Digitale Nutzerdaten – „Goldgrube“ des 21. Jahrhunderts

Wie wertvoll sind unsere Daten wirklich?

Applikationen sozialer Medien sind bei den meisten von uns ein fester Bestandteil des Lebens. Die Unternehmen sammeln dabei zahlreiche Nutzerdaten. | Foto: Sara Kurfess, www.unsplash.com

Diese Grafik aus dem Jahr 2021 zeigt, dass Online- und Social-Media-Plattformen Nutzerdaten auch vermehrt an Dritte weiter vermarkten.

Auch das Cloud-Geschäft profitiert vom Datenboom.

Täglich nutzen wir das Internet auf diversen Geräten. Dabei suchen, tippen, scrollen und klicken wir uns durch die globale Onlinewelt. Hierbei hinterlassen wir nicht nur Spuren über unser „Surfverhalten“, sondern geben auch oft unbewusst Daten über uns preis. Diese Datensätze sind im digitalen Zeitalter ein wertvoller und begehrter Rohstoff, mit dem sich viel Geld verdienen lässt.

Bei über acht Milliarden Menschen, die es mittler-weile auf unserer Erde gibt, nutzten im Jahr 2022 insgesamt 5,16 Milliarden das Internet. 5,44 Milliarden Menschen haben Zugang zu einem (Mobil)Telefon. 4,76 Milliarden Menschen sind aktive Nutzer von sozialen Medien oder Netzwerken. So dokumentierte es der „Global Overview Report“ auf dem Portal „datareportal“ im vergangenen Jahr. Das Portal legt seinen Recherchen wiederum Informationen zugrunde, die von diversen internationalen Organisationen wie u.a. den Vereinten Nationen, der Weltbank sowie zahlreichen nationalen Statistik-Quellen bereitgestellt werden.

Der Nutzer als vielseitige Datenquelle

Jede Person, die sich im Internet bewegt, ist eine reichhaltige Datenquelle, die vielseitige Informationen über sich offenbart. Browser, Apps sowie weitere Softwareprogramme und Werkzeuge können beispielsweise die IP-Adresse herausfiltern, über die ein Nutzer seinen Standort übermittelt. Ebenso kann erfasst werden, welchen Browser (auch die Version) und welches Betriebssystem wir nutzen. Auch das PC- oder Smartphone-Modell bleiben Datensammlern nicht verborgen.

Zudem wird unser Suchverlauf auf jeder Webseite überwacht. Suchbegriffe, angeklickte Elemente, auf welchen Seiten wir zuvor waren und auf welche wir anschließend surfen gehören ebenfalls zum Sammelgebiet. Wenn wir online einkaufen, wird jeder Artikel im digitalen Einkaufswagen registriert und darüber hi-naus jegliche weitere Information zum Artikel wie z. B. Farbe, Schuh- oder Kleidergröße gespeichert.

Bedeutendster „Rohstoff“ des digitalen Zeitalters

Auf das Schlagwort „Big Data“ stößt man in den letzten Jahren in den Wirtschaftsmedien recht oft. Dies kommt nicht von ungefähr. Unternehmen, die über diverse Daten vor allem auch in großen Mengen verfügen und gleichzeitig in der Lage sind, diese auch aussagekräftig zu analysieren, sind für die Zukunft gut aufgestellt. Daten gelten daher nicht umsonst als der wertvollste „Rohstoff“ im digitalen Zeitalter. Alle gesammelten Datenpunkte können auch miteinander verwoben werden, dies dient nicht nur der statistischen Analyse, sondern auch, um daraus schlusszufolgern, für welche Produkte, Dienstleistungen und Trends sich Nutzer und Verbraucher möglicherweise interessieren könnten. Unternehmen ist es durch diese Informationen möglich, Produkte und Dienstleistungen auf die jeweiligen Zielgruppen besser anzupassen. Darüber hinaus lässt sich durch diese personenbezogenen Daten auch zielgerichtete Werbung einsetzen. 

Für Unternehmen sind diese maßgeschneiderten Informationen von besonderem Wert, weshalb auch der Handel mit Daten sich inzwischen zu einem profitablen Wirtschaftszweig entwickelt hat.

Tauschhandel: Freie Nutzung gegen Daten

Die Sammlung und Vermarktung von Daten war auch schon vor dem Internetzeitalter ein einträgliches Geschäft. Datensätze mit Privatadressen, Telefonnummern und Angaben zur Person waren schon immer gefragt und wurden gerne kommerzialisiert.

In unserer digitalisierten Welt ist das Sammeln von Daten für die großen Internetunternehmen und Social-Media-Plattformen quasi im Sekundentakt ein leichtes Unterfangen. Die gängigsten Plattformen bieten den Nutzern freien und kostenlosen Zugang zu ihren Dienstleistungen. (Einige Plattformen bieten auch kostenpflichtige Premium-Pakete, bei denen die Nutzer nicht mit Werbung konfrontiert werden). Es handelt sich hierbei um einen modernen Tauschhandel. Um die Plattformen  kostenlos zu nutzen, erlauben wir ihnen, unsere Daten zu verfolgen und zu sammeln. Diese werden für eigene Analysen verwendet, aber auch an Dritte oft kommerziell weitergegeben. Im Gegenzug wird den Nutzern Werbung angezeigt. Die Zustimmung dafür liefern wir mit der Bestätigung der Nutzungsbedingungen in den AGB.

Milliardengeschäft für soziale Medien

Ein genauerer Blick auf die Geschäftsberichte der großen Konzerne und Social-Media-Unternehmen offenbart ein lukratives Geschäftsmodell.

