Drei Generationen der Organistenfamilie Schlandt spielten in Bukarest zusammen

Steffen (l.), Eckart (Mitte) und Felix (r.) Schlandt vor der Stemmer-Orgel der Bukarester Musikuniversität Foto: die Verfasserin

Die vierte Ausgabe des Bukarester Orgelfests „Cantus Ecclesiae“ läuft schon seit Monatsanfang in den Kirchen und Konzertsälen, welche die wichtigsten Orgeln Bukarests beherbergen, und dauert noch bis zum 23. Juni. Dieses Festival erforscht die Orgel in ihren verschiedenen Rollen und künstlerischen Perspektiven und präsentiert sie einem möglichst breiten Publikum als Solo-, Kammermusik- oder Begleitinstrument.

Die täglichen Konzerte sind in vier Kategorien gegliedert: Wichtige Solisten, wobei Weltklasse-Organistinnen und -Organisten aus dem Ausland auftreten; Orgel und Freunde, eine Minireihe von Kammerkonzerten, bei denen die Orgel von anderen Instrumenten begleitet wird; Familie – dabei teilen Organistenfamilien mit Tradition, darunter die Organistenfamilie Schlandt aus Kronstadt/Bra{ov und die Professorenfamilie Fernanda Romila und Dan Racoveanu von der Musikuniversität in Bukarest, ihre Leidenschaft für Orgelmusik dem Publikum mit; und die Kategorie Spezial mit Sonderkonzerten im Athenäum, in der evangelischen Kirche A.B. Bukarest und in der anglikanischen Kirche. 

Vererbte Musiker-Tradition

Ein Highlight des Festivals war der bewegende gemeinsame Gastauftritt dreier Generationen der Kronstädter  Organistenfamilie Schlandt auf der Bühne der Musikuniversität UNMB vorigen Donnerstag, den 13. Juni. Steffen Markus Schlandt, Organist der Schwarzen Kirche in Kronstadt, zufolge geht die Tradition des Orgelspiels in seiner Familie, die ursprünglich der Lederergilde angehörte, auf mehrere Generationen zurück, nämlich auf seinen Urgroßvater, der sich für eine Karriere als Musiker entschied. Der Beruf – und die Berufung dazu – wurden dann von einer Generation zur anderen vererbt. 

Der Reihe nach haben letzte Woche er, sein Vater und Vorgänger an der Orgel der Schwarzen Kirche, Hans Eckart Schlandt, und sein Sohn, Felix Schlandt, an der neuen, 2008 eingeweihten Stemmer-Orgel der Musikuniversität gespielt. Diese wurde vom Schweizer Orgelbauer Ferdinand Stemmer in der Werkstatt der von ihm gegründeten Fachschule für Orgelbau und Tischlerei in Honigberg/H˛rman der 170-jährigen Buchholz-Orgel aus der Schwarzen Kirche nachgebaut, allerdings als Hybridorgel, die sowohl für die Aufführung von Barockmusik, als auch für die Musik der Romantik geeignet ist. Sie wurde mit 24 Registern und einem äußerst breiten Tonumfang versehen. Der am oberen Teil der Orgel auf Latein geschriebene Sinnspruch „Ars longa, vita brevis“ führt auf die Aphorismen des griechischen Arztes Hippokrates zurück und erinnert jeden darbietenden Organisten und Zuhörer als Memento mori an die Vergänglichkeit des Lebens und erfreulicherweise auch an die Beständigkeit der Kunst. 

Das Konzert kreiste um Kompositionen von Johann Sebastian Bach, seines Vorgängers, Dietrich Buxtehude, und nachkommender Komponisten, die Bach Tribut zollen. 
Zunächst spielte Eckart Schlandt „Magnificat primi toni“ (BuxWV 203) von Dietrich Buxtehude, gefolgt von „An Wasserflüssen Babylon“ (BWV 653) und „Herr Gott, nun schleuss den Himmel auf“ (BWV 617) von J.S. Bach. 

