Geld ist (fast) überhaupt kein Grund, Premierminister Rumäniens zu werden

Wohlbezahltes Gerichts- und Gendarmeriepersonal

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Der Premierminister Rumäniens, Emil Boc, hatte 2010, für welches seine letzte Einkommenserklärung gilt, ein (Netto-)Jahreseinkommen von 65.074 Lei, was einem Netto-Monatslohn von 5423 Lei entspricht. Dem gegenüber – und gemessen an seiner Verantwortung sowie dem Grad seiner öffentlichen Exponierung, vor allem in den Wochen der Dauerdemonstrationen, wo sich die Wut des Volkes lautstark auch gegen ihn richtete – gibt es in diesem Land Staatsangestellte, die unvergleichlich mehr verdienen. Und denen in keinem Augenblick die Löhne gekürzt wurden, mit der Begründung, dass gespart werden muss, um die Wirtschafts- und Finanzkrise in den Griff zu bekommen.

Zudem sind sie als Respektspersonen fast gar nicht exponiert.
Der Durchschnittslohn der Präsidenten der Kreisgerichte Rumäniens liegt beispielsweise bei 9238 Lei. Als während der Regierung Călin Popescu-Tăriceanu die Löhne der Gerichtsangestellten unverhältnismäßig stark angehoben wurden, hieß es in der öffentlichen Argumentation, dass man sie dadurch quasi immun machen wolle (und müsse) gegen Korrumpierbarkeit – dass man also durch hohe Löhne die Gerichtsbarkeit gerechter und unabhängiger gestalten wolle. Laufende Skandalberichte über hohe Gerichtsbeamte – die noch höhere Löhne als die Gerichtspräsidenten in der „Provinz“ einstreichen – widersprechen dem frappierend.

Armer Premier Boc

Präsidenten rumänischer Kreisgerichte haben laut ihrer eigenen Einkommenserklärung Monatslöhne zwischen 5800 und knapp 14000 Lei. Allerdings: Die Vermögenserklärung muss öffentlich sein, wird aber von vielen Gerichtspräsidenten nicht aktualisiert. Manche haben seit 2009 keine der gesetzlich strikt vorgeschriebenen Aktualisierungen vorgenommen – schließlich vertreten sie ja das Gesetz, fühlen sich selber dem Gesetz gegenüber aber wohl immun! Keiner von ihnen hat einen so geringen Lohn wie der Jurist Emil Boc, der Chef des Justizministers (der selber weniger verdient als die meisten seiner Untergebenen, die die Gerichtsbarkeit in Rumänien ausüben).

Den höchsten Monatslohn unter den 41 Präsidenten der Kreisgerichte Rumäniens kassiert Marcel-Ioan Rusu, der Präsident des Kreisgerichts von Hermannstadt: 13.916 Lei netto im Monat. Das sind nahezu zehn Durchschnittslöhne (des vergangenen Jahres) oder 20 der staatlich garantierten Mindestlöhne. Vasile Moraru, der Vorsteher des Kreisgerichts von Călăraşi, dem schwach bevölkerten Bărăgan-Verwaltungskreis südöstlich von Bukarest, liegt an zweiter Stelle der Top-Verdiener unter den Gerichtspräsidenten: Er gab einen Netto-Monatslohn von 13.450 Lei an. An dritter Stelle einer Rangliste der Top-Verdiener unter den Gerichtspräsidenten liegt Petre Dinescu, Präsident des Kreisgerichts Vâlcea, der ein Netto-Monatseinkommen von 13.125 Lei angibt.

