Aus Liebe wurde vor zwanzig Jahren ein Projekt geboren, ist mit Liebe aufgewachsen und hat sich entwickelt: die Stiftung Interart Triade in Temeswar/Timișoara, ein Haus voller Wärme und allen Kunstliebhabern geöffnet. Sorina Jecza führt heute, zehn Jahre nach dem Ableben ihres Ehemanns, des Bildhauers Peter Jecza, den gemeinsamen Traum weiter und hat auch einen Großteil der Befugnisse der nächsten Generation weitergegeben, ihrem Sohn Andrei Jecza. Was es heute bedeutet, in der Kunst, mit der Kunst und für die Kunst zu leben, erzählte sie in einem Interview der Redakteurin Ștefana C i o r t e a – N e a m ț i u.
Seit 20 Jahren macht die Interart-Triade-Stiftung etwas Typisches für das 21. Jahrhundert, diese Fusion zwischen dem privaten und dem öffentlichen Bereich, zwischen dem Eigenheim und dem für das Publikum bereitgestellten Raum. Was beseelt Sie, diese Geschichte weiterzuerzählen?
Die Liebe ist immer der Motor meiner Aktivität gewesen. Ich bin Philologin, habe in meiner Jugend geglaubt, dass die Poesie das Höchste ist, aber ich habe Peter getroffen und dies war das erste Mal, als die Liebe eine Änderung brachte, indem wir einen Weg zusammen betreten und ein Haus gebaut haben. Dieses Haus ist ständig umgebaut worden, somit ist das Projekt, das wir zu definieren versuchen, eigentlich undefinierbar, denn wir hatten keinen langfristigen Plan, sondern sind schrittweise vorgegangen. Es war ein organisches Projekt, das auf eine sehr vitale Weise gewachsen ist, so wie sich das Leben täglich verändert, wie uns unsere Großeltern gelehrt haben, auf den Himmel und die Änderungen zu schauen, um sich dem Tag anzupassen. Vor 19 Jahren haben wir offiziell gemacht, was davor informell war. Das Konstrukt war zuvor noch ein träumerisches Unterfangen, weil es keine eigentliche Institution mit Buchhaltung und Manager gegeben hat. Als Peter nicht mehr unter uns war, diese Liebe nicht mehr als Beweggrund da war, hat sich die Institution nach einer anderen Liebe als Beweggründe gerichtet: Andrei Jecza, der beim Hausbau erst ein Kind gewesen ist, war zu dem Zeitpunkt schon erwachsen und im Sinne der Kunst geformt, ich habe mich dann auch neu angepasst. Andrei hat eine Galerie für Gegenwartskunst (die Jecza-Galerie – Anm. d. Red.) gegründet, unser ganzes Unterfangen hat eine neue Richtung genommen. Am Anfang war es ein kleiner privater Raum, in dem sich Freunde zusammenfanden, in dem wir mit der Kunst spielten: Wir kamen alle aus diesem Bereich: Pia Brânzeu, Adriana Babeti, Smaranda Vultur, alle unsere Freunde.
Was dieses „Spielen“ betrifft, gibt es auch eine Geschichte, was den Namen der Stiftung betrifft?
Ja, das stimmt. Wir hatten gar nicht daran gedacht, den Namen einer Institution zu geben, wollten aber dem Haus einen Namen gegeben. Vor dreißig Jahren, als wir mit dem Hausbau begonnen haben, gab es hier nur Felder, damals kam hier weder die Müllabfuhr, noch wussten die Taxis, wohin. Damit uns aber unsere Freunde besuchen konnten, haben wir beschlossen, einen Namen am Haus anzubringen – zusammengefügt aus den Lettern, die von der Kunstgalerie (heutige Helios-Galerie – Anm. d. Red.) im Stadtzentrum abgebracht worden sind und die Peter vor Jahren in Aluminium gegossen hatte. An einem Abend saßen wir unter Freunden, Pia Brânzeu, die Semiotikerin ist, hat eine Liste von Namen aufgestellt; von allen Namen schien uns Triade am nächsten zu liegen. Peter hatte auch eine Reihe von Kunstwerken, Monaden genannt, in Anlehnung an Leibniz, dann doppelte Monaden, eigentlich Diaden, und jetzt wäre Triade die richtige Folgerung. Das kann eine sehr breite Palette an Bedeutungen haben, angefangen sicherlich mit der Dreifaltigkeit. Noch lustiger war es, dass uns jemand angesprochen hat, nachdem wir den Namen an das Haus angebracht hatten, warum wir denn den Namen der chinesischen Mafia verwendet hätten (lacht – Anm. d. Red.), aber die Sache war schon gelaufen, wir haben den Namen behalten.
