„Ich will schon von allem ein bisschen“

Gespräch mit dem musikalischen Multitalent Christiana Uikiza

Christiana Uikiza trat im Herbst auf dem Temeswarer Freiheitsplatz zu den Tagen der Deutschen Kultur, dem ersten „German Fest“ auf. Fotos: Liviu Cotoi

Sie war eine der Hauptattraktionen bei der ersten Auflage der Banater Deutschen Kulturtage in Temeswar: Die Jazz-Sängerin Christiana Uikiza kam zwar aus Wien mit österreichischen Kollegen zum Auftritt, allerdings stammt sie aus dem Banat. Sie ist in ihrer Karriere von Land zu Land gezogen, um immer neue musikalische Ausdrucksmöglichkeiten zu finden und wandert auch musikalisch von Pop, Soul und Folk zu Blues und Jazz. Uikiza hat ihre Stimme zu einem Instrument entwickelt, mit dem sie über sieben Oktaven bedient. Sie singt in 15 Sprachen und kann sechs davon fließend sprechen. Ihr Debütalbum „This Time It’s Different“ ist im April 2008 erschienen, 2011 kam „Haide, Haide, Hai!“ und „How to get” 2012. ADZ-Redakteurin Astrid Weisz wollte mehr über die Frau erfahren, die im kommenden Jahr zum 7. Mal beim Wiener Opernball auftritt.

Wie kommt man aus Österreich nach Temeswar, um Jazz zu singen?
Dass ich bei der ersten Edition des „German Fest“ dabei bin, ist mir wirklich eine Ehre. Und ich freue mich, dass wir auch über zukünftige Zusammenarbeit gesprochen haben. Eine der Veranstalterinnen kennt mich schon, seitdem ich 14 war, aus dem Internat vom Pädagogischen Lyzeum, Edda Kurz. Und da habe ich etliche Generationen mit meiner Gitarre in den Schlaf gesungen, wenn dann das Licht in unseren Schlafzimmern aus war, habe ich einfach die Kids mit schöner Soul-Musik, damals waren Mariah Carey und Whitney Houston sehr, sehr in, begeistert. Und so sind sie mit meiner Stimme und mit der Gitarre im Dunkeln schlafen gegangen.

Wer hat Sie nach Temeswar zu Ihrem Auftritt begleitet?
Am Klavier war Gerald Schuller, einer der bekanntesten und besten Pianisten in Österreich und er war auch ein paar Jahre lang Dekan der Musikuni in Wien. Und am Kontrabass war Harald Putz, der auch Professor an der Uni ist. Ich habe immer für jedes Instrument so Top-3-Leute, also so einen Pool, aus dem ich mich je nach Bedarf, Kontext und Repertoire bediene.

Sie stammen aus dem Banater Bergland. Gibt es für Sie noch Freundschafts- oder familiäre Beziehungen nach Rumänien?
Meine Eltern sind vor fast 30 Jahren nach Kroatien gezogen. Wenn ich nach Hause fahre, fahre ich einmal im Monat nach Kroatien, um sie zu besuchen. Mein Bruder ist Arzt, lebt schon seit sieben Jahren in der Schweiz und ich habe ihn im Sommer besucht. In Rumänien habe ich sehr viele Freunde und Schulkollegen, aber weniger enge Beziehungen mit der Verwandtschaft. Die meisten sind schon weg, irgendwo wieder in der Weltgeschichte.

