Die „Schäm-Dich-Liste“

Auch Professoren aus Westrumänien betreuten „Werke“ von Häftlingen

Drei Temeswarer Unis haben Empfehlungen für Inhaftierte geschrieben.
Foto: Zoltán Pázmány

Höchst erstaunlich – über 400 Bücher wurden in den letzten zwei Jahren von insgesamt 188 Inhaftierten geschrieben. Man könnte denken, die Häftlinge hätten mehr Zeit, um ihr Leben zu reflektieren und ihren Inspirationen zu folgen. Doch die Wahrheit ist, das für jedes Buch, das in der Haft geschrieben und während der Haftzeit veröffentlicht wurde, es bis vor Kurzem laut Gesetz einen Straferlass von 30 Tagen gab. So sind viele reiche Gefängnisbewohner nach rascherer Verbüßung ihrer Strafen aus den Haftanstalten entlassen worden. Ein Phänomen, das vor allem in den vergangenen Jahren zugenommen hatte, als sehr viele prominente Politiker und Geschäftsleute hinter Gitter kamen. Diese Verordnung ist nun per Eilerlass der Regierung bis September ausgesetzt worden.

Parallel dazu werden die sogenannten „Knastschriftsteller“ und die Hochschulprofessoren, die diese dubiosen „Forschungsarbeiten“ „betreuten“, von der Antikorruptionsbehörde DNA untersucht. Die inhaftierten „Schriftsteller“ mussten laut bisherigem Gesetz einem Ausschuss der Haftanstalt eine schriftliche Empfehlung seitens eines Hochschulprofessors vorlegen. Diese Empfehlung musste die Bedeutung des ausgewählten Themas aus einem gewissen Bereich bezeugen. All das soll sich demnächst laut Vorschlag der Justizministerin Raluca Prună ändern. In der Zwischenzeit wurde eine „Schäm-Dich-Liste“ mit den Hochschulprofessoren, die ihre Unterschrift unter diese sogenannten „Forschungsarbeiten“ der Häftlinge setzten, bekannt gegeben. Professoren von Universitäten in Arad, Großwardein/Oradea, Reschitza/Reşiţa und Temeswar/Timişoara – um nur solche aus Westrumänien zu nennen – haben die „akademischen Schriften“, die im Gefängnis verfasst wurden, beaufsichtigt.

Professoren aus gleich drei Universitäten von Temeswar sind auf der Schäm-Dich-Liste zu finden. Die Universität für Landwirtschaftswissenschaften und Veterinärmedizin des Banats steht da mit drei betreuten Arbeiten, die private Uni „Tibiscus“ ebenfalls mit drei und die West-Universität Temeswar mit einer Arbeit. Dr. Zeno Daniel Sustac, Ioan Pădeanu, Laurenţiu Dan Lacrămă und Tiberiu Marius Karnyanszky sind die Temeswarer Hochschulprofessoren, die ihre Gutachter-Unterschriften zu Arbeiten von Häftlingen gegeben haben. Professor Dr. Vasile Creţ von der Agora-Universität in Großwardein und Prof. Dr. Vasile Firiteanu von der Eftimie-Murgu-Universität in Reschitza kommen mit je einer betreuten Arbeit auf der kürzlich veröffentlichten Liste vor. Die West-Universität „Vasile Goldiş“ in Arad ist mit gleich drei Professoren vertreten: Dozent Dr. Roman Regis-Mafteiu, Dr. Sorin Borlea und Dr. Gabriela David Katalin.
Auch wenn die West-Universität Temeswar auf der Schäm-Dich-Liste mit einer einzigen Arbeit vorkommt, ist der Rektor der Temeswarer Uni, Marilen Pirtea, der Meinung, dass dies dem Image der Uni auch ein wenig gut tut.

„Dass die West-Uni nur mit einem Namen auf dieser Liste vertreten ist, wobei der Betreuer nur ein freier Mitarbeiter der Uni ist, bedeutet, dass unsere Lehrkräfte integer sind“, sagt Marilen Pirtea. „Ich bin mir sicher, dass es mehrere finanziell verlockende Vorschläge in dieser Hinsicht gab, doch die Lehrer haben das Angebot abgelehnt“, setzt Rektor Pirtea fort.
So ein Vorgehen kann aber dem Image einer Universität schaden, vor allem jenen Universitäten, die sich hoch oben auf der Schäm-Dich-Liste befinden. Ganz oben auf der Liste steht die Universität Craiova, mit gleich 59 betreuten Arbeiten. Ihr folgt auf dem zweiten Platz die Akademie für Wirtschaftswissenschaften Bukarest mit 33 „Arbeiten“. „In der kommenden Senatssitzung werden wir entscheiden, ob der betreffende Professor auf akademischer Ebene bestraft wird. Das, was er gemacht hat, ist aber an sich nicht illegal“, fügte Marilen Pirtea hinzu. Ob es legal oder illegal ist, untersucht nun die Antikorruptionsbehörde (DNA). Ein Untersuchungsverfahren wurde in dieser Hinsicht von der DNA-Staatsanwaltschaft auf höchster Ebene gestartet.

Alle Professoren, die ihre Unterschrift zu den sogenannten „akademischen Arbeiten“ der Häftlinge gegeben haben, werden in die Untersuchung einbezogen. Sie könnten angeklagt werden, Inhaftierten geholfen zu haben, eine raschere Verbüßung ihrer Strafen zu erzielen. Genauer gesagt, sind die Staatsanwälte der Meinung, dass den inhaftierten Schriftstellern „geholfen wurde“, Bücher zu schreiben, um ihre Haftzeit zu reduzieren. Und „helfen“ heißt in diesem Fall genau das, was einer der „Knastschriftsteller“, der Magnat Gheorghe Becali, kurz gefasst, so erklärt hat: Ein Hochschullehrer habe ein Buch verfasst, er, der Häftling, habe es handschriftlich abgeschrieben, als Manuskript der Gefängnisleitung gezeigt, tippen und drucken lassen – und fertig war ein Buch!