Wie definiert sich die Stiftung heute? Denn sie ist Kunstgalerie, Raum für kreatives Schaffen, das Programm für Künstler und Kuratoren „in residence“…
… der Skulpturenpark vor dem Haus, die Druckerei, der Garten, in dem ebenfalls Skulpturen stehen. Wir sind in vollem Prozess, alles neu zu gestalten, Andrei hat in die Wege geleitet, dass wir alles neu definieren und unter einen Hut bringen, besser miteinander verschmelzen lassen. Wir haben den Schirm „Triade“ behalten, aber darunter versteht man auch das Museum Jecza, auch die Galerie Jecza… Alle sagen „das Haus Jecza“, weil hier die Seele eines Hauses weiterexistiert. Wir haben mit einem Kern an Freunden angefangen, aber unsere Beziehungen sind heute national und international. Das hat mit der Rückkehr Andreis von seinen Studien in Großbritannien angefangen, als die Galerie Jecza ins Leben gerufen wurde, wir wurden Mitveranstalter der Biennale Art Encounters, und im Kontakt mit Persönlichkeiten, die eine Manager-Vision haben, wie Ovidiu [andor oder auch mein Sohn, sowie in der Nähe eines Großprojektes wie „Art Encounters“ habe ich mich wieder angepasst. Die Stiftung kooperiert mit Museen im ganzen Land: mit dem Museum in Craiova, mit den Brâncoveanu-Palästen, dem Kunstmuseum in Klausenburg, in Großwardein, wir planen auch, nach Jassy zu gehen. Die Stiftung ist somit vorangekommen, auf das Level der großen Kulturinstitutionen des Landes, und hat diese ergänzt durch diese Public-Private-Partnerschaft, die ich sehr schätze und die sich auch als sehr erfolgreich erwiesen hat, wie zum Beispiel in diesem Jahr bei der großen Magdalena-Abakanowicz-Ausstellung im Kunstmuseum Temeswar.
Auf der Vernissage dieser Ausstellung haben Sie erklärt, dass Triade eine kleine Stiftung mit großen Träumen ist. Sie haben sich in der Welt der großen Player durchsetzt. Was ist das Erfolgsrezept?
Die Träume überfordern immer die eigenen Kräfte, indem man sich aber Ziele setzt, hat man keinen Ausweg mehr. Man muss sich zusammenreißen und Wege finden und plötzlich merkt man, dass man es kann. Es ist ein permanenter Kampf mit den eigenen Grenzen. Und wir werden jetzt ernstgenommen. Andrei hat einen jungen Geist ins Haus gebracht hat, dieses Aim-High (Hoch-Zielen – Anm. d. Red.); ich durfte nicht mehr klein denken und mich mit kleinen, warmen Sachen begnügen, die einem die komfortable Routine des morgigen Tages verleihen. Es ist eine stetige Gratwanderung, die aber an ihrem Ende ein Licht hat, das dich anzieht. Ich werde gefragt, woher ich den Mut nehme: Mein Mut entspringt immer einer großen Angst, dass ich es nicht schaffe, aber das bringt mich voran.
Viel Adrenalin also…
Adrenalin und Motivation. Nur in den Momenten großer Krisen ist man dazu geeignet, kreativ zu sein und neue Formen zu finden. Das war auch erst vor Kurzem der Fall, als sich die Jecza-Galerie an der Messe „Paris Photo“ beteiligt hat, wo große Player dabei sind. Als bekannt gemacht wurde, dass wir aufgenommen werden, hat mir Andrei ganz kurz erklärt: Weißt du, wir spielen jetzt in einer anderen Liga. Ich wusste nicht, sollte ich mich freuen oder Angst haben. Eine höhere Liga bedeutet andere Standards, man spürt ständig, dass man in einem Boxring ist.
Was die Kulturhauptstadt betrifft, sind die Erwartungen an alle Kulturinstitutionen in Temeswar sehr hoch gesteckt.
Das ist eine neue große Herausforderung für uns, nachdem wir die Ausstellung Magdalena Abakanowicz gemacht haben, eine Ausstellung, wie sie in diesem Format in Temeswar seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht worden ist. Wir haben neue Spielregeln gelernt. Auch wenn wir bisher auch mit dem Ausland in Verbindung waren – ich habe mehrere Ausstellungen der Stadt organisiert, in Szeged, Budapest, Brüssel, Paris, die Ausstellungen waren schön, aber den Rhythmus haben meine eigenen Kräfte vorgegeben – jetzt sind wir Partner anderer Institutionen geworden, die höhere Standards haben. Zusammen gehen wir jetzt auf das Ziel der Kulturhauptstadt mit sehr großen Projekten, mit sehr großen Namen zu.
Können Sie ein paar Namen nennen?