Wann haben Sie zur Musik gefunden?
Meine Mutter behauptet, ich habe gesungen, bevor ich gesprochen habe, also sprechen konnte. Und für jeden Besucher hatte ich zu Hause eine gewisse, eigene Melodie. Ich habe sie so begrüßt, bevor ich die ersten Worte sprechen konnte. Wenn man unterstützende Eltern hat, kommt es natürlich, dass man dann in die Musikschule geht und dass man schon im Kindergarten in diese Richtung gefördert wird. Und sie waren - Gott sei Dank! - sehr kooperativ und so hat es angefangen: Ich habe schon mit sechs angefangen, Klavier und Geige zu studieren, und ich habe acht Jahre lang mit meiner Geigenlehrerin in Reschitza in der Musikschule studiert. Und dann hier in Temeswar weitergemacht. Ich habe mir selbst Gitarre beigebracht und ich hatte eine fantastische Musiklehrerin, die Frau Moga Lucia, die mich extrem unterstützt hat und zu allen möglichen Wettbewerben und Media-Auftritten geschickt hat, vom Radio, Fernsehen, der Presse und so weiter. Ich habe in der Art der Folk-Musik gespielt, in Richtung Cenaclul Flac²ra und Whitney Houston, also eine Kombi, auch eigene Nummern. Ich habe Texte von Lucian Blaga genommen und Musik dazu komponiert. Darauf war mein Klassenlehrer bzw. der Rumänischlehrer, Ruja Alexandru, extrem stolz, denn ich konnte dann auch sein Fach präsentieren. So habe ich einfach weitergemacht und statt dass ich dann in der Bildung geblieben wäre, habe ich entschieden, später nach dem Päda eine Musikkarriere aufzubauen.

Aber trotz der vielversprechenden Anfänge hier startete Ihre Karriere nicht in Rumänien – sondern?
Nach einem Tag Arbeit in der Schule als Lehrerin bin ich nach Hause gekommen und habe meinen Eltern mitgeteilt: „Meine Karriere in der Bildung ist aus, ich mache jetzt Musik!“ Drei Tage darauf war ich in Wien, wo mein Onkel gelebt hat. Danach habe in Zagreb studiert und seit 2005 bin ich wieder in Wien.

Haben Sie in Zagreb studiert, weil Sie kroatische Wurzeln haben?
Genau, wir gehören zur kroatischen Minderheit im Kreis Caraș-Severin, da gibt es eine kroatische Enklave und ich bin einer von diesen 7000 Kroaten, die dort leben. Also von den Kraschowenen, wie man sie hierzulande nennt.

Wohin hat Sie dann Ihre Karriere gebracht?
Ich habe in Zagreb Publizistik studiert und parallel bzw. hauptberuflich und hauptsächlich Musik gemacht. Mein Studium war fast nebenbei. Es ist super gut gelaufen und ich hatte eine Band. Ich habe in Zagreb eine der Hauptrollen im Musical „Hair“ gehabt. Dann war ich in einer Talentshow und habe auch ein paar Singles herausgebracht. Eine davon wurde sogar Nummer 1 in Kroatien. Später habe ich entschieden, dass ich auch in Wien an meine musikalischen Kontakte wieder anknüpfe und so bin ich wieder nach Wien gezogen.

Sie singen im nächsten Jahr zum siebten Mal beim Opernball in Wien. Wie sind Sie dazu gekommen und welche Musik singen Sie da?
Ja, ich war praktisch jedes Jahr seit 2017 dabei. Nur zwei Jahre war Pause in der Pandemie. Es ist immer so, dass ich wusste, egal wo ich hinkomme, mit meiner Gitarre oder selbst ohne, mit einer Band oder mit einem Musiker, dass sich die Türen öffnen. Man weiß nie, wer dich irgendwo hört und dass du im Gedächtnis von jemandem bleibst und irgendwann nach Jahren denkt sie oder er an dich und engagiert dich für einen Kontext. Eine Musikerkollegin von mir, die Saxophon spielt, Maria Großbauer, wir haben uns bei einem Event kennengelernt, bei dem wir gespielt haben, ist acht, neun Jahre später die Opernball-Veranstalterin geworden, obwohl sie recht jung ist. Und sie war parallel eine Repräsentantin im Parlament, eine Wahnsinnsfrau, mit einer fantastischen Karriere. Die hat mich einfach für den Openball engagiert. Vier Jahre lang, solange sie die Veranstalterin war, war ich dabei. Und danach sind andere Veranstalter gekommen, die mich auch kannten, und ich bin mit einer anderen Besetzung weiterhin geblieben.
Die Musik, die ich singe, das sind meistens Jazz und französische Chansons. Aber letztes Jahr hatte ich auch ein Programm mit Liedern von Piaf, Marlene Dietrich und Hildegard Knef. Das war extrem spannend und für mich auch eine neue Herausforderung, weil ich meistens nicht auf Deutsch singe. Das Letzte, was ich davor auf Deutsch gesungen hatte, war das „Ave Maria“ von Schubert in der Kirche in Reschitza, weil ich dort im Chor sehr aktiv war. Aber das Programm letztes Jahr hat mir extrem gefallen, weil die Musik aus dieser Ära so cool ist. Und ich konnte mich auch optisch super inszenieren und ich habe es extrem genossen. Das war ein Traum.

