Seilbahnkauf: Verdächtig viele Jastimmen

Bürger von Reschitza wollen den Kauf der Industrieseilbahn durch ihre Stadt

Als das Rathaus die Bürger von Reschitza befragte, ob sie für eine Beibehaltung des Straßenbahnverkehrs in der Stadt sind, reagierten um die 200 Bürger und äußerten sich negativ. Auf die im Dezember lancierte Frage (mit Fragebogen), ob das Rathaus die Industrieseilbahn kaufen soll, die das Stadtzentrum überquert, antworteten 12.134 Bürger – 71 füllten die Fragebögen aus, alle anderen elektronisch. Fast 11.000 (also ungefähr jeder siebente Bürger der Stadt) antworteten auf alle fünf Fragen bejahend („Die Industrieseilbahn ist ein Objekt von lokalem Interesse“ – 10.960 JA; „Sie ist ein Symbol von Reschitza“ – 11.217 JA; „Ihre Beibehaltung ist notwendig“ – 10.910 JA; „Sie möge Teil des integrierten Stadtentwicklungsplans werden“ – 10.992 JA; „Die Stadt soll sie kaufen“ – 10.992 JA).

Bei der Begegnung mit den Bürgern, die Montagnachmittag im Tagungssaal des Rathauses stattfand (mit extrem mäßiger Beteiligung, wenn man die Zahl derer in Betracht zieht, die sich zum Problem per Internet geäußert haben – zwei-drei Dutzend Bürger waren um 11,30 Uhr ins Rathaus gekommen), fehlte das Echo einer so überwältigenden Beteiligung und mehrere der Teilnehmer äußerten prompt ihre Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Daten, die ihnen das Rathaus vorgesetzt hatte. Der Debatte hatten sich Bürgermeister Mihai Stepanescu (der nach wie vor in der Öffentlichkeit behauptet, er habe keine feststehende Meinung, ob ein Kauf oder Nichtkauf der Seilbahn für die Stadt gut oder schlecht sei), die beiden Vizebürgermeister der Stadt und Abteilungsleiter des Rathauses gestellt. Stepanescu: „Ich habe nach wie vor keine Ahnung, ob es gut ist oder schlecht, die Seilbahn zu kaufen und zu konservieren, aber ich wollte die Meinung der Bürger von Reschitza dazu erfahren und die haben sich mit überwältigender Mehrheit für den Kauf und die Beibehaltung der Seilbahn ausgesprochen“.

Den Vertretern der Stadt wurde die durchaus interessante Frage gestellt, ob sie eine Ahnung hätten, wie viel diese Seilbahn wiegt. Nach langem Hin und Her kam die Antwort: 2211 Tonnen. Man verstand: Es zahlt sich durchaus aus, sie zu verschrotten, trotzdem wäre es unterm Strich ein Verlustgeschäft, wenn die Verschrottung nicht in Eigenregie geschieht. Geräte dazu besitzt die Stadt aber nicht. Keine Antwort gab es hingegen auf die Frage eines anderen Bürgers: Wie hoch sind die Instandhaltungskosten der Seilbahn? Nach langem Zögern sagte der Bürgermeister, das werde man erst wissen, wenn konkrete Pläne zu ihrer Nutzung ausgearbeitet sind... Auch was ein Umbau des Objekts zu touristischen Zwecken kosten wird, konnte niemand aus der Stadtführung konkret beantworten. Auch das werde man erst wissen, „wenn ein seriöses Projekt vorgelegt wird“, wie es der sich immer seriös gebende Bürgermeister formulierte: „Der Wert des Projekts hängt ab von dem, was wir damit wollen. Aber eins muss klar sein: Ich möchte die Seilbahn nicht um jeden Preis kaufen. Mal sehen, was die Ratsherren dazu sagen!“

Die Befürworter des Kaufs und Umbaus der Seilbahn faselten romantisch von Vergleichen mit Stockholm und Wuppertal, von „Sport und Unterhaltung und Adrenalin für die Jugend“, einer rezitierte sogar ein selbstgeschriebenes Gedicht über Diebstahl und Verräter, die bloß stehlen und demolieren, statt zu bauen...
Gegen Ende der Bürgeraussprache ergriff Vizebürgermeister Ioan Crina das Wort und outete sich als Gegner des Kaufs der Seilbahn (er sei „kein Fan“ des Kaufs und Umbaus, sagte er), gab aber zu, dass alle Bürger, die er darauf angesprochen hat, einschließlich mehrere Architekten (die ADZ/BZ berichtete über diese Begegnung), sich für den Kauf und die Inbetriebnahme der Seilbahn ausgesprochen haben, weil diese „ein repräsentatives Symbol der Stadt“ sei.

Kommende Woche, auf der ersten ordentlichen Stadtratssitzung des Jahres 2015, dürfte mit der Beschlussfassung das (vorläufig) letzte Wort in dieser causa fallen. Vielleicht aber noch etwas im Vorhinein: Entgegen allen bisherigen Versicherungen und Aussagen, einschließlich des Vizebürgermeisters Ioan Crina auf der Begegnung mit den Architekten, gehört die Industrieseilbahn von Reschitza zur Stunde immer noch nicht voll und ganz dem Unternehmer und Immobilienspekulanten Costel Ciobanu-„Barbălată“, der sie der Stadt zum Preis von rund 150.000 Dollar angeboten hat (sozusagen: zum Kaufpreis). Er hat im kommenden Juni die letzte Rate für den Kauf zu entrichten. Es ist die Frage, ob er dann noch auf freiem Fuß sein wird, denn die Antikorruptionsbehörde DNA nimmt ihn gegenwärtig hart in die Mangel. Für Bürgermeister Mihai Stepanescu heißt diese Enthüllung: „Ich muss dringend sowohl an Barbălată als auch ans Stahlwerk TMK ein Schreiben richten und sie daran erinnern, dass sie zusammen für die Sicherheit der Bürger bürgen, die sich in der Nähe der Seilbahn aufhalten.“