Königin bis zum letzten Atemzug

Gedenkmesse zum 100.Todestag der Königin Elisabeth von Rumänien

Elisabeth zu Wied, Königin von Rumänien und Dichterin „Carmen Sylva“

Am 2. März 1916 verstarb Königin Elisabeth von Rumänien, die erste rumänische Königin, im Alter von 73 Jahren an einer doppelten Lungenentzündung in Bukarest und wurde in der königlichen Familiengruft der Kirche von Curtea de Argeş neben ihrem Gatten, König Karl I., und ihrer früh, schon 1874, im Alter von drei Jahren verstorbenen Tochter Maria beigesetzt. Zum Gedenken an ihren 100.Todestag veranstaltet das rumänische Königshaus, die Königsfamilie, im Beisein von Kronprinzessin Margareta und Prinz Radu, am Donnerstag, dem 18. Februar, um 12 Uhr, eine heilige Messe in der Pfarrkirche Săvârşin, Kreis Arad. Daran beteiligen sich Timotei, Erzbischof von Arad, zahlreiche Vertreter der Lokal- und Arader Kreisbehörden sowie Vertreter anderer Landkreise. Erwartet werden außer der Einwohnerschaft von Săvârşin etliche Persönlichkeiten, Freunde und Anhänger des rumänischen Königshauses aus dem ganzen Land und aus der Republik Moldau. An der Feier beteiligen sich auch der Königliche Chor und der Theologische Chor des Erzbistums Arad. Für die rumänische Monarchie bringt das Jahr 2016 zwei weitere bedeutende Gedenktage: Es sind heuer 150 Jahre seit der Ernennung 1866 des ehemaligen Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Fürsten von Rumänien, und gleichzeitig 135 Jahre seit der Proklamation des Königreichs Rumänien. Am 10. Mai 1881 erfolgte die Proklamation des Königreichs Rumänien, dessen Thron Karl I. als erster rumänischer König bis 1914 innehatte.

„Ich werde meine Pflicht als Königin bis zum letzten Atemzug tun“. Diesem Versprechen sollte Elisabeth von Rumänien, im Volke schon lange vor ihrem Tode als „regina mamă“ verehrt, bis zu ihrem Lebensende treu bleiben. In den letzten Jahren des Lebens pflegte sie mit Hingabe ihren schwerkranken Gatten, den König Karl I, bis zu dessen Tode 1914. Die Prinzessin Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, geboren am 29. Dezember 1843 bei Neuwied am Rhein, lernte 1868 mit 25 Jahren am Berliner Hof den Offizier Prinz Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen kennen, der bereits 1866 zum Fürsten von Rumänien ernannt worden war. Ihre Heirat fand 1869 in Neuwied statt. Ihre ersten Jahre in Rumänien gestalteten sich zu einem von Unruhe und Krieg, aber auch vom frühen Tod ihrer dreijährigen Tochter Maria 1874 gekennzeichneten Lebensabschnitt. Ihre Anteilnahme am Schicksal ihrer Untertanen und am Leid der einfachen Menschen sollte sich schon während des Russisch-Türkischen Krieges 1877-1878 zeigen, als sie sich der Pflege der Verwundeten widmete. 1881 wurde ihr Ehemann als Karl I. zum ersten rumänischen König gekrönt.

In Erinnerung blieb Königin Elisabeth durch ihr bemerkenswertes soziales Engagement, ihr großzügiges Wirken für das Gemeinwohl, die Wohlfahrt des rumänischen Volkes, das ihre 35 Jahre als rumänische Königin kennzeichnen sollte und ihr im Volksmund den ehrenden Beinamen „regina mamă“ einbrachte. U.a. setzte sie sich, wie auch ihr Gatte, für die Modernisierung Rumäniens ein, für Infrastrukturprojekte wie z. B. das Kanalisationsprojekt von Curtea de Argeş. 1906 gründete sie auf 12 Hektar Fläche, die für Rumänien einzigartige Blindenkolonie „Vatra Luminoasă“. Sie unterstützte das Projekt (Häuser, Werkstätten, Schule und Braille-Bibliothek) mit der Hälfte ihres Jahreseinkommens. 1949 wurde diese Einrichtung von den Kommunisten aufgelöst und ihr Name fortan offiziell für 50 Jahre totgeschwiegen. Königin Elisabeth gründete Schulen und Krankenhäuser, wie auch eine Handarbeitsschule für traditionelle rumänische Stickerei. Bei ihrem Tode vermachte sie ihr Vermögen fast vollständig  Wohlfahrtsorganisationen und als Stipendien für rumänische Künstler.
Königin Elisabeth hatte ihr Credo einmal in folgenden weisen Worten zusammengefasst: „Glück ist das einzige, was wir anderen geben können, ohne es selbst zu haben.“

