Sammlung von Ideen für Antikorruptionsprojekte im Internet

US-amerikanischer Botschafter Mark H. Gitenstein spricht vor Klausenburger Studenten

Eine Ansprache des US-amerikanischen Botschafters, Mark H. Gitenstein, zum Korruptionsproblem am Institut für Politik, Verwaltungswissenschaften und Kommunikation der Universität Babeş-Bolyai in Klausenburg/Cluj-Napoca wurde zu einem engagierten Plädoyer für zivilgesellschaftliches Engagement jedes einzelnen rumänischen Bürgers.

Er werde oft gefragt, warum er als Vertreter der Vereinigten Staaten zum Thema der Korruption spreche. Das könne doch leicht als Einmischung missverstanden werden. Als der rumänische Präsident sich mit Präsident Obama traf, brachte Obama das Gespräch nicht zuerst auf Afghanistan oder das internationale Engagement Rumäniens, sondern auf die Demokratie und das funktionierende Rechtssystem. Nur wenn die Bürger Verwaltungsentscheidungen nachvollziehen können, wenn Unternehmer sich auf klare Vorgaben verlassen können, könne eine freie, offene Gesellschaft und eine gedeihende Wirtschaft entstehen. Daher sei den Vereinigten Staaten das Thema so wichtig, wie auch ausländischen Investoren, die regelmäßig über die Intransparenz der Bürokratie klagen würden.

Auch die EU bemüht sich mit dem Mechanismus für Kooperation und Verifikation um Kontrolle des Prozesses hin zu mehr Transparenz, worin sie „beachtliche Fortschritte“ festgestellt hätte, so Gitenstein. Er lobte ausdrücklich die gute und unabhängige Arbeit des Staatsanwaltes und des Justizministeriums. Dessen Antikorruptionsstrategie sei zur Maßgabe aller Ministerien gemacht worden, wie auch das neue Zivil- und Strafrecht in diese neue, löbliche Richtung ziele. Doch müsse man sich fragen, wie dauerhaft diese neue Entwicklung sei. Werde es nicht einen Rückschlag zum alten Schlendrian geben, wenn der internationale Druck wegfällt? Gitenstein richtete einen eindringlichen Appell an die jungen Studenten: „Hier kommt es auf Sie an!“ Die Polizei und die Staatsanwaltschaft könnten so effizient sein, wie sie wollen, wenn die Justiz ineffizient oder im schlimmsten Falle korrupt ist. Die Immunität der Parlamentsabgeordneten, die in Rumänien weiter reiche als in den USA, reduziere die Hoffnung, dass die Antikorruptionsstrategie von Dauer sein wird.

Eine Studentin fragte, wie man die Abgeordneten davon überzeugen könne, sich selbst zu entmachten. Hier setze die Öffentlichkeit ein, antwortete Gitenstein, die Kraft der neuen „social media“ im Internet. Kein Politiker sei angetan, wenn er im Internet, auf entsprechenden Plattformen, als jemand erscheint, der gegen wirkungsvolle Antikorruptionsmaßnahmen ist. Es sei schlicht höchste Zeit, etwas zu tun. Von einer Gruppe von 30 jungen Leuten, mit denen Gitenstein jüngst sprach, wollten nur vier in Rumänien bleiben. Die übrigen beklagten die mangelnde Transparenz. Obwohl man alles erfüllt habe, komme man doch nicht weiter, weil andere die besseren Beziehungen und/oder die dickere Brieftasche haben. Die Kraft des Internets sollte sich gerade hier zeigen, meinte Gitenstein, denn die junge Generation der Rumänen sei hervorragend vernetzt, sie nutze Facebook, sei auf Twitter.

Daher lancierte die US-amerikanische Botschaft mit erheblichen Eigenmitteln eine eigene Webseite, um Ideen für Antikorruptionsprojekte im Netz zu sammeln. 144 Ideen und Vorschläge kamen zusammen. 66.000 Rumänen besuchten die Seite innerhalb kürzester Zeit, was zeigt, wie brennend das Thema ist. Gitenstein zitierte den amerikanischen Publizisten Tom Friedman und seine Theorie, warum manche Staaten scheiterten und andere erfolgreich seien. Hauptgrund sei nach Friedman die Überzeugung der Bürger, Herr der Dinge zu sein, nicht gegängelt zu werden und einer undurchsichtigen Bürokratie ausgeliefert zu sein, die nach ganz eigenen Gesetzen funktioniert. Diese Unsicherheit sei, so Gitenstein, fast noch verhängnisvoller als die Korruption, weil sie Engagement, Innovation, weil sie die Zuversicht und den Fortschritt hemme.

Der neue Rektor der Klausenburger Universität, Ioan Aurel Pop, fragte, ob nicht die lange, verwickelte Geschichte Rumäniens, die Verfestigung bestimmter Unarten ein Hemmnis sei, dass sich die Dinge bessern. Das glaube er nicht, entgegnete Gitenstein. Die jungen Studenten dächten viel globaler als ihre Eltern, wofür die Internet-Projekte sprächen, die sie zur Bekämpfung der Korruption ersonnen haben. Dazu gehört neben vielen anderen „Votul meu contează“, „Erupţie Anticorupţie“ oder „Let’s do it, Romania!“, das sich für den Umweltschutz und u. a. gegen den illegalen Holzeinschlag wendet.
Die Tatkraft der jungen Studenten, an die der Botschafter appellierte, belegte der Aufruf einer Studentin, die die Webseite „cineceapromis.ro“ präsentierte – eine Seite, die Politiker an ihren Versprechen messen will: „Die Revolutionen beginnen online, aber sie enden offline!“ Wer sich nur im Netz bewegt, aber nicht wirklich tätig wird, wird das Nachsehen haben. Dem konnte sich der Botschafter nur anschließen: „Die Zukunft hängt von Ihnen ab!“