Konfessionelle Vielfalt als reiche Mitgift

Die ökumenische Gebetswoche in Kronstadt

Vertreter der sieben historischen Konfessionen bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Seitens der evangelischen Kirche A. B. beteiligten sich der Dechant des Kronstädter Kirchenbezirks Christian Plajer (Dritter von links) und Pfarrer Dr. Peter Klein (Erster von links).
Foto: Ralf Sudrigian

Die Gebetswoche für die Einheit der Christen findet diesmal zum 6. Mal auch in Kronstadt/Braşov zwischen dem 18. und 25. Januar statt. (Für das Programm der Gottesdienste siehe die ADZ von Samstag, 14. Januar) Aber gelebte Ökumene beschränkt sich nicht nur auf die Januartage, in denen die in Kronstadt existierenden, sieben historischen christlichen Konfessionen (orthodox, römisch-katholisch, griechisch-katholisch, evangelisch, evangelisch-lutherisch, reformiert, unitarisch) während der ökumenischen Gebetswoche zu gemeinsamen Gottesdiensten einladen.

Beispiele von verschiedenen Formen, in denen die konfessionelle Vielfalt bereichernd in Kronstadt und im Burzenland zum Ausdruck kommt, wurden in einer Pressekonferenz im Vorfeld der Gebetswoche genannt. Anwesend im Pfarrhaus der evangelisch-lutherischen (ungarischen) Kirche waren Vertreter aller sieben Konfessionen. Der gemeinsame rote Faden aller Wortmeldungen war: jede Konfession ist eine Bereicherung für diese Region; keine Konfession, keine Ethnie könne als „Eindringling“ bezeichnet werden. Die Einheit der Christen sei eine Einheit in Vielfalt, ein lebendiges Vorzeigebeispiel einer Gesellschaft, die oft von Intoleranz und Exklusivität betroffen ist.

Ein griechisch-katholischer Priester predigt am Sonntag in der orthodoxen Kirche, gemeinsam errichtete und genutzte neue Kirchen der ungarischen Reformierten,  Evangelischen,  Katholiken und Unierten, in Zeiden/Codlea und Brenndorf/Bod, die gemeinsam nach katholischer Tradition abgehaltenen Kreuzweg-Stationen am Karfreitag des Vorjahres, wobei die Schwarze Kirche als Endstation galt – solche und weitere Beispiele sind Zeichen, dass trotz Unterschiede dogmatischer,  kanonischer, kultureller und auch sprachlicher Natur das  Bewusstsein, dem gemeinsamen christlichen Glauben anzugehören, stärker ins Gewicht fällt.

An der Basis funktioniere die Toleranz irgendwie schon selbstverständlich, sagte der ADZ der Kronstädter evangelische Stadtpfarrer und Bezirksdechant Christian Plajer. Das sehe man im Zusammenleben der verschiedenen religiösen Traditionen, in der Art und Weise, wie in Mischehen die religiösen Feste gefeiert werden. Man komme dabei miteinander auf dem gefundenen Weg sehr gut aus. Die Gebetswoche für die Einheit der Christen mit ihren Einladungen zu gemeinsamen Gottesdiensten zeige, dass auch auf der Ebene der Pfarrer, der kirchlichen Oberbehörden sich etwas  in der Stadt in diesem Sinne tut, dass die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden ebenfalls für einen gemeinsamen Weg stehen, also auf der Seite des einfachen Kirchengängers.

Der unitarische Pfarrer Sándor Máthe berichtete, dass kurz nach Neujahr seine Gläubigen voller Erwartung nachfragten, ob die Gebetswoche wieder stattfinde. 60-70 Gläubige seiner Gemeinde freuten sich schon darauf und wollten sich an dem einen oder anderen gemeinsamen Gottesdienst beteiligen, vor allem an der Gebetsstunde mit Taizée-Liedern und den Gebeten der Gläubigen (je zwei stellvertretend für jede Konfession), die diesmal in der reformierten Kirche in der Şaguna-Straße 3 vorgesehen war.

Die evangelische Landeskirche A. B. unterstützte von Anfang an diese Gebetswoche.  Bereits vor der Wende, in den 1970-er Jahren, kam es zu dieser ökumenischen Initiative. Damals, sagt Dechant Christian Plajer, gab es eine Woche mit Gottesdiensten, die in der Obervorstädter Kirche abgehalten wurden und zu denen je ein anderskonfessioneller Gastprediger eingeladen wurde. Im Anschluss fand in der Regel ein gemeinsames Abendessen statt. 2007 wurde die Gebetswoche, vor allem auf Anregung des katholischen Priesters Dr. Attila Nagy-György, wieder aufgenommen. In diesem Jahr lud die Bartholomäer Kirchengemeinde zu einem gemeinsamen Gottesdienst ein, in dem der katholische Priester András Albert Csiszér die Predigt hielt.

Besonders eng ist die Zusammenarbeit in Kronstadt zwischen den beiden evangelischen Schwesterkirchen, der deutschen und der ungarischen (lutherischen). Pfarrer István Koszta erwähnte in diesem Sinne für die ADZ (übrigens auf Deutsch, das er gut beherrscht) gemeinsame Projekte im Bereich Jugendarbeit und ist sich sicher, dass die beiden Kirchen, nach dem Beispiel der Vorfahren, weiterhin einen gemeinsamen Weg verfolgen werden.

In Kronstadt gibt es sieben historische Konfessionen und es wird in größeren oder kleineren, alten und neuen Kirchen in drei Sprachen gebetet. Das wird besonders im Januar während der Gebetswoche der Stadtbevölkerung bewusst. In diesem Jahr kommt erstmals zu den gemeinsamen Gottesdiensten auch eine konkrete, konfessionsübergreifende Hilfsinitiative hinzu: Bei den Kollekten der Gottesdienste wird Geld gesammelt, um den zwei staatlichen Heimen in Obertömösch/Timişul de Sus, wo rund 150 Erwachsene und Kinder mit Behinderung gepflegt werden, eine neue Waschmaschine, Bettwäsche und ärztliches Zubehör im Zeichen der christlichen Nächstenliebe zukommen zu lassen.