Ein Qualitätssprung an der Hochschule

Weg mit dem schlechten Ruf aus den Hörsälen / Rumänien richtete zwölf „Elite“-Unis ein

UBB-Vizerektor und Leiter der deutschen Studienrichtungen Rudolf Gräf

UBB-Rektor Ioan Aurel Pop
Fotos: Werner Kremm

Das Modell der deutschen Exzellenz-Initiative mit den so genannten „Elite-Universitäten“ findet Nachahmer – zum Beispiel in Rumänien. Hier wurden zwölf solcher „Elite-Unis“ eingerichtet. Sie mussten sich einem umfangreichen Prüfverfahren unter EU-Beteiligung stellen und erhalten nun deutlich mehr Mittel für Forschung und Lehre. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, dürfen – den vorläufigen Plänen zufolge – zukünftig auch nur noch solche „Elite-Unis“ Doktortitel verleihen – und damit zeigt sich bei der rumänischen Ausgabe der Exzellenz-Initiative ein leicht anderer Hintergrund als in Deutschland: Denn vor allem an den kleinen rumänischen Hochschulen ist es immer noch gang und gäbe, statt für gute Prüfungsleistungen gegen ein sattes Schmiergeld Diplome und akademische Titel zu erhalten, was in der Vergangenheit ein eher schlechtes Licht auf das Hochschulsystem dieses Landes geworfen hat. Durch die Ausweisung der zwölf Elite-Unis will die rumänische Bildungspolitik gegensteuern. Wie genau, das soll hier am Beispiel der Babeş-Bolyai-Universität (UBB) in Klausenburg/Cluj-Napoca gezeigt werden.

„Ich würde gerne mit euch eine Wiederholung machen: Was haben wir denn zuletzt besprochen? – Am meisten haben wir über Krisen gesprochen: Krise der Moral, Krise(n) der Gesellschaft, Wirtschaftskrise, Ethik in der Krise ....“ Die sanfte Stimme des Seminarleiters erklingt in einem fensterlosen Raum im Keller eines Gebäudes mitten in der Altstadt von Klausenburg. Deutsch. „Facultatea de Studii Europene“ steht in großen Buchstaben auf der Fassade, Fakultät für Europawissenschaften. Dass auch in Deutsch unterrichtet wird, ist ein Grund mehr für das gute Ansehen der Babeş-Bolyai-Universität in aller Welt. Hineingeschaut habe ich bei einem ziemlich gut besuchten Seminar des jungen Philosophen Christian Schuster, dem der Ruf anhaftet, einer der Zukunftsprofessoren der UBB zu sein – gut besucht war sein Seminar, obwohl ich am „Deutschen Tag“ der „Klausenburger Tage/Zilele Clujului“ hereingeschneit bin und die Studentinnen, Studenten und Hochschullehrer den ganzen Tag über auch außerschulisch stark eingespannt waren, einschließlich mit deutschem Theaterstück am Abend und ...after-party.

Fortgeschrittene Forschung und moderne Lehre

„Nehmen wir das bekannte internationale Shanghai-Hochschul-Ranking: Da haben wir uns sehr dicht an die ersten 500 Top-Universitäten der Welt angenähert. Wenn wir uns anstrengen, schaffen wir es in den nächsten zwei-drei Jahren, in dieses Top-500-Ranking einzubrechen. Auf der erweiterten Liste werden wir bereits geführt. Wir werden international sichtbar.“ Mit dem Vorstoß in den „Club 500“ wäre Klausenburg die erste Uni Rumäniens, die den Einzug in diesen exklusiven Club schafft, weiß Rektor Professor Dr. Ioan Aurel Pop. Der Einzug in den Kreis der zwölf besten rumänischen Universitäten war für seine Hochschule dagegen eher die leichtere Übung. Sie erhielt vom rumänischen Bildungsministerium das Siegel „Cercetare avansată“, für „fortgeschrittene Forschung“, und „Învăţământ-predare avansată“, das steht in etwa für „moderne Lehre.“ 

„Man könnte die Evaluierungsvorgänge des vergangenen Jahres schon mit Ihrer deutschen Exzellenzinitaitive vergleichen. Aus der großen Anzahl der staatlichen und privaten Universitäten Rumäniens wurden diese zwölf ausgewählt, aufgrund von Evaluierungen, die sowohl national als auch international, über die EU, gelaufen sind“, erklärt Professor Dr. Rudolf Gräf, der es als rumäniendeutscher Historiker bis in die höchste Führungsebene der Uni Klausenburg geschafft hat. „Die zwölf rumänischen Elite-Hochschulen sind nun in mehrfacher Hinsicht privilegiert: Sie erhalten – so zumindest die ursprüngliche Zusage – höhere staatliche Zuweisungen für Forschung und Lehre.“ Das ist aber nur ein Punkt. „Diese Universitäten haben das Promotionsrecht. Die anderen haben dieses generelle Promotionsrecht nicht oder nur teilweise oder beschränkt auf gewisse Bereiche, wo sie auch als exzellent eingestuft wurden.“

