ihrem Geschäft für Innenraumgestaltung, das Sie in Wien eröffnet haben, und dem Familienleben und wie teilen Sie sich zwischen Wien, Bukarest und Deutsch-Kreuz?

Vor allem helfen uns die Menschen, die gerade um mich herum sind, Flori Deaconeasa, Diana Mantu und viele andere, günstig und ohne allzu große Spannungen von einem Land in ein anderes zu reisen, um unsere Projekte durchzuführen. Was die Mutterrolle angeht, versuche ich, wie jede Mutter, mein Bestes zu geben, um da zu sein, denn die Anwesenheit ist das Wichtigste. Was die Bildung betrifft, denke ich, dass das Ergebnis zählt, und im Moment ist es noch zu früh, über Ergebnisse zu sprechen. Die Kinder sind noch klein, ich habe nur Träume, Hoffnungen für sie und ich versuche, alles zu tun, was ich kann, für meine Familie und die Projekte, die wir durchführen.

Ihre Liebe zu Kindern zeigt sich in den Aktivitäten der M&V Stiftung und der Haferlandwoche. Zusammen mit Ihrer Tochter, Ann-Kathrin, haben Sie einen Märchenband auf Rumänisch geschrieben,  „Cip și Cirip sau Lumea magică a mamei si a fetiței ei“, der inzwischen auf Deutsch  und Englisch übersetzt wurde.

Die Zeit der Geschichten steht nun hinter uns, aber wir wollten dieses Kapitel auf eine schöne Art und Weise abschließen und die Geschichten, die ihr am besten gefallen und sie irgendwie motiviert hatten, in einem Buch niederschreiben, das wir den Kindern der Haferland-Region widmen. Außerdem handelt es sich um ein Projekt, das genau den wichtigen Moment in der Erziehung darstellt, in dem die Mutter auf ihre Weise versucht, ihrem Kind bei der Überwindung der Herausforderungen der Kindheit zu helfen. Nichts kann für ein Kind verständlicher sein als eine Geschichte, die spontan vom Herzen kommt.

Auch Ihre eigene Geschichte ist interessant und sozusagen interkulturell. Sie wurden in der Republik Moldau geboren. Sie sind nach Ihrem Jurastudium nach Rumänien dienstlich umgesiedelt, haben sich beruflich in Richtung Innenraumgestaltung neu profiliert, Sie sind mit Ihrer Familie nach Österreich gezogen.Wie schaffen Sie es, alle Herausforderungen zu meistern? Woher bekommt man die nötige Energieressource?

Erstens hilft mir das Alter (lacht), diese Energie zu haben und zweitens sind Rumänien und die Republik Moldau meiner Meinung nach sehr ähnlich. So wie alle am Festival teilnehmenden Dörfer das Haferland bilden, sind Rumänien und die Moldau für mich und aus historischer Sicht dasselbe Land. Ein Umzug scheint mir aus dem Gesichtspunkt eines Studenten, der versucht, seinen Träumen zu folgen, als etwas Selbstverständliches und danach erkennt man, dass man tun muss, was man will und was einem Freude bringt. Ich denke, es ist unmöglich, etwas zu erreichen ohne die von den Eltern empfohlene Laufbahn: „zuerst Schule, dann Uni und danach sehen wir noch“. Für mich bedeutete das „Sehen-Wir-Noch“ in erster Linie Familie und nicht zuletzt das, was mir wirklich am Herzen liegt: Innenraumgestaltung.

Vielen Dank für das Gespräch!