Fehlende oder verwirrende Eintragungen

Die Liste der Kreisgerichtspräsidenten kann leider nicht bis ins Detail eingesehen werden, weil diese einerseits die gesetzliche Pflicht der Veröffentlichung ihrer Vermögens- und Einkommenserklärungen nicht alle gleichermaßen ernst nehmen – bleibt die offene Frage, wer sie dafür zur Verantwortung zieht! – aber auch weil manche unter ihnen (anscheinend mit voller Absicht) verwirrend reagieren. Alina-Nicoleta Mioc, Kreisgerichtspräsidentin von Kronstadt, Nicolae Marian (Bistritz-Nassod/Bistriţa Năsăud) und Daniel-Iulian Tiliciu (Hunedoara) haben beispielsweise ihren Monatslohn mit den Lohn-Nachzahlungen vergangener Jahre (die in Prozessen gegen den Staat vor den von ihnen geleiteten Gerichten erstrittenen Nachzahlungen kamen in Monatsraten) zusammengezählt und als Netto-Monatseinkommen eingetragen, was es unmöglich macht, im Eintrag ihren aktuellen Monatslohn zu erkennen.

Oder: Die im Laufe des Jahres 2011 ernannten neuen Gerichtspräsidenten von Jassy/Iaşi (Narcis-Violin Stoica, ernannt am 15. Juli 2011) und Vrancea (Costică Diţă, ernannt im April 2011) haben ihre Vermögenserklärung noch (!?) nicht aktualisiert. Andrerseits gab es zum Zeitpunkt unserer Dokumentation von den Präsidenten der Kreisgerichte Bacău und Dolj überhaupt keine Vermögenserklärungen im Netz. Diese Gerichtspräsidenten stehen wohl über einer solchen Kleinigkeit wie eine für alle Normalbürger in Staatsämtern geltende Gesetzespflicht.

Gut verdienende Chefs der Gendarmerie

Vergleichbar gut verdienen die Chefinspektoren der in den vergangenen Demonstrationswochen für ihre zahlreichen Übergriffe und Gesetzesbeugungen zurecht viel gescholtenen Gendarmerie. 15 unter ihnen verdienen mehr als der Premierminister. Das höchste Netto-Monatseinkommen unter den Chefinspektoren der Gendarmerie der Verwaltungskreise Rumäniens streicht Marian Ureche aus Konstanza ein: 7103 Lei monatlich. Netto. Ihm folgen im Top der bestverdienenden Gendarmerie-Chefinspektoren jene von Dolj (Constantin Florea, 6501 Lei), Galatz (Mircea Olaru, 6191 Lei), Klausenburg (Aurel Litan, 6023 Lei) und Hunedoara (Viorel Salan, 5975 Lei).

Mehr als der Premierminister verdienen auch die Gendarmerie-Chefinspektoren der Verwaltungskreise Mehedin]i, Covasna, Ialomi]a, Karasch-Severin (Oberstleutnant Sorin Axenti verdient mit monatlich 5670 Lei netto sogar mehr als der Kreisratspräsident Sorin Frunzăverde, der allerdings mit einer Bankenrücklage von deklarierten 22.771 Euro mehr auf der hohen Kante hat), Ilfov, Marmarosch/Maramureş, Bukarest, Sutschawa/Suceava, Buzău und Bihor (Ion Huluban verdient monatlich knapp mehr als Emil Boc: netto 5429 Lei).

Den geringsten Netto-Monatslohn hat Major Dan Iamandi, Chefinspektor der Gendarmerie des Verwaltungskreises Harghita, mit 2887 Lei netto, doch schon der Vorletzte der Rangliste, Vasile Enache aus Bacău, kassiert monatlich 4059 Lei netto. Aber die 25 Gendarmerie-Chefinspektoren, die zwischen 5308 Lei (Eugen Pop aus Kronstadt) und 4059 Lei (Vasile Enache aus Bacău) verdienen, haben praktisch durch die Bank (es gibt nur drei Ausnahmen unter den 41 Ober-Schulinspektoren) höhere Netto-Monatslöhne als die Chefinspektoren der Schulämter oder der Leiter der Umweltschutzämter.

Die Gendarmerie wird also in diesem Land unvergleichlich besser bezahlt als Bildungsvermittler oder Förderer einer nachhaltigen Entwicklung. Eigentlich sagt das sehr viel aus über die Staatsphilosophie des EU-Mitglieds Rumänien.