Zum Aschermittwoch (dem feria quarta cinerum) machte das Foto des US-Außenministers Marco Antonio Rubio die Runde, der mit einem Aschenkreuz (infolge impositio cinerium, des „Aufdrängens der Asche“ zum Nachweis von Reue und Buße) vor den Medien erschien und sofort die (gewünschte…) Medienwelle lostrat, ganz nach dem „Good-TV“-Prinzip des Hausherrn im Weißen Haus, dem man längst nichts glauben kann – nicht einmal, dass er der Christ ist, den er zu sein vorgibt (momentan ist er Protestant…).
Klar ist (in einer der wenigen Demokratien der Welt, die keine Trennung zwischen Kirche und Staat kennt und wo rund 20 Prozent der Bevölkerung Katholiken sind): ein dickes Aschekreuz auf der Stirn bringt Stimmen (gilt auch in unseren Breiten, wo viele sich gern mit den Zeichen von Buße zeichnen, denen nicht danach ist – aber: „es steht sich halt so!“). Fest steht: „die Harfen haben sie“ (nicht) „auf die Weiden gehängt.“ Das Aschekreuz nutzen sie, um wählerstimmenheischend über den politischen Laufsteg zu stolzieren.
Nicht umsonst hat Cheflügner Trump den Aschermittwoch wieder ins Weiße Haus geholt und alle seine Mitarbeiter „eingeladen“, teilzunehmen. Das Aschekreuz auf der Stirn Rubios ist folglich auch ein Untergebenheitssignal dem strengen Gott im Weißen Haus gegenüber, der – echt Gott! – nicht viel rumfackeln würde, um jemanden rauszuschmeißen. Hat er doch, ganz l’Čtat c’est moi, die größte Rausschmissaktion des US-Staatsapparates initiiert und sonnt sich nun in der sich abzeichnenden Misere.
Was in Bayern der „politische Aschermittwoch“ ist, war vor der Pandemie (ab 2018, unter …Trump) und ist unter Trump wieder der Empfang des Aschekreuzes auf der Stirn. Kommt in breiten US-Wählerkreisen gut an und bringt Stimmen. Zu vermuten, dass die Einladung seitens des Ehepaars Donald John und Melania Trump („Heute werden die Jünger Christi ein Aschekreuz auf der Stirn tragen, das heilige Memento daran, dass wir alle sterblich sind, und ein Symbol unseres tagtäglichen Strebens nach Seiner Güte.“) auch eine Falle des Chefs war ….
Von jener Messe war Rubio geradewegs vor die Medien getreten, eben mit dem frischen Aschekreuz auf der Stirn. Fragt sich einerseits, wie Trump jene unter seinen Mitarbeitern (an)gesehen hat, die kein Aschekreuz auf der Stirn hatten? Andrerseits sollte man nicht vergessen, dass der 53-jährige heutige Secretary of State 2024 zugunsten Trumps auf seine Kandidatur für das Präsidentschaftsamt verzichtet hat – dass er aber in einem Alter ist, das ihm jedwelche politischen Zukunftstore weit öffnet… Z.B. mit einer Empfehlung Trumps…
Rubios Reueparade dürfte doppeltes Kalkül gewesen sein. Einerseits eine Absicherung seinem launischen, unberechenbaren allmächtigen Chef gegenüber, andrerseits zum Punktesammeln für die Zukunft. Da seine Wurzeln im spanischsprachigen Kuba liegen, ist weiter anzunehmen, dass seine 1956 (zweieinhalb Jahre vor dem Sturz Fulgencio Batistas durch Fidel Castro) in die USA ausgesiedelte Familie katholisch war – und er selbst es auch ist.
Folgerichtig ging Marco Rubio nicht im Detail auf das Aschekreuz auf seiner Stirn ein – die Mitwisser hatten in seinen Augen eh bereits das Richtige gesehen. Trotzdem bediente er auch das plakative Christentum, das von der Trump-Administration vor sich hergeschoben wird (trotz des Risikos einer Kollision mit dem wahren Katholizismus, wenn die Trumpianer ihre vorläufig deklarative Anti-Migranten-Politik umsetzen). Gebetsmühlenhaft versichert Gott Münchhausen, dass „der noch Ältere dort Oben“ (die Lieblingsformulierung des Bildhauers Ion Irimescu, 1903-2005) eh seiner Meinung sei.
Der im politischen US-Diskurs immer präsente Herrgott kriegt bei Trump neue Valenzen. Christliche Symbole und Traditionen sind Suggestionsbereiche der Media-Shows. Was die US-Wähler normal zu finden scheinen.
Aber Harfen auf Weiden hängen? So viel Arbeitsaufwand, ohne Nutzen?