In der Öffentlichkeit, mehr noch in Europa als in Rumänien, wurde sie jedoch hauptsächlich als „dichtende Königin“ wahrgenommen. Ihr literarisches Pseudonym „Carmen Sylva“ (lat. „Das Lied des Waldes“) hatte sie sich selbst zugelegt. „Carmen das Lied und Sylva der Wald“ heißt ein Vers in einem ihrer frühen Gedichte. Neben eigenen Gedichten, Erzählungen, Skizzen, Märchen und Romanen übersetzte sie aus dem Französischen und später auch aus der rumänischen Literatur (Eminescu, Alecsandri). Sie schrieb in deutscher Sprache und veröffentlichte ihre Werke in deutschen Verlagen. Ab 1882 veröffentlichte Königin Elisabeth auch in Rumänien in rumänischer Übersetzung, die jedoch wegen der schwachen Qualität wenig Aufsehen im eigenen Land erregte. Ihr literarisches Debüt war das Versepos „Sappho“ (1880), ihr letztes veröffentlichtes Buch „Briefe einer einsamen Königin“, Hrsg. Lina Sommer, 1916. Hervorzuheben ihre Pelesch-Märchen- diese erfuhren auch mehrere Ausgaben nach der Wende - womit sie mit Hingabe alte rumänische Sagen, Märchen, Mythen gesammelt und für die Nachwelt hinterlassen hat.

Gemeinsam mit ihrer Freundin und Hofdame Mite Kremnitz schrieb sie Trauerspiele (z.B. ein historisches Trauerspiel um Anna Boleyn), Romane und Kinderbücher. Als Verehrerin der Künste hatte sie zeitlebens begabte jedoch mittellose Genies gefördert, so den Musiker George Enescu - speziell für ihn ließ sie im Schloss Pelesch einen Konzertsaal einrichten - , den Bildhauer Constantin Brâncuşi oder den Nationaldichter Mihai Eminescu. Der großen Literaturkritik war die dichtende Königin nicht geheuer, die Kritiker warfen ihr die romantischen Züge ihrer Werke, vor allem ihre Rührseligkeit vor. Sie hatte jedoch auch zahlreiche Bewunderer aus der internationalen Politik, Kunst und Kultur. So den amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt, Kaiserin Elisabeth „Sissi“von Österreich-Ungarn. Über die „dichtende Königin“, über Leben und Werk, erschienen zahlreiche Bücher u.a. von Georges Bengesco, Benno Diederich, Mite Kremnitz, Roger Merle, Gabriel Badea-Păun, Annemarie Podlipny-Hehn oder Silvia-Irina Zimmermann. Obwohl Königin Elisabeth zeitlebens sowohl ihrem Credo als rumänische Königin wie auch dem dichterischen der Carmen Sylva treu geblieben war, obwohl sie in den 73 Jahren ihres vollen Lebens auch viele tragische Momente zu verkraften hatte, obwohl ihre Dichtungen wie auch ihr selbstloser Einsatz für etliche idealistische Projekte, für die Wohlfahrt des rumänischen Volkes oft missverstanden wurden, das Gegenteil erreichten und ihr oft Schmerz bereiteten, sollte das leuchtende Beispiel und Wirken der ehemaligen deutschen Prinzessin von Wied und Königin von Rumänien auch ein Jahrhundert nach ihrem Tod nicht vergessen sein.