Dreierlei Arbeitnehmer und ungewisse Perspektiven

Mechel Steel stellt rumänienweit bis Januar 2013 seine Produktion ein

Die Arbeitnehmer in Ferdinandsberg hoffen, dass das Stahlwerk Mechel im Januar den Betrieb wieder aufnimmt.

Als erster unter den fünf Produktionsstandorten des russischen Unternehmens Mechel Steel hat Mechel Târgovişte seine Tätigkeit „zeitweilig“ eingestellt, einen Tag darauf auch Ductil Steel Ferdinandsberg/Oţelu Roşu und um den 15. Dezember sollen auch Ductil Steel Buzău, Laminorul Brăila und Mechel Steel Câmpia Turzii dasselbe Schicksal erleiden. Einst-weilen sind nahezu alle Arbeitnehmer in eine „technisch bedingte Arbeitslosigkeit“ geschickt worden, das heißt, sie kriegen 75 Prozent ihres Lohns, wie im Arbeitsgesetzbuch vorgeschrieben. Aber all jene Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge zeitlich begrenzt waren, sind in den Urlaub geschickt worden und werden nach dem 1. Januar 2013 arbeitslos. Bezüglich Ductil Steel Ferdinandsberg waren erste Gerüchte über eine Schließung des Stahlwerks schon im September aufgetaucht. Daraufhin reagierte die Mechel-Vertretung für Rumänien mit einem Kommuniqué, das ankündigte, dass alle Produktionsstandorte von Mechel in Europa laut jüngstem Aufsichtsratsbeschluss aus Moskau verkauft werden sollen, weil der Konzern sich umorientiert von der Stahlproduktion und -rohverarbeitung auf Rohstoffausbeutung in Russland und Handel mit Rohstoffen, und deshalb Investitionsgelder brauche.

„Ungünstige Stahlkonjunktur“

Zu jenem Zeitpunkt standen die Mechel-Werke in Rumänien still, doch nahmen sie Ende Oktober ihre Tätigkeit wieder auf. Knapp sechs bis acht Wochen später stehen sie nun wieder still: „Angesichts der ungünstigen Konjunkturlage“, hieß es in einem Mechel-Kommuniqué vom 23. November, „und der schlechten Preise, welche Rohstahl-Erzeugnisse, aber auch Stahl-Halbzeug gegenwärtig auf dem europäischen Metallmarkt erzielen, nicht zuletzt auch angesichts der weltweit steigenden Preise für Rohstoffe und der geringen Nachfrage nach Halbzeug und metallurgischen Endprodukten wird zeitlich befristet die Produktion von Mechel Rumänien eingestellt. Der Einstellungsbeschluss der Produktion wurde gefasst, um die Produktionskosten zu verringern und das Angebot mit der Nachfrage auf dem Metallmarkt Europas zu harmonisieren. Zur Beschlussfassung trug auch bei, dass die Leistungspläne für 2012 vorzeitig erfüllt worden sind.“

Dass ein geringer Teil des Personals weiter in den Werken beschäftigt sein wird, begründet das Mechel-Kommuniqué folgen-dermaßen: „In der Zeitspanne der befristeten Einstellung der Produktion in den fünf rumänischen Werken werden alle nötigen Maßnahmen getroffen für die Instandhaltung und Betriebsfähigkeit der für die Produktion notwendigen Maschinen und Anlagen. Die Arbeitnehmer, die damit beschäftigt sind, beziehen ihren vollen Lohn. Die Lohnrechte der anderen Arbeitnehmer werden während der Produktionsunterbrechung im Einklang mit der geltenden Arbeitsgesetzgebung in den Ländern, wo unsere Standorte sind, ausgezahlt.“ Nicht zuletzt verkündet Mechel per Kommuniqué: „Sobald sich der Metallmarkt in Europa wieder normalisiert, wird sofort die Produktion an allen Standorten wieder aufgenommen.“

Konjunkturnormalisierung ab 8. Januar 2013?

