Sehr geehrter Herr Bischof Reinhart Guib,
Sehr geehrte Frau Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster,
In ernsthafter Sorge um die Zukunft unserer evangelischen Kirche in Rumänien, der vielen alten Kirchen und Kirchenburgen und der unzähligen Kunstgegenstände, also dem Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen wende ich mich mit einem offenen Brief an Sie und an die Öffentlichkeit.
Ich bin in Mediasch 1944 geboren und im dortigen Stadtpfarrhof aufgewachsen. Ich bin, wie viele andere, 1972 nach Deutschland ausgewandert und habe in Aachen Architektur studiert. Ich habe zunächst in Architekturbüros gearbeitet und war später in leitender Position in der Immobilienwirtschaft tätig. Ab dem Jahr 1999 bin ich nach Rumänien zurückgekehrt und hatte ein Beratungsbüro daselbst. Inzwischen lebe ich ganzjährig mit meiner Frau wieder in Mediasch. Ich bin Presbyter der evangelischen Margarethenkirche.
Nach meiner Einschätzung steht die EKR am Ende ihrer jahrhundertealten Geschichte, wenn nicht gewisse Maßnahmen ergriffen werden, die das verhindern. Wir sind eine reiche und zugleich arme Kirche und Gemeinschaft. Wir alle, die Pfarrer, die Gemeinden und ihre Mitglieder sind die Nachlassverwalter einer Gemeinschaft mit einem beträchtlichen Immobilienvermögen, zum Teil bestehend aus denkmalgeschützten Kirchen und -burgen, aber auch vielen anderen Gebäuden, die teilweise durch Schenkungen in unseren Besitz gekommen sind. Diese Gebäude zu erhalten ist nicht nur eine moralische Verpflichtung. Es gilt vor allem auch gesetzliche Vorschriften der Denkmalpflege einzuhalten. Das kostet zwar viel Geld, ist aber auch eine ehrenvolle Aufgabe. Es ist aber auch eine Aufgabe für Fachleute.
Vor Jahrhunderten verliehene Privilegien haben dazu geführt, dass Kirche und Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen urdemokratische, vorbildhafte Strukturen haben. Bedauerlicherweise ist diese Struktur weitestgehend verloren gegangen. Wir wählen unsere Pfarrer selbst. Die Gemeinde ist also der Arbeitgeber des Pfarrers. Die Pfarrer sind heute geschäftsführend tätig. Somit ist das Presbyterium sowas wie der Aufsichtsrat. Wichtig vor allem bei der Immobilienverwaltung. Entscheidungen zur Vermietung und Verpachtung, Verkauf und Ankauf hat die juristische Person Gemeinde zu treffen. Neuerdings sind diese Entscheidungen aber in der Hand des Bischofsamtes.
Das Problem ist nun, dass weder in den Gemeinden, noch beim Landeskonsistorium der Sach- und Fachverstand dafür vorhanden ist. Die Gefahren liegen auf der Hand, vor allem wegen des spekulativen Immobilienmarktes.
Folgende Aufgaben sind zu bewältigen:
1. Denkmalpflege
2. Nachhaltige Nutzung
3. Drittverwendung
4. Pflege und Renovierung
5. Wirtschaftliche Optimierung
6. Nutzung externer Beratung
7. Aktualisierung des Vertragswesens
Letztlich also eine professionelle Immoblienbewirtschaftung incl. Projektentwicklung. Übrigens ein Trend in der evangelischen Kirche in Deutschland.
Es kann nicht sein:
- dass Mieter renovieren
- dass Denkmalpflege ignoriert wird
- ikonische, emblematische Gebäude verkauft werden
- Kirchen usw. verfallen gelassen werden
- Objekte erworben werden mit geringer Lebensdauer (Garagen)
Vom 20.-24. 9. 2023 fand in Hermannstadt eine Tagung der Kulturstiftung der deutschen Vetriebenen statt zu den oben genannten Themen. Die EKR und das DFDR war außer zu einer kurzen Begrüßung nicht aktiv beteiligt. Das war schade.
Im Mediascher Gemeindebrief „Schritte“ schrieb vor einiger Zeit ein pensionierte Pfarrer einer deutschen Partnergemeinde man solle „den Pfarrern genauer auf die Finger schauen“. Dazu verurteilte er die bei uns verbreitete „Gefälligkeitskultur“. Eine Reaktion der Gemeinde blieb aus.
Als Mitglieder der Kirchengemeinden und Inhaber von Ehrenämtern sollten wir uns stärker unserer Verantwortung bewusst werden, bewusst und aktiv bei Wirtschaftsprüfern sein.
Die EKR sollte mehr als bisher den Rückkehrern die Möglichkeit geben, sich nach bestem Wissen einzubringen.
Die EKR sollte auf Landeskirchenebene Gremien gründen zur Immoblienbewirtschaftung, zum Tourismus und für künstlerische Veranstaltungen.
Die Zukunft der EKR liegt in unser aller Hände. Die kulturelle Aneignung durch Andersgläubige ist eine Lösung. Die kulturelle Selbstzerstörung ist es nicht.