Interkultureller Schülerdialog ging in die nächste Runde

Jugendliche aus Sathmar und Schwäbisch Gmünd nahmen Fake News unter die Lupe

Mit den digitalen Recherchewerkzeugen wurden in der Gruppenarbeit Bilder verifiziert. | Fotos: Iulia Hölzli

In Sathmar verfolgten die Schülerinnen und Schüler den Input der Referentin auf mehreren Bildschirmen (rechts).

Die Jugendlichen untersuchten auch dieses, auf dem Kurznachrichtendienst X veröffentlichte Bild, das vermeintlich den russischen und amerikanischen Präsidenten zeigt. | Quelle: X, VirginiaSanroma

Der Schülerdialog zwischen dem Ostalbkreis in Deutschland und dem Kreis Sathmar/Satu Mare in Rumänien ist ein bedeutendes Projekt zur Förderung des interkulturellen Austauschs und der europäischen Integration. Seit 2021 organisieren das Parler-Gymnasium in Schwäbisch Gmünd und das Deutsche Theoretische Lyzeum „Johann Ettinger“ in Sathmar regelmäßige (Online-)Dialoge für Schülerinnen und Schüler beider Schulen. Diese Treffen bieten eine Plattform, um über europäische Themen wie Umweltschutzpolitik, Demokratiebildung und Medienkompetenz zu diskutieren. Ziel ist es, den Horizont der Teilnehmenden zu erweitern und das gegenseitige Verständnis zu fördern.

Am 11. Februar nahmen insgesamt 26 Schülerinnen und Schüler der Klasse 9c des „Ettinger“-Lyzeums sowie 28 Jugendliche der Klassenstufe 10 des Parler-Gymnasiums an der Fortsetzung des Online-Schülerdialogs der beiden Partnerschulen teil. Zentrales Thema des Treffens war diesmal die Stärkung der Medienkompetenz. Hierbei sollten sich die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler mit Falschmeldungen, sogenannten „Fake News“ beschäftigen. Gerade im aktuellen Wahlkampfumfeld sind leider auch Falschmeldungen allgegenwärtig. Daher ist es umso wichtiger, gerade junge Menschen für dieses Thema besonders zu sensibilisieren und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um diese Falschmeldungen zu überprüfen und zu entlarven. Die Sathmarer Schülerinnen und Schüler wurden von den Lehrerinnen Iulia Hölzli und Odetta Toth betreut.

„Lie Detectors“ für Resilienz gegen Desinformation

Der Input und das Know-how für den Workshop kam diesmal von Frau Julia Kuttner. Die freie Journalistin blickt nicht nur auf eine jahrelange Erfahrung im Journalismus zurück, sondern ist u. a. auch für die gemeinnützige Organisation „Lie Detectors“ tätig.  Kuttner führte die Schülerinnen und Schüler zunächst in das Themenfeld Falschmeldungen ein. Zudem gab sie den Teilnehmenden einen Einblick in die Arbeitsweise und Informationsbeschaffung von Journalistinnen und Journalisten. Es wurde zudem auch die Lage im Hinblick auf Fake News in Deutschland und Rumänien erörtert. Während der praktischen Phase waren die Jugendlichen in der Gruppenarbeit aufgefordert, sich mit Beispielen von Falschmeldungen zu beschäftigen. Darüber hinaus erarbeiteten sie auch eigene Texte.

„Lie Detectors“ ist eine gemeinnützige Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 15 Jahren in Europa zu befähigen, manipulative Informationen und Desinformationen in digitalen Medien zu erkennen und kritisch zu hinterfragen. Durch für „Lie Detectors“ tätige professionelle Journalistinnen und Journalisten werden interaktive Unterrichtseinheiten gestaltet, die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, zwischen Fakten, Meinungen und Falschinformationen zu unterscheiden.

Die Organisation rekrutiert und schult Journalistinnen und Journalisten, die anschließend ehrenamtlich 90-minütige Workshops in Form sogenannter „Klassenbesuche“ in Schulen durchführen. Diese Workshops bieten einen Überblick über verschiedene Arten von Falschmeldungen, vermitteln Methoden zur Überprüfung von Informationen und beleuchten die politischen Hintergründe des Phänomens „Fake News“. Außerdem wird erklärt, wie seriöser Journalismus funktioniert und sich von tendenziöser Meinungsmache unterscheidet. Ziel ist es, das kritische Denken der Schülerinnen und Schüler zu fördern und sie zu ermutigen, informierte Entscheidungen zu treffen.

„Lie Detectors“ ist politisch neutral und unabhängig und erhält keine finanziellen Mittel von Unternehmen oder Internetplattformen. Die Organisation arbeitet derzeit mit rund 300 Journalistinnen und Journalisten in Belgien, Deutschland, Luxemburg, Österreich, Polen und der Schweiz zusammen und plant, ihre Aktivitäten auf weitere Länder auszudehnen. Außerdem bietet „Lie Detectors“ Workshops für Lehrkräfte an. Die Organisation ist europaweit mit Schulen und Medienkompetenzinitiativen vernetzt, um den Austausch bewährter Praktiken zu fördern und die systematische Integration von Nachrichtenkompetenz in Lehrpläne zu unterstützen.

