Die Kleine Rochade

Symbolbild: pixabay.com

Nach elf Monaten des Regierens (davon sechs unter Pandemiebedingungen) ist es der PNL gelungen, bei den jüngsten Kommunalwahlen einen Positions-Tausch mit der PSD zu erreichen. „Positions-Wechsel“ wäre übertrieben. Dazu unterscheidet sich die neue relative Spitzenpartei viel zu wenig von der abgelösten: Dieselben Abwerbungen en masse von Bürgermeistern anderer Parteien (und implizite offene Ermutigung der Wendehalsigkeit, dito: fehlende politische Prinzipienfestigkeit), dieselbe Großmauligkeit der Parteispitzen, dieselbe Macht- (und Geld-)Gier und derselbe populistische Diskurs. Ein Große Rochade war es nicht, bloß eine Kleine...

Die durch mehr Wählerstimmen erzielte neue Position der PNL ist noch wacklig: Gerechnet nach der Zahl der von der PNL geholten Stimmen ist die PSD glatt überstimmt worden. Andrerseits, und urteilend nach den Positionen der gewählten Bürgermeister und Kreisratspräsidenten, wackelt die PSD nicht allzu stark (der Vergleich hinkt aber, weil 2016 die Kreisratsvorsitzenden nicht direkt gewählt wurden, sondern durch die und aus den Reihen der gewählten Kreisratsmitglieder).

Andrerseits war die Wahlbeteiligung mit 46,02 Prozent die geringste seit 1992 (65 Prozent), was heißt, dass das Interesse an Kommunalwahlen seit 1992 um 20 Prozent gesunken ist. Das sollte alle Parteien zum Nachdenken anregen. Die Kommentatoren finden, das habe mit der Überpolitisierung des Wahlkampfs zu tun: Kommunalwahlen sollten nur in geringem Maß politische Wahlen sein – je stärker ihre Politisierung, umso lascher das Wählerinteresse.

Die Kommunalwahlen von 27. September haben die Tendenz zur Bipolarität des Parteienspektrums – die sich bereits 2016 abzeichnete – verstärkt. Und das seit 1990 gültige Tanzlied für Kinder mit dem Refrain „...einmal hin, einmal her / ringsherum, das ist nicht schwer...“ bei PNL und PSD bestätigt. Mit einem Stolperstein: den Newcomer-Parteien USR-PLUS. Diese dürften aber aus mehreren Gründen bei den anstehenden Parlamentswahlen (durch die Einmischung des Verfassungsgerichts kann noch keiner sagen, wann die stattfinden...) einen schwierigeren Stand haben als jetzt, wo sie strahlende moralische Sieger der Kommunalwahlen sind: Die vor vier Jahren gegründeten Parteien haben keine Verwurzelung auf dem Land, kein „Hinterland“ außerhalb der Städte. Bei einem ländlich geprägten Volk, dessen Fell seit 20 Generationen durch Korruption und falsche Versprechungen zerfleddert wird, fehlt USR-PLUS ein Schuss an unverhohlener Falschheit, Bigotterie und Rückständigkeit, der sie am Land mit schelmischem Augenzwinkern wählbar macht. Doch vielleicht ändert sich auch das bis zu den Wahlen von 2024 – wenn USR-PLUS bis dann ihre Stammwählerschaft, die Jugend und die Intellektuellen, nicht verlieren sollten.

Der politische Sieg der PNL dürfte auch als die finale Folge des „Zweiten Johannis-Effekts“ angesehen werden (der erste war der Wahlsieg des heutigen Präsidenten als Bürgermeister von Hermannstadt). Die Präsidentschaftswahl vom Frühwinter 2019 hat der PNL einen Aufwind verschafft, der in diesen Wochen verpufft. Es gibt eine Mechanik der Wahlen mit einem Trägheitsmoment, der Automatismen schafft, die erst langsam abklingen – auch der Johannis-Effekt II. Was die PNL bei den kommenden Parlamentswahlen schaffen könnte, verdankt sie sich selber. Das muss natürlich nicht gleich eine Niederlage sein, sicher aber ein Eigenverdienst. Und ja: Ein bisschen auch wieder eine Merite des Klaus Johannis, der seit anderthalb Jahren polarisiert, was das Zeug hergibt. PNL-Chef Orban tritt bloß in seine Fußstapfen. 

Die anstehende Parlamentswahl dürfte nach rumänischem Usus in etwa das Bild der Bürgermeisterwahlen widerspiegeln: Ein Zweikampf PSD versus PNL, mit einem wie hilflos zusehenden Dritten, USR-PLUS, der mit Glück auf +/- 15 Prozent kommt, kaum auf die 22,3 Prozent der EU-Wahl.