Kunst für die Seele

Dalis Universum im Zentrum von Klausenburg angekommen

Dr. Georg Hintz im Haus seiner Klausenburger Vorfahren

Bizarre Schatten auf weißen Wänden: Skulpturen von Salvador Dali im Mauksch-Hintz-Haus

Der Heilige Georg von Dali in der ehemaligen Sankt-Georgs-Apotheke

Das hölzerne Dachgeschoss des Hauses – vielleicht bald dauerhafte Galerie? Fotos: privat

 

Zwischen urigen Holzbalken im Dachgeschoss, dort, wo einst Heilkräuter für die Apotheke getrocknet wurden, schweben jetzt Traumgestalten, schlagen metallene Wesen mit flüssig scheinenden Flügeln, werfen Hände des Gekreuzigten bizarre Schatten an die weiße Wand, verschmelzen Löffel, Schere und Posaune über einem Kopf, ein Heiliger ersticht einen Drachen.  Paranoide Visionen verweben sich zu einem Universum aus surrealer Kunst. Der legendäre Salvador Dali ist nach Paris, Schanghai, Florenz und Bukarest in Klausenburg/Cluj Napoca angekommen.

Der Zufall hat den exzentrischen Meister der Provokation, Bewunderer von Sigmund Freud, der neben seinem Bett immer eine Staffelei stehen hatte, um Geträumtes gleich zu verewigen, wie Dr. Georg Hintz über Dali erzählt, nach Siebenbürgen geführt. „Ich hatte eine Anfrage gehabt, das war Anfang Dezember“, erinnert sich der Besitzer des seit 2018 mit eigenen Mitteln renovierten Hauses, das neben der Dali-Ausstellung auch ein Apothekenmuseum beherbergt (siehe ADZ, 19. April 2024: „Wiedereröffnung des Klausenburger Apothekenmuseums im Mauksch-Hintz-Haus“ von Dr. Robert Offner). Dr. Georg Hintz, 1983 aus Klausenburg nach Deutschland ausgewandert, wo er als Augenarzt praktiziert und eine Augenklinik mit acht Niederlassungen und 70 Angestellten leitet, ist ein Nachfahre der berühmten Apothekerfamilie Hintz, nach der das Mauksch-Hintz-Haus benannt ist. Das längliche Eckgebäude gegenüber der evangelisch-lutherischen Kirche stammt wohl aus dem 15.-16. Jahrhundert. Seit 1760 ungefähr befand sich darin die Apotheke der Familie Mauksch, die später durch Heirat an die Familie Hintz überging und mehrere zum Teil berühmte Apothekergenerationen hervorbrachte. Quasi über Nacht verlor Familie Hintz dann 1949 Wohnhaus samt Apotheke durch Enteignung. Das kommunistische Regime schloss die Apotheke.
Für Dr. Georg Hintz war es „ein Herzensprojekt“, das Haus seiner Vorfahren nach einem langjährigen Rückerstattungsverfahren zu renovieren und ihm  neues Leben einzuhauchen. Das im Januar 2024 eröffnete Apothekenmuseum ist inzwischen ein Erfolgsprojekt mit 10.000 Besuchern in den ersten drei Monaten. Dazu kommt aktuell die Dali-Ausstellung, die am 20. Dezember 2024 eröffnet wurde und noch bis zum 30. April zu sehen ist.

Pläne für eine Galerie

Doch wie kam das „Universul lui Salvador Dali“ mit rund 170 Exponaten, die bisher über 12 Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen haben, ausgerechnet nach Klausenburg? „Ja, ich war auch überrascht!“, gesteht Dr. Georg Hintz. „Kurz nach der Anfrage kamen zwei Herren, einer aus Israel, einer aus Budapest, einer davon war David Berkowitz, der Besitzer der Kollektion, der Dali persönlich gekannt hatte. Sie besahen sich die Räume und der eine sagte: Okay, wir machen in drei Wochen auf“, erinnert sich Hintz, der sich auch in die Gestaltung der Ausstellung persönlich stark involvierte. „Es war ein internationales Team. Wir haben drei Wochen intensiv gearbeitet und es war sehr spannend, aber es musste alles so schnell gehen, dass es ein bisschen stressig war.“ Seither – oder schon vorher? - liebäugelt er mit einer dauerhaften Galerie im geräumigen dreistöckigen Holzdachboden des Hauses. Ob sich das realisieren lässt, sollen jetzt die Besucherzahlen zeigen, meint Hintz.