Meta Platforms, zu dem die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram sowie der Messaging-Dienst Whatsapp gehören, hat bis zum Ende des dritten Quartals 2023 insgesamt über 126 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Die bei jungen Menschen besonders beliebte Videoplattform TikTok soll letztes Jahr über 13 Milliarden US-Dollar durch Werbeeinnahmen generiert haben. Der Konzern Alphabet, zu dem auch die Suchmaschine Google sowie die Videoplattform YouTube gehören, setzte allein im dritten Quartal 2023 über 76 Milliarden US-Dollar um. Davon entfielen 7,95 Milliarden auf die Werbeeinnahmen über YouTube. Der Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) soll im letzten Jahr auf Werbeerlöse in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar gekommen sein. Wie solche Zahlen zustande kommen, ist längst kein Geheimnis mehr. Die Unternehmen finanzieren sich größtenteils durch den Verkauf von zielgruppenspezifischen Werbeanzeigen und die kommerzielle Verwertung von Daten ihrer Nutzer. Einige soziale Netzwerke verkaufen Datensätze auch direkt an Dritte. Die von den Unternehmen selbst eingeführten Analysewerkzeuge wie das sogenannte „Average Revenue per User“ (ARPU, deutsch: Durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer) und die durchschnittliche Bildschirmzeit pro Nutzer geben einen tieferen Einblick, wieviel einzelne Nutzer wert sind. 

Welchen Wert haben unsere Daten?

Um den Wert der Daten zu bestimmen, ist es ausschlaggebend, welche Plattformen bzw. Unternehmen, die Daten sammeln. Meta Platforms hat die Vermarktung seiner personenbezogenen Nutzerdaten nahezu perfektioniert. Nach einem Jahr sogenannten „Trackings“ (deutsch: verfolgen) und bei durchschnittlicher Bildschirmzeit kann Meta die über seine Plattformen Facebook und Instagram zusammengetragenen Daten für etwa 200 Euro verwerten. Durchschnittlich verbringen Nutzerinnen und Nutzer täglich 33 Minuten auf Facebook und 29 Minuten auf Instagram. Mit jeder verbrachten Minute auf den Plattformen verdient Meta somit zwei Cent. Die über ein Jahr gesammelten Daten sind für TikTok etwa 66 Euro wert. Um die 32 Minuten verbringt ein Durchschnittsnutzer am Tag auf der Social-Video-Plattform des chinesischen Unternehmens ByteDance. 34 Cent generiert TikTok, wenn Nutzer eine Stunde auf ihrer Plattform bleiben. Daher ist es verständlich, dass die Betreiber der sozialen Netzwerke alles daransetzen, ihre Nutzer so lange wie möglich auf ihren Plattformen zu halten. Konkurrent YouTube benötigt sogar fünf Minuten Bildschirmzeit, um einen Cent umzusetzen. Die Videoplattform schafft es, den durchschnittlichen Nutzer mit ca. 44 Minuten täglich am längsten auf seiner Plattform zu halten. Die gewonnenen Daten bringen etwa 29 Euro jährlich pro Nutzer. X macht auf Jahressicht um die 54 Euro Umsatz pro Nutzer. Im Schnitt verbringen Nutzer täglich 31 Minuten auf dem Kurznachrichtendienst und liefern dabei Daten im Wert von 15 Cent.

Daten um jeden Preis? Wo sind die Grenzen?

Bedeutet dies, dass man als Internetnutzer letztlich ein wandelnder, mit einem Preisschild behangener Datenlieferant ist, auf den keine Rücksicht genommen wird?

Nicht alle (Nutzer)Daten dürfen überhaupt erhoben oder gar verkauft werden. Einige Arten der Datenerhebung unterliegen besonderen Erfordernissen im Hinblick auf die Einwilligung, vor allem auf Grundlage von Vorschriften wie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem California Consumer Privacy Act (CCPA). Zu den Daten, welche unter besonderem gesetzlichen Schutz stehen, gehören personenbezogene Daten wie z. B, Sozialversicherungsnummern, Bankdaten und Gesundheitsdaten. Sie sind in der Summe nicht monetarisierbar, da sie erst gar nicht erhoben werden dürfen. 

Bei weiteren, sehr persönlichen und sensiblen Daten ist die ausdrückliche Einwilligung der Nutzer obligatorisch, um des Weiteren erhoben oder verarbeitet zu werden.

Im Gegensatz dazu können personenbezogene Daten, die öffentlich sind bzw. öffentlich zugänglich gemacht wurden, beispielsweise öffentliche Urkunden, Beiträge in sozialen Medien oder Suchanfragen bei Suchmaschinen allgemein verkauft werden.

Unternehmen, die sich nicht an die Regelungen halten und Nutzerdaten auf illegalem Wege sammeln und monetarisieren, können dafür haftbar gemacht und mit hohen Bußgeldern belegt werden.

Die legale Kommerzialisierung von Daten hängt wesentlich auch davon ab, wo sich die Nutzer befinden bzw. auch, wo die Unternehmen ansässig sind. Datenschutzgesetze wie die DSGVO setzten für die Erhebung und den späteren Verkauf der Daten voraus, dass Nutzer zuvor ihre Einwilligung dazu erklärt haben (sog. Opt-In-Modell). Nach dem CCPA können Daten auch ohne die Benachrichtigung und Einwilligung der Nutzer gesammelt werden. Jedoch müssen sich die Unternehmen vor dem Weiterverkauf der Datensätze eine Einwilligung der Nutzer einholen (Opt-Out-Modell). 

Zu berücksichtigen ist hingegen, dass Datenschutzgesetze nicht in jedem Land oder Bundesstaat gelten. In den USA haben etwa bisher nur drei Bundesstaaten Datenschutzgesetze beschlossen.