„Die Stärke liegt in der Beständigkeit“

Sabina Baciu über Culmea, das einzige Umweltfestival für Kinder und Jugendliche in Rumänien

Sabina Baciu Foto: die Verfasserin

Zeichentrickfilme, Dokumentationen und Doku-Fiktionen im Einsatz für den Umweltschutz. Wie das geht? Indem Kinder, Teenager, Eltern, Verwandte wie auch Lehrkräfte an den Veranstaltungen von Culmea in Kronstadt/Brașov teilnehmen. Sie sehen hervorragende Filme über Biodiversität, Umweltverschmutzung mit Plastik, Abholzung, Fast Fashion, gesunde Ernährung oder die Beziehung des Menschen zur Natur und zu Tieren und erfahren danach im Gespräch mit Fachleuten oder bei Workshops, was sie selbst für das Wohl des Planeten tun können. Sabina Baciu hat Culmea im vergangenen Jahr ins Leben gerufen: ein Festival und eine Kinemathek, die diesen Sommer monatlich stattfand. Und sie hat eine Gemeinschaft aufgebaut, die sehr interessiert daran ist, ihren Beitrag für gute Luft, Wasser, Boden und Klima zu leisten. Im Interview mit ADZ-Redakteurin Laura Căpățână Juller spricht die leidenschaftliche Kulturmanagerin über ihre Mission, über die zweite Auflage des Culmea-Filmfestivals, das zwischen dem 16. und 20. Oktober in Kronstadt läuft, aber auch über Herausforderungen.

Was ist Culmea?

Culmea ist ein Projekt, das Kunst als Mittel nutzt, dass wir uns Gedanken zum Thema Umwelt und Umweltschutz machen, Kommunikationsbrücken zu bauen und Empathie, kritisches Denken und Kreativität zu fördern. Durch Film, Debatten, Workshops, Spiele und gemeinschaftliche Aktivitäten wollen wir den Teilnehmern die nötigen Mittel geben, einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben.

Was genau ist euer Ziel?

Unser Ziel ist es, durch sehr gute Filme und geführte  Diskussionen mit spezialisierten Kulturmediatoren, Kinder und junge Menschen zu erziehen und Erwachsene zu unterstützen, mit dem Nachwuchs über wichtige Themen zu sprechen. Wir arbeiten daran, die Gemeinschaft von Kindern, Jugendlichen und deren unterstützenden Strukturen, die sich für die Klimakrise interessieren, zu vergrößern, um sie mit Wissen und den nötigen Werkzeugen auszustatten, die für ein verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Leben nötig sind. Und das Mittel dafür ist der Film.

Ein Kind sieht einen Film über die Umweltverschmutzung mit Plastik in Indien und wünscht sich, etwas für die Umwelt zu tun. Nach dem Film kann es in einem geleiteten Gespräch über eine Müllsammelaktion in seiner Stadt erfahren und sich so auch tatsächlich einbringen. Diese Veranstaltungen sind gute Aufhänger, um über diese großen Themen kindgerecht zu sprechen und die kommende Generation in den Klimaschutz einzubinden.

Wie kam es zu Culmea?

Während der Pandemie, als ich schwanger war, habe ich begonnen, den Sinn meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit zu hinterfragen. Es schien mir, als wären die großen Events in Bukarest und Klausenburg/Cluj-Napoca, bei denen ich mitgewirkt hatte, nur für das Entertainment gedacht, nicht etwa sozial engagiert. In der Zeit habe ich auch sehr viel über die Klimakrise gelesen und war sehr berührt davon. Allerdings waren die Informationen eher theoretisch und ich überlegte schon, wie ich meinem Sohn auf kindgerechte Weise erklären werde, wie die Natur und die Umwelt funktionieren, warum es die Klimakrise gibt und wie wir dazu beitragen können, dass es der Umwelt besser geht. Die Antworten, die ich hatte, waren allerdings sehr grundlegend und oberflächlich. So habe ich eine Online-Plattform gegründet, bei der erfahrene Journalisten und Umweltspezialisten mitgewirkt haben: noua.info. Diese erleichtert es Eltern, mit Kindern über wichtige Umweltthemen zu sprechen.

