Richard Nikolaus Eijiro Graf von Coudenhove-Kalergi (1894-1972), Sohn des 16 Sprachen beherrschenden k.u.k. Diplomaten Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi und der Japanerin Mitsuko Aoyama, ein Weltbürger durch Geist und Geburt (aus böhmischem Adelshaus, das seinerseits Wurzeln in Flandern hat, mit polnischem, norwegischem, baltischem, französischem und deutschem Einschlag einerseits, andererseits mit byzantinischen Vorfahren, die bis auf die Kaiserdynastie der Phokas zurückgehen, aber auch was von der venezianische Aristokratie haben, mit Japanischem veredelt) hat mit seinem Manifest „Pan-Europa“ die Zwischenkriegszeit mitgeprägt. Seinerzeit hieß es, „die Coudenhoves“ als Familie seien „eine pan-europäische Organisation an sich“ (Whittaker Chamers).
Der Vordenker des europäischen Föderalismus schrieb vor über hundert Jahren (1922/23), dass für Europa nach dem ersten Weltkrieg als Alternative nur „Integration oder Kollaps“ gelte. Und er warnte schon 1922 vor dem nächsten Krieg, wenn die Alternative „Integration“ ausfällt. Mehr noch, prophetisch schrieb er: „Europa, das nahezu vollkommen sein Selbstvertrauen verloren hat, erwartet Hilfe von außen. Manche von Russland, andere von Amerika. Beide Hoffnungen sind gleichermaßen eine tödliche Bedrohung für Europa. Weder der Westen, noch der Osten wollen Europa retten. Russland möchte Europa erobern, Amerika möchte Europa kaufen. Zwischen der Skylla einer russischen Militärdiktatur und der Charybdis einer amerikanischen Finanzdiktatur gibt es nur einen schmalen Pfad in Richtung einer besseren Zukunft. Diese Zukunft heißt Pan-Europa und sie bedeutet, dass Europa, durch seine Vereinigung, sich selbst helfen muss, indem es, zu diesem Zweck, eine politisch-militärische Einheit bildet.“
Graf Richard von Coudenhove-Kalergi hat das am 15. November 1922 in der Berliner „Vossischen Zeitung“ veröffentlicht… Zwei Tage später übernahm es auch die Wiener „Neue Freie Presse“. 1923 warnte der Graf dann vor dem „künftigen Krieg“ und dessen Folge: die Zweiteilung Europas mittels „künstlicher Frontlinie“, zwischen einer „sowjetischen Kolonie“ und „einem amerikanischen Protektorat“.
Vermerkt sei, dass zu den Anhängern von Coudenhove-Kalergis „Pan-Europa“ Paul Claudel, Paul Valéry, Heinrich und Thomas Mann, Stefan Zweig, Gerhart Hauptmann, Rainer Maria Rilke, Franz Werfel, Arthur Schnitzler, Sigmund Freud, Albert Einstein, die Philosophen Ortega y Gasset und Salvador de Madariaga, Richard Strauss, Konrad Adenauer, der junge Bürgermeister von Köln, und der Wiener Student Bruno Kreisky, österreichischer Bundeskanzler in spre, gehörten.
Leider sind obige Aussagen auch der schlagende Beweis, dass die Menschheit weder aus Worten und Wahrheiten, noch aus ihrer eigenen Leidensgeschichte zu lernen bereit ist. Schon unter den zeitgenössischen Politikern schwankte die Reaktion auf die Überlegungen Coudenhove-Kalergis zwischen ironischem Desinteresse, Schulterzucken und Ignoranz.
Vielleicht sollte der von Trump losgetretene Existenzschock der Welt – gegen den manche verzweifelt anzurennen versuchen: Macron, von der Leyen, Starmer und (nicht sehr viele) andere – auch durchs Prisma dieser Lernresistenz betrachtet werden. Denn für die Löchrigkeit des Schutzschirms, unter dem sich EU-Europa wähnte, war man beflissentlich blind – tat also auch nichts fürs Aufbauen eines eigenen Schutzschirms. So kommt nur zähflüssig in der europäischen Politikergehirnen an, dass die Ukraine, von den USA in Stich gelassen oder aufs Schäbigste banditesk erpresst, in höchstens drei Jahren kapitulieren könnte/müsste – und was dann? Mit Russland an den Grenzen von Polen, des Baltikums und Rumäniens – wer glaubt dann noch, dass Putin Russlands Vormarsch abbläst?
Dann ist Couldenhives „Kollaps“ da.
„Integration“ wäre die Lösung, wirtschaftlich, technisch, militärisch, politisch.