Bisher gibt es neben dem Apothekenmuseum mit Andenkenladen eine C²rture{ti-Buchhandlung im Hintz-Haus, im Januar soll eine Cafe-Bar eröffnet werden und bis zum Sommer, wenn die Touristen kommen, soll man dort auch draußen im Hof sitzen können. Das Museum erfreut sich bereits hoher Bekanntheit: „Wenn Sie einen Rumänienführer in die Hand nehmen, ob in Deutschland oder hier, in der Buchhandlung, dann sehen Sie darin auch das Hintz-Haus.“ Regelmäßig werden Führungen auf Englisch und Rumänisch abgehalten und es gibt Audioguides in vier Sprachen: Rumänisch, Englisch, Deutsch und Ungarisch. Außerdem werden Bildungsprojekte mit Schulklassen durchgeführt.

Anknüpfung an kulturelle Vorgeschichte der Familie

Dr. Georg Hintz ist selbst kein Kunstexperte, sagt er. Der immer noch praktizierende Mediziner bezeichnet sich bescheiden als „Kunst-Konsumenten“. Doch Salvador Dali hat es ihm besonders angetan. „Man muss sich schon ein bisschen damit befassen, damit man ihn versteht“, erklärt er. „Dali wollte provozieren! Er stand gerne in den Medien. Er war ein Showman – aber selbst unter den Surrealisten extrem umstritten.“ „Je entwickelter die paranoide Denkweise ist, desto mehr verstehen die Leute von meiner Kunst“, soll Dali einmal gesagt haben.

Persönlich fasziniert ihn unter den Ausstellungsobjekten die Skulptur des Heiligen Georg am meisten, zumal  es einen Bezugspunkt zur Apotheke gibt, die früher „Sankt-Georgs-Apotheke“ hieß. „Mein Urgroßvater hat 1942 eine Statue aus Porzellan in Auftrag gegeben, die diese Georgs-Geschichte darstellt. Die ist auch in einem Schaufenster im Haus zu sehen.“ Urgroßvater Hintz zeigte sich auch sonst kulturell engagiert: „Er war Präsident der Philharmoniegesellschaft in Cluj. Als Brahms nach Siebenbürgen kam, hat er ihn empfangen und eine Rede gehalten, vor dem Konzert. Das ist festgehalten in einem Briefwechsel zwischen Brahms und Clara Schumann.“ An die kulturelle Vorgeschichte der Familie Hintz möchte er nun ein wenig anknüpfen, erzählt der Mediziner, der nach seiner Auswanderung 28 Jahre lang nicht mehr in Rumänien war. Inzwischen reist er mindestens einmal im Monat nach Klausenburg. Das Restaurationsprojekt steckte voller Überraschungen, motiviert er sein Engagement. „So ist das mit einer Altbausanierung – es dauert immer länger, kostet immer mehr, als man vorgesehen hat“ (in diesem Fall einige Millionen), hinzu kamen „Corona, Inflation und Arbeitskräftemangel“. „Es hat sich aber gelohnt“, meint er zufrieden. Ob sich die reingesteckte Zeit und das Geld jemals amortisieren?  „Also, ich verdiene mein Geld nicht mit diesem Haus, das ist klar. Das ist eine Herzenssache“, meint Dr. Hintz. „Kunst hat mich immer interessiert“, motiviert er seine Pläne. „Kunst ist halt für die Seele.“ Und zu Dali: „Die Leute werden schon kommen, denke ich. Es ist halt schon ein großer Name!“


Die Ausstellung „Universul lui Salvador Dali“ (Salvador Dalis Universum) im Mauksch-Hintz-Haus, Pia]a Unirii 28 in Klausenburg,  ist noch bis zum 30. April geöffnet. Besuchen kann man sie täglich zwischen 11 und 20 Uhr (letzter Eintritt 19 Uhr).