Als wir aber vor zwei Jahren aus Bukarest nach Kronstadt zogen, habe ich mein Wissen als Kulturmanagerin wieder eingesetzt und das Culmea-Festival gegründet. Gemeinsam mit Raluca Bugnar,  Selektorin bei EducaTIFF, einem Projekt für kinematografische Erziehung für Kinder in Klausenburg, und Mara Oprișiu, Kulturmanagerin in Kronstadt, haben wir im vergangenen September die erste Auflage durchgeführt. Der Anklang war sehr gut, wir wurden danach in Schulen eingeladen, im Rahmen der „Grünen Woche” diese Themen aufzugreifen.

Ihr habt auch einen Schulungs-Workshop für Lehrkräfte für die Rolle des Vermittlers für Film- und Umweltbildung veranstaltet.

Im Frühling haben 23 Grundschullehrer, aber auch einige vom Gymnasium und Lyzeum gelernt, wie sie filmische Geschichten als Lehrmaterial in der Klasse anwenden können. Die große Überraschung war, dass wir 60 Einschreibungen hatten, also, dass großes Interesse für die Anwendung dieser Methode besteht.

Wie funktioniert eure Datenbank?

Wir wünschen uns, dass die Culmea-Datenbank, die bereits über 60 Filme zählt, als Lehrinstrument dient und dass Lehrer in Klassen ausgehend von diesen und mit Hilfe unserer Arbeitsblätter über Umweltthemen sprechen können. Die Informationen zu allen Filmen sind auf unserer Internetseite culmeafestival.ro vorhanden. Die Bildungseinheiten oder NGOs, die sie anwenden möchten, schreiben uns an und erhalten diese, samt Arbeitsblättern, sobald wir die Rechte dafür erhalten.

Wer ist euer Publikum?

Bei der ersten Auflage waren es hauptsächlich Leute, die sich bereits mit Umweltproblemen auseinandersetzen, etwa 300 Teilnehmer. Aus Bukarest bin ich an ein zahlreiches Publikum gewöhnt, aber für das kleine Publikum in Kronstadt ist es sehr gut. Es kam die Idee auf, mit diesen sehr interessierten Leuten eine Gemeinschaft zu gründen und kleine Events mit großer Wirkung zu veranstalten. So entstand dann die Culmea-Kinemathek, im Rahmen derer wir monatlich ein Unterthema angehen. So sehen die Leute, dass wir Konstanz bieten; die Kraft liegt in der Beständigkeit, nicht in der Anzahl der Teilnehmer.

Die Kinemathek hatte ein abwechslungsreiches Angebot.

Im Juni, als wir Food Waste unter die Lupe nahmen, haben wir ein gemeinschaftliches Essen in einem schönen Garten organisiert, wo die Leute sich dem Team und dem Projekt nähern konnten und gemeinsame Gesprächsthemen fanden. Im Juli war Fast Fashion im Mittelpunkt, da gab es im Zentralpark einen Markt für gebrauchte Kleidungsstücke, bei dem Schneiderinnen bei Bedarf die Kleider angepasst haben. Anfang September haben wir uns mit Umweltaktivismus befasst und waren zwei Tage lang im Zentrum der Stadt, wo Interessenten Schilder mit umweltfreundlichen Botschaften anfertigten. Wir wollten die Leute finden, die interessiert sind und unsere Mission teilen.

Ausgehend von dieser Idee, wollen wir nun einen Flohmarkt organisieren, bei dem Handwerker vor Ort die Objekte anpassen oder reparieren. Eine weitere Idee ist es, in Wohnvierteln gemeinsame Mahlzeiten zu organisieren. Es sind verschiedene Veranstaltungen, die in der Gemeinschaft funktionieren könnten und die wir nun testen. Diese Pilotprojekte wollen wir dann den Lokalbehörden vorstellen und sie einladen, uns zu unterstützen, denn es ist ein Projekt mit lokaler Wirkung.

Was fehlt dir als Kulturmanagerin in Kronstadt?

Es fehlen mir mehrere Sachen: es mangelt an einer Kulturstrategie der Stadt und an multifunktionalen Räumlichkeiten, wo unterschiedlichste Kulturveranstaltungen abgehalten werden können. Es gibt zwar einige multifunktionale Orte, wie die Redoute oder das Multikulturelle Zentrum der Transilvania-Universität, doch sind sie meist ausgebucht. Und es fehlen Kinos, vor allem ein Arthouse-Kino, wo Kunstfilme ausgestrahlt werden.