Nur einige Ideen, die Namen nicht, denn die Verhandlungen laufen noch. Das Haus Jecza, das mit Skulpturen angefangen hat, wird in dem Konzert mit der Stiftung Art Encounters und der Biennale im Bereich der Skulptur bleiben. Die Verhandlungen für eine große Ausstellung, die 2021 zu sehen sein wird, sind relativ gut vorangekommen. Die Diskussionen haben wir schon in Paris gehabt, werden sie Anfang Dezember in Bukarest bei der Französischen Botschaft weiterführen. Es ist uns bewusst, dass das Kulturhauptstadtjahr ein sehr wichtiger Moment ist und dass man sehr wichtige Dinge sehen muss.
Das Jahr 2019 war ein Jahr der Premieren hier bei der Stiftung, Sie haben ein Buch für Kinder herausgebracht, das augmentierte Wirklichkeit nutzt, auch wird jetzt ein Projekt aufgerollt, dass zurzeit einzigartig in Rumänien ist, das Atelier für Grafiken.
Andrei kümmert sich um die Galerie, ich habe mich zurückgezogen und vollziehe aus dem Backstage andere Projekte, ich bin die Armee aus dem Hintergrund, die die Dokumentationen vorbereitet, die Materialien. Aber als Philologin habe ich meine Nostalgien und deshalb seit einigen Jahren eine kleine Gedichte-Kollektion angeregt, (C)arte cu poezie genannt, ein Wortspiel, weil die ganze Kollektion auf ein Spiel zwischen Kunst und Dichtung fußt. In diesem Jahr ist das Buch des Dichters Aurel Șorobetea – kein eigentliches Kinderbuch, auch große Kinder können sich daran erfreuen – erschienen, die Illustrationen darin werden mit Hilfe einer App auf dem Smartphone in Bewegung gebracht; die Animationen stammen von Ioana Nicoară. Dieses Buch wurde am 4. Dezember in Bukarest vorgestellt, in Temeswar bereits während der Kunstbiennale.
Ein anderer wichtiger Moment ist in diesem Jahr einer, auf den ich mich seit mehreren Jahren vorbereite, nicht ganz schmerzlos: Es ist die Schließung der kleinen Triade-Galerie (eine Zeit lang haben beide Galerien gleichzeitig funktioniert, die Triade-Galerie und die große Jecza-Galerie), mit der wir vor zwanzig Jahren angefangen und für die wir damals unsere Garage umdisponiert haben. Darin waren alle Emotionen, den Anfang eines Abenteuers inbegriffen. Hier haben Meister Flondor oder Cristian Sida ausgestellt, außerdem ist die Geschichte der Juventus-Preise mit diesem Raum verbunden. Dieser Raum der ehemaligen Triade-Galerie wird für ein schönes Projekt umgestaltet: ein Atelier für multiple Grafiken, für Kunsteditionen. Die multiple Grafik ist keine neue Erfindung, aber in Rumänien sind die großen Ateliers geschlossen worden. Wir revitalisieren eine Form von Kultur, die wir auch unter dem Aspekt der Erziehung für wichtig halten. Ein Grafikwerk eines sehr bekannten Künstlers wie etwa Mircea Cantor ist sehr teuer. Das Kunstwerk wird auf kontrollierte Weise multipliziert, alles unter dem Auge und der Unterschrift und der Nummerierung des Künstlers, der nur die Originalplatte macht. Das Atelier wird zwei Angestellte haben. Ende 2019, Anfang 2020 wird man zu arbeiten beginnen.
Die Stiftung schlägt aber auch andere, neue Wege ein: „epretext“, eine ambulante Galerie, eine Ausstellung für Kunst und Design, in der Künstler ausstellen, die die Grenzen der nicht-funktionellen Kunst überschreiten. Ich habe vorhin Mircea Cantor erwähnt, er hat auch Halstücher gefertigt. Das neue Publikum muss durch eine seinem Alltag nähere Form der Kunst herangezogen werden. Der Kunstkonsument in Rumänien ist noch nicht geformt, wir haben kein Kunstpublikum, dass in der Familie, in der Schule, nach drei Generationen Sammlern kultiviert ist, das gibt es nicht mehr. „Epretext“ beginnt am 6. Dezember. Adela Marius und Andrei Jecza sind die Promotoren dieses Projektes, das bis zum 15. Dezember am Domplatz Nr. 13 (im I. Stock) zu sehen ist, danach sechs Monate lang im Internet, dann wird eine neue Ausstellung an einem anderen Ort eröffnet. Es werden Namen wie Mircea Cantor oder Peter Jecza bis hin zu ganz jungen Künstlern zusammengebracht. Wieder eine Premiere, zumindest für Temeswar.
Aber ich finde auch kleine Ausstellungen, in einer warmen, familiären Atmosphäre weiterhin wichtig, wir haben hier im Haus eine Textilienausstellung von Klára Biró Jecza gehabt, am 14. Dezember wird „Jardin d’hiver“, 30 Silberobjekte der Künstlerin Anamaria Dobraș aus Oradea eröffnet. Diese Wärme der Ausstellung, die Familiarität, das ist mir wichtig, dass dieses Gefühl im Haus bleibt.