Sie singen in 15 Sprachen. Wieso? Warum reicht Englisch oder Französisch nicht aus?
Die meiste Zeit singe ich auf Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, manchmal Kroatisch, manchmal Rumänisch, aber es ist so, dass sich nach einer gewissen Zeit Sprachen angesammelt haben. Ich habe eine Affinität für Sprachen, seitdem ich klein war und das haben meine Eltern schon sehr früh entdeckt. Ich hatte privat Deutschstunden zu Hause. Irgendwie hat es sich so ergeben, dass jemand gefragt hat irgendwo bei einem Event, ja, könntest du die Nummer in Arabisch singen oder die auf Hebräisch oder die in Portugiesisch? Oder es gab Genres, die mich extrem inspiriert haben, dann war das aus eigener Initiative, Fado zum Beispiel auf Portugiesisch. Und in Bosnien gibt es eine ähnliche Form der Liebeslieder, die heißen Sevdah. Selbstverständlich habe ich dann auch Sevdah auf Bosnisch gelernt, weil das stilistisch sehr treu zum Genre ist und linguistisch natürlich auch. Ich habe ein Interessensspektrum, das sehr viele Sachen abdeckt. Aber ich will mich nicht limitiert fühlen und ich will schon von allem ein bisschen. Und das kombiniere ich meistens.

Wie oft treten Sie im Jahr, im Monat, in der Woche auf?
Keine Ahnung, das ist nie regelmäßig. Es gibt Monate, wo ich ein paar Mal die Woche auftrete und dann gibt es Monate, wo es zwei Auftritte gibt oder so. Also es variiert extrem. Jetzt im Herbst kommen immer mehr dazu. Und bis Februar bin ich jetzt wieder super busy. Aber man muss flexibel im Kopf sein und sehr stabil emotional, damit man nicht in Panik gerät, wenn es eventuell weniger zu tun gibt.

Und wo bestreiten Sie Ihre Konzerte?
Das nächste Konzert ist in Vorarlberg bei einem Kulturevent, dann beim Tag der offenen Tür in einem neu renovierten Theater in der Wiener Neustadt, zwei Tage hintereinander. Dann habe ich ein eigenständiges Konzert in Wien. In der kroatischen Botschaft habe ich ein Weihnachtskonzert, singe im Volkstheater in Wien im Jänner, beim UNO-City-Ball bin ich bei der Eröffnung dabei, dann der Opernball und so weiter.

Wie eng sind Ihre Beziehungen zu Rumänien? Wie oft treten Sie hierzulande auf?
Also, die letzten Monate sind irgendwie die totale Ausnahme: Vor einem Jahr habe ich innerhalb von diesem Kulturhauptstadt-Programm im Dorfmuseum gesungen und genau mit derselben Besetzung bin ich auch jetzt aufgetreten. Zu Neujahr habe ich drei Neujahrskonzerte in Hermannstadt/Sibiu mit der Philharmonie gesungen. Und jetzt zum dritten Mal. Das ist echt ein sehr schöner Trend, der mir sehr gut gefällt. Ich würde noch viel öfters in Rumänien auftreten, weil ich das rumänische Publikum liebe. Die sind so empfänglich, sie lieben Musik.

Danke für Ihre Offenheit und das Gespräch!