Wie entlarvt man Falschmeldungen anhand von Bildern?

Über Jahrzehnte galt die Fotografie als ultimative Darstellung der Wirklichkeit. Kaum ein anderes Medium gilt bis heute so authentisch. Durch fortschreitende Technologien wie Bildbearbeitungsprogramme und künstliche Intelligenz können diese Wahrnehmungen von Authentizität gerade in der Gegenwart für die Manipulation der öffentlichen Meinung benutzt werden. Bilder sind daher sehr oft die Grundlage für Fake News geworden. Sie sollen die  gezielte Manipulation visuell verstärken.

Zweckentfremdete Bilder oder Montagen können jedoch mit gekonnter Recherche entlarvt werden. Hierzu bekamen die Schülerinnen und Schüler im praktischen Teil des Workshops von Kuttner einige digitale Recherchewerkzeuge an die Hand, mit denen potenzielle Fake-Bilder und Falschmeldungen enttarnt werden können.

Insgesamt bekamen die Jugendlichen in der Gruppenarbeit drei Bilder, die auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden mussten. Hierzu nutzten sie nützliche digitale Recherche-Tools.

Umgekehrte Bildersuche: Reverse Image Search

Mit der Google-Suchmaschine kann man nicht nur Informationen im Internet suchen. Über den Reiter „Bilder“ ist es möglich, Bilder auf ihre Herkunft und den Kontext zu überprüfen. Hierfür benutzt man das Recherche-Werkzeug der sogenannten „umgekehrten Bildersuche“. Dabei lädt man das Bild, das im Verdacht steht, eine Falschmeldung zu sein, über den Reiter „Bilder“ bei Google durch Ziehen und Ablegen hoch oder gibt die Bild-URL ein. Die Suchmaschine gleicht dann das hochgeladene Bild mit den im Internet verfügbaren Bilder ab und zeigt dann Webseiten an, auf denen das Bild verwendet wurde, und sortiert diese oft nach Datum. Man kann dann so die älteste Quelle und den ursprünglichen Kontext nachverfolgen.

Durch die umgekehrte Bildersuche kann man somit herausfinden, wann und wo ein Bild erstmals im Internet erschienen ist. Wenn ein Bild als aktuell dargestellt wird, aber in Wirklichkeit schon vor Jahren veröffentlicht wurde, handelt es sich möglicherweise um eine irreführende Darstellung.

Bilder werden oft aus dem ursprünglichen Kontext gerissen, um eine falsche Botschaft zu vermitteln. Mit der Reverse Image Search kann man die ursprüngliche Quelle und die ursprüngliche Verwendung des Bildes finden und so den tatsächlichen Zusammenhang nachvollziehen.

Indem man nach ähnlichen Versionen eines Bildes sucht, kann man erkennen, ob das Bild bearbeitet oder manipuliert wurde. Unterschiedliche Versionen mit veränderten Details können auf Fälschungen hindeuten.

Manchmal werden Bilder auch aus anderen geografischen oder historischen Kontexten verwendet, um aktuelle Ereignisse zu „belegen“. Mit der umgekehrten Bildersuche lässt sich feststellen, ob das Bild tatsächlich am angegebenen Ort und zur behaupteten Zeit aufgenommen wurde.

Effektive Überprüfung mit TinEye

TinEye ist ein pfiffiges Werkzeug, mit dem sich besonders effektiv virale Falschmeldungen entlarven lassen, die auf manipulierten oder aus dem Kontext gerissenen Bildern basieren. Das Tool erstellt aus dem hochgeladenen Bild eine eindeutige digitale Signatur oder einen „Hash“. Dabei werden Merkmale wie Farben, Kanten und Texturen analysiert. Das Bild wird zudem mit Milliarden von Bildern in der TinEye-Datenbank verglichen. TinEye sucht nicht nach Schlüsselwörtern oder Dateinamen, sondern nach visuellen Übereinstimmungen. Die Suchergebnisse können nach „Best Match“ (beste Übereinstimmung), „Most Changed“ (stark bearbeitete Versionen) und „Oldest“ (erste Verwendung des Bildes) sortiert werden. Wie bei Google kann auch bei TinEye das Bild direkt oder durch die URL eingefügt werden. TinEye zeigt an, wo das Bild im Internet verwendet wurde. Es lässt sich auch erkennen, ob das Bild bearbeitet, zugeschnitten oder in anderer Weise verändert wurde. Darüber hinaus kann man die Ergebnisse auch nach Datum oder Bildvariationen sortieren, um den Ursprung und mögliche Manipulationen aufzudecken.

TinEye ist daher ein besonders geeignetes Werkzeug, um Fake News zu entlarven. Ebenso kann es auch von Künstlern und Fotografen genutzt werden, um herauszufinden, ob ihre Bilder ohne Erlaubnis verwendet wurden. Auch Unternehmen können damit beispielsweise verfolgen, wie ihre Markenbilder online genutzt werden.

Im Vergleich zu Google Bilder konzentriert sich Tin Eye stärker auf exakte visuelle Übereinstimmungen und bietet detaillierte Sortiermöglichkeiten, zeigt jedoch keine „ähnlichen Bilder“ an, wie es Google tut.