Im Falle von Ductil Steel Ferdinandsberg schaut die Lage gegenwärtig folgen-dermaßen aus: Die 531 Arbeitnehmer teilen sich in drei Kategorien ein und warten über die Winterfeiertage auf die Wiederaufnahme der Produktion, die ihnen per Werksmitteilung für den 8. Januar 2013 angekündigt wurde. Allerdings: „Zusätzliche Informationen außerhalb und jenseits dieses Datums sind uns keine mitgeteilt worden“, vermerkt Gewerkschaftschef Victor Sabău, der die 490 Gewerkschaftsmitglieder von Ductil Steel Ferdinandsberg vertritt. „Fakt ist, dass alle 531 Arbeitnehmer sich in drei Kategorien aufteilen lassen: diejenigen, die in „technisch bedingter Arbeitslosigkeit sind und 75 Prozent ihres Grundlohns beziehen, diejenigen, die sich ihren Resturlaub genommen haben und das entsprechende Urlaubsgeld bekommen und 135 Arbeitnehmer (aus der Verwaltung, der Instandhaltung, der Lagerhaltung – denn Alteisen wird weiter gehortet), die bis zum 21. Dezember zur Arbeit kommen, als wäre nichts geschehen, und dann nur zwischen dem 22. Dezember 2012 und 8. Januar 2013 zu Hause bleiben. Fakt ist, dass Mechel in seinem Kommuniqué mit der Planerfüllung gar nicht so unrecht hat. Als wir am 22. Oktober die Produktion wieder aufgenommen haben, wussten wir von der Unternehmensleitung, dass noch 40.000 Tonnen Stahl zu produzieren sind. Am 22. November waren es schon 45.000 Tonnen. Mechel hat insofern ehrlich mit uns gespielt.“ Dieser Tage läuft der zeitlich begrenzte Arbeitsvertrag für 40 Arbeitnehmer von Ductil Steel Ferdinandsberg aus. Er wird nicht verlängert und die Leute werden ab dem 1. Januar 2013 arbeitslos. Die anderen 491 Arbeitnehmer haben zeitlich unbegrenzte Arbeitsverträge.

Belegschaft wird schrumpfen

Aber auch die sind nicht gegen Entlassungen gefeit. Anfang Dezember haben 30 unter ihnen den Entlassungsbrief bekommen. Für weitere sind die Entlassungsbriefe – vorläufig blanko – ausgedruckt. Sabău: „Wenn sich nicht schnell etwas zum Guten ändert, dann werden wir Ende Januar 2013 nur noch rund 430 Arbeitnehmer bei Ductil Ferdinandsberg sein.“ Der Bürgermeister von Ferdinandsberg, Luca Mălăiescu, ist etwas zuversichtlicher als Ductil-Gewerkschaftschef Sabău: „Die Unterbrechung der Produktion wirkt sich gerade jetzt, vor Weihnachten, schlimm aus auf die gesamte Gemeinschaft. Ich hatte jedoch Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch mit der 15-köpfigen Mechel-Delegation, die dieser Tage aus Moskau kam und auch in Ferdinandsberg weilte. Sie haben mir glaubhaft versichert, dass keine Rede davon sein kann, im Januar 2013 die Produktion nicht wieder aufzunehmen.

Mechel habe schließlich Vertragsverpflichtungen gegenüber langjährigen festen Abnehmern, die man nicht gern verlieren möchte. So lange Ductil Steel Schrott ankauft, so lange mache ich mir keine Sorgen um eine endgültige Einstellung der Stahlproduktion. Und Schrott wird auch am Jahresende und Anfang 2013 in Ferdinandsberg unterbrechungslos gehortet, also später dann auch zu Stahl geschmolzen. Trotzdem habe ich zwei Gründe zur Sorge: die Diebstähle an Buntmetallen und der Auslauf des Vertrags mit der Wachgesellschaft. Es gibt nämlich Indizien, dass bei den zwei größeren Diebstählen von Kupfer Komplizen aus dem Werk mitgemacht haben... Und wenn der Vertrag mit der Wachfirma nicht erneuert wird...“