Und es gibt ein brennendes Problem: mehr als 20 Organisationen, die im Frühling eine Finanzierung vom Bürgermeisteramt gewonnen haben, warten noch immer auf den Vorschuss. Dabei sind die Kulturveranstaltungen bereits im vollen Gange. Es ist sehr ernst! Ich habe einen öffentlichen Brief an den Bürgermeister, den Lokalrat und den Präfekten geschickt, der von 90 Kulturmanagern, Künstlern, Vertretern von Kulturvereinen und -organisationen unterschrieben wurde. Ich habe bei einer Lokalratssitzung das Wort ergriffen, die ernste Lage erklärt, aber es rührt sich nichts. Ich verstehe den Grund dieser Krise nicht, es scheint eine politische Abrechnung zu sein.

Warum bist du nach Kronstadt gezogen?

Kronstadt hat mich immer schon angezogen und als mein Sohn zur Welt kam, war klar, dass Bukarest nicht mehr für uns geeignet ist - mit dem Kinderwagen dort zu fahren ist eine Herausforderung. Anfangs dachte ich, dass ich mich hier langweilen würde, weil die Stadt ruhig ist, sodass ich beruflich nichts tun könnte. Dann leuchtete mir ein, dass ich als Freischaffende in einer kleinen Gemeinschaft mehr Wirkung haben kann als in Bukarest.

Deine Tätigkeit scheint tatsächlich Wirkung zu haben.

Das freut mich. Ich wurde sehr gut aufgenommen, alle Kulturveranstalter in Kronstadt, die ich kannte, waren sehr begeistert von meiner früheren Tätigkeit und wollten, dass wir zusammenarbeiten. Für eine Frau, die gerade den Mutterschaftsurlaub beendet hat, war es eine tolle Validierung. Auch viele Institutionen, Organisationen und Vereine unterstützen uns, es ist klar, dass es hier Mittel und Offenheit für solche Projekte gibt.

Warum wäre es wichtig, am nächsten Festival Mitte Oktober teilzunehmen?

Es werden sehr viele Themen sein,  auf die man unmöglich  nicht neugierig sein kann. Filme über die Revolution der Cargo-Fahrräder in der Welt der Eltern („Motherload“, 2019, Liz Canning). Ausgehend von diesem Film wollen wir darüber sprechen, wie wir unsere Kinder großziehen, indem wir die Fahrräder mit einbeziehen. Da wollen wir auch Reparaturen für Fahrräder einschließen. Ein weiterer Film ist über die Hüter der Samen („Unser Saatgut – Wir ernten, was wir säen”, 2016, Taggart Siegel, Jon Betz) und wie wichtig es ist, eine Samenbank für traditionelle Spezies und Samen zu haben. Auf dem Programm steht der Film „Geliebte Köchin“ (2024, Tran Anh Hung), den wir, diesmal, vorwiegend mit Senioren besprechen möchten. Wir bereiten auch Workshops und interaktive Tätigkeiten vor.

Was sollte man auf keinen Fall verpassen?

Die Kurzfilme, die unter der Woche, bzw. Mittwoch, Donnerstag und Freitag im Olympiamuseum für Sport- und Bergtourismus gezeigt werden, sind sehr toll. Die Animationen, Doku-Fiktionen und Komödien sind bereits ab dem Kindergartenalter geeignet.

Was plant ihr weiterhin?

Das Festival wird im Rahmen anderer Festivals in Klausenburg und Temeswar/Timișoara eine eigene Sektion haben. Wir haben bereits Partner. Und dank der Finanzierung der „European Cultural Foundation” werden wir mit Partnern aus Genua, Italien eine Zusammenarbeit haben.

Culmea will der Partner werden, der eine sehr gute Auswahl an Umweltfilmen für Kinder und Jugendliche anbieten kann. Es gibt viele Filmfestivals für die junge Generation, aber wenige sind thematisch, und jene über die Umwelt sind eher über Natur oder Dokumentationen. Wir sind an der Kreuzung, wir bieten sehr tolle Kinderfilme und Umweltthemen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem Festival!