Leichtigkeit und Leid

Wort zum Sonntag

Türkisblau leuchtet das Wasser am Vormittag, tiefblau am Nachmittag. Wellen rollen an den Strand, und dieses Blau zieht beinahe magisch an. Die Schulferien haben begonnen und viele machen sich auf ans Schwarze Meer. Endlich Erholung, Zeit zum Spielen, zum Lesen, zum Liegen am Strand und zum Schwimmen. „Blau machen“, die Arbeit niederlegen und das Leben genießen.

Beim Schwimmen im blauen Wasser kommt mir ein anderer Gedanke: Das Meer, das mich umgibt, verbindet mich mit der Ukraine, mit Russland, mit der Türkei. Mit verminten Stränden, mit tonnenschweren Weizenlieferungen, die aus Häfen nicht weitertransportiert werden können, mit Kriegsschiffen, mit Kriegsgeschrei und mit Säbelrasseln. Diese Gleichzeitigkeit auszuhalten, so viel Zerstörung dort und so viel Leichtigkeit hier am Strand. Und überall das blaue Meer, das all dies verbindet. Gleichzeitig Leichtigkeit und Leid zu spüren, weckt mich auf, lässt mich neu sehen, lässt mich neu denken.

„Wir freuen uns auch über die Nöte, die wir jetzt durchmachen. Denn wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten, und wer gelernt hat durchzuhalten, ist bewährt, und bewährt zu sein festigt die Hoffnung. Und in unserer Hoffnung werden wir nicht enttäuscht. Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt“, schrieb der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom (Römer 5, 3b-5, Neue Genfer Übersetzung), die er über den Seeweg besuchen wollte.

Auf Hoffnung hin ist der christliche Glaube ausgerichtet, auch in aller Bedrängnis. Die Farbe des Glaubens ist blau und die Farbe der Hoffnung ist grün. Grün begleitet uns in den evangelischen Kirchen in Form von Altartüchern und anderen Paramenten durch die Trinitatiszeit, durch den gesamten Sommer.

Auch an diesem Sonntag, dem 19. Juni und 1. Sonntag nach Trinitatis, nach dem Festtag der heiligen Dreifaltigkeit, der Geselligkeit Gottes am vorigen Sonntag. An einem 19. Juni in den 1950er Jahren zerstörte ein verheerender Hagelschlag in Malmkrog und Umgebung innerhalb kürzester Zeit die gesamte Ernte, sodass eine Hungersnot und viel Elend die Folge waren. Dieser Hagelschlagtag hat sich so sehr in die Erinnerung des Ortes eingebrannt, dass seither an diesem Tag im ganzen Ort nicht gearbeitet wird. Stattdessen gibt es einen Bußgottesdienst. Allerdings nicht mit schwarzem, sondern mit grünem Altartuch – auf Hoffnung hin. Als Einladung, umzudenken, sich daran auszurichten, dass wir – so gerne wir es auch wollen – nicht alles in der Hand haben.

Wir sind verbunden mit den Kräften und Gewalten der Natur, die sowohl Schönes als auch Schreckliches hervorbringen können. Wir sind verbunden mit unserem Nachbarland, das einer Zerstörungswut ausgesetzt ist, und werden aufgerüttelt, für Frieden zu leben und zu arbeiten. Uns ausrichten am Leben, an einem Gott des Friedens, der das Leben und nicht die Zerstörung will, der Schutz bietet den aufgeschreckten Herzen und uns zutraut, einander Schutzmantel zu sein. Wie ein Zeltdach, das vor sengender Sonne schützt und vor tobendem Sturm. Die Geistkraft Gottes, der Heilige Geist, kann das in uns und durch uns bewirken. In der evangelischen Kirche von Malmkrog ist im Chorraum, wenn man vom Altar ins Kirchenschiff blickt und nach oben schaut, eine Maria mit einem weitem Mantel zu sehen, der viele unter sich birgt – der Schutzmantel ist in einem kräftigen Hellblau gemalt. In der Farbe des Meeres und des Glaubens.