Sein Enkel, Felix Schlandt, bot eine reine Bach-Aufführung dar, bestehend aus dem Vorspiel zum Chorstück „Liebster Jesu, wir sind hier“, dem Bach-Arrangement für Orgel nach Antonio Vivaldis Konzert „Largo e spiccato“ (BWV 596), dem Prélude und der Fuge in e-Moll. Darauf kehrte Eckart Schlandt an die Tasten zurück mit dem Werk „Andante moderato“ des siebenbürgisch-sächsischen Komponisten Paul Richter, welche seine eigenartige moderne Klangwelt zum Ausdruck brachte.

Als Letzter, aber nicht zuletzt führte Steffen Schlandt Anton Bruckners Fuge in d-Moll (WAB 125), „In Paradisum“ von Théodore Dubois und die Symphonie zur Kantate 66 von Bach auf. Über letzteres Stück verriet der Organist, dass es Bach in Eile als Geburtstagsgeschenk für einen Freund komponiert hatte und darin Teile seines Osterliedes „Erfreut euch, ihr Herzen“ (BWV 66) zitierte. „Die aufsteigenden Klänge der Orgel deuten auf die Auferstehung Jesu an.“, erklärte er. Das Konzert klang bei stehenden Ovationen aus. 

Steffen Markus Schlandt ist Organist bei der Schwarzen Kirche und Leiter der beiden Bach-Chöre für Jugendliche und Erwachsene aus Kronstadt seit 20 Jahren, Koordinator des Festivals „Musica Barcensis“ und „Musica Coronensis“ und arbeitet mit dem örtlichen Musikgymnasium und der Musikfakultät eng zusammen. Er ist Alumnus der Musikhochschule in Klausenburg/Cluj-Napoca, in der Klasse von Prof. Ursula Philippi, und hat Orgelmusik außerdem während seines Doktor- und Postdoktorstudiums erforscht und vertieft. 

Sein Vater, Hans Eckart Schlandt, Absolvent des Musikkonservatoriums in Bukarest, hatte das Kantoren- und Organistenamt bei der Schwarzen Kirche für fast ein halbes Jahrhundert inne. Er hat die Leitung des Bach-Chores von seinem Vater, dem Pianisten Walter Schlandt, übernommen und selbst den Bach-Jugendchor gegründet. Beide Chöre hat er bis 2004 koordiniert, als er den Staffelstab an Steffen übergab.
Der jüngste von ihnen, Felix Schlandt, hat das Klavier- und Orgelspielen von seinem Großvater erlernt und öfters an der Buchholz-Orgel in der Schwarzen Kirche gespielt. Er ist Schüler des Nationalkollegs „Johannes Honterus“ in Kronstadt und mag in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten.

Die Veranstaltung stellt nicht nur das Können der auftretenden Künstler in den Vordergrund, sondern auch die Atmosphäre und Akustik jedes Gotteshauses oder Konzert-saals als zugängliche, einladende und sichere Räume für alle Mitglieder der örtlichen Gemeinschaft. 

Kinder und Jugendliche für Orgelmusik begeistern

Das Hauptziel des Festivals besteht darin, die breite Öffentlichkeit, insbesondere Kinder, Jugendliche und Studierende, mit der Orgelmusik vertrauter zu machen. Ein anderes wichtiges Ziel ist es, junge Musikerinnen und Musiker, die Orgel studieren, zu motivieren, gregorianische Musikwerke in ihr eigenes Repertoire aufzunehmen und sie zu ermutigen, Orgelmusik auch in anderen Konzerten zu spielen.

Das Bukarester Orgelfest ist ein integraler Bestandteil der Aktivitäten des Kulturvereins Enarmonia und zielt darauf ab, das Potenzial kultureller Aktivitäten zur Bildungsförderung und zur Schaffung einer soliden Orgelkultur zu nutzen. Durch zahlreiche Partnerschaften und die Beteiligung an damit verbundenen Kulturveranstaltungen stärkt Enarmonia die Beziehungen zu Kulturinstitutionen, Künstlern und Orgelmusikbegeisterten und trägt damit zur Vervielfältigung der Kulturlandschaft in Bukarest und Rumänien bei. Die Koordination des Festivals hat Eduard Antal, Organist der St.-Josephs-Kathedrale und am Festival teilnehmender Musiker, inne. 

Weitere Informationen können unter www.bucharestorganfest.ro aufgerufen werden.