Gütesiegel erhöht Diplomwert

Das wiederum ist ein großer Schritt nach vorne: Denn mit ein bisschen Bakschisch und Kompromissen (etwa den Professor an eigenen Studien teilhaben zu lassen, indem man ihn als Ersten in Veröffentlichungen unterzeichnet) war es bislang vor allem an kleineren Unis ohne Weiteres möglich, bei der Verleihung eines Doktortitels ein wenig nachzuschupsen. Doch genau solche Dinge brachten das rumänische Bildungssystem immer mehr in Misskredit. Bei der Evaluierung aller Universitäten achteten die Prüfer genau darauf, ob auch dort solche Fälle aktenkundig sind. Ungeklärte Bestechungsvorwürfe wären mit der Verleihung der Gütesiegel unvereinbar gewesen. Deshalb dürften in Zukunft auch die regulären Abschlüsse der rumänischen Elite-Unis mehr wert sein als die Diplome der anderen Hochschulen.

Beatrice Benedek und Szidonia Bányai studieren an der Babeş-Bolyai-Universität Europawissenschaften. Auf Deutsch. „Wenn auf dem Diplom steht: ‘Babeş-Bolyai’, dann hat man in der Zukunft wirklich gute Chancen, einen guten Job zu bekommen“, meint Beatrice. „Es ist mir wichtig, dass ich eine sehr gute Hochschule beenden kann, und zwar in Rumänien, nicht irgendwo im Ausland, beispielsweise in Deutschland oder in Österreich“, fügt Szidonia hinzu.

Maßgeblich für die Verleihung der Elite-Gütesiegel an die zwölf rumänischen Unis waren auch deren Verbindungen zu ausländischen Hochschulen: Die Uni Klausenburg unterhält Verbindungen zu gut einem Dutzend deutschen Unis. Dabei werden auch so genannte Doppel-Diplome angeboten: Wer in Klausenburg studiert und einige Gastsemester in Deutschland verbringt, bekommt sowohl den rumänischen als auch den deutschen Abschluss. Das findet Mark Adrian Törek, Vorsitzender der deutschsprachigen Studierendenvereinigung „Gutenberg“ und seit Kurzem Studentenpräfekt der UBB, besonders wichtig: „Es gibt die Stipendien des DAAD und des ÖAD, wo man auch international agieren kann. Das hilft den Studenten, sich weiterzuentwickeln und neue Perspektiven zu erkennen. Nur wer aktiv über den eigenen Zaun schaut, kommt wirklich weiter.“

Stolperstein Zentralisierungswahn

Doch aus Sicht vieler Bildungsexperten vor Ort kann die Ausweisung der zwölf Elite-Universitäten nur ein erster Schritt in Richtung Verbesserung des rumänischen Hochschulsystems sein. Nach wie vor liegt an den kleinen Unis noch vieles im Argen. Nach wie vor gibt’s dort gegen Bares gute Noten. Gerade war in Craiova ein Prodekan wegen Annahme von 350 Euro Schmiergeld von der Antikorruptionsbehörde hoppgenommen worden. Vor allem kleinere private Unis gelten oft als „Diplom-Fabriken“. Hier besteht dringend Handlungsbedarf.

Daneben wäre nach Ansicht von Vizerektor Rudolf Gräf auch mehr Autonomie für die rumänischen Unis wünschenswert, wenn die Hochschulreform konsequent fortgesetzt wird: „Die Autonomie ist eingeschränkt in dem Sinne, dass wir ein sehr zentrales System haben. Zum Beispiel die Ernennung der Professoren: Die Universität ernennt einen Professor. Dieser muss in Bukarest von einer Kommission des Bildungsministeriums bestätigt werden. Danach kommt eine nationale Kommission. Danach erst ernennt ihn der Minister mit seiner Unterschrift. Ein anderes Beispiel ist die Verleihung eines Doktortitels. Ein Doktorand verteidigt seine Thesen. Die Kommission ist gebildet aus Fachleuten aus diesem speziellen Bereich. Aber den Titel bekommt er erst, wenn die Arbeit und die ganzen Aktenberge nach Bukarest geschickt werden. Und dann wird alles nochmals von einer anderen Kommission angesehen, die nicht aus solchen Spezialisten gebildet wird wie diejenigen, die die Arbeit ursprünglich beurteilt haben, aber trotzdem das Recht haben, reinzureden. Und sich auch dagegen auszusprechen, obwohl mit Sicherheit einige die Arbeit kaum kennen.“

Es gibt also noch einiges zu tun im rumänischen Hochschulsystem – trotz und nach der Ausweisung der zwölf Elite-Unis, deren Status übrigens durch Nachevaluierungen periodisch bestätigt werden muss. An der UBB gibt es ebenfalls noch einiges zu tun. Rektor Ioan Aurel Pop und seine ehrgeizigen Ziele: „Ich wünsche mir mindestens zehn Nobelpreisträger von unserer Uni. Daneben 30 Publikationen, die auf Weltebene von großer Bedeutung sind – und nicht zuletzt eine Internationalisierung der Studierenden: Wir müssen so gut werden, dass Studierende aus aller Welt zu uns kommen, um an der UBB als ihrer Traumuni zu studieren.“