Siebenbürgen – eine „Insel des Gelingens“

Dr. Ulrich Witte informiert über die vielfältigen Aktivitäten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Rumänien

„Solche Gegenden wie in Siebenbürgen findet man nicht mehr oft in Europa.“
Foto: DBU

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützte bisher 380 internationale Vorhaben mit einem Volumen von 46 Millionen Euro und geht davon aus, dass diese Unterstützung in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Seit 1996 förderte die DBU 49 Projekte in Rumänien bzw. mit rumänischer Beteiligung mit einer Fördersumme von 6,4 Millionen Euro. Ein Großteil der Projekte befindet sich in Siebenbürgen. Erst im Juni wurde in Hermannstadt/Sibiu das jüngste Projekt vorgestellt: „Die grüne Sendelbinde/Tichia Verde“ zielt auf die Einführung von Umweltmanagementsystemen im Brukenthalmuseum, dem Stadtpfarramt sowie der Hermannstädter Agentur für Umwelt sowie begleitende Aktivitäten zur Information der Öffentlichkeit. Bei dieser Gelegenheit sprach ADZ-Redakteur Holger Wermke mit Dr. Ulrich Witte, Leiter der Abteilung für Umweltkommunikation und Kulturgüterschutz, über die Arbeit der DBU.

Warum finanziert die DBU Projekte im Ausland?

Weil die DBU der Meinung ist, dass es keinen Sinn ergibt, in nationalen Grenzen Umweltschutz zu machen. Die Umweltprobleme, die wir heutzutage haben, die sind international und sogar global. Der Klimawandel ist ein Thema, das weltweit eine Rolle spielt. Auch in Europa haben wir viele grenzüberschreitende Probleme, die beispielsweise durch die Flüsse in ein anderes Land getragen werden. Wenn wir nur in Deutschland etwas machen, dann macht das wenig Sinn, weil unsere Nachbarn ähnliche Probleme haben und diese auch dort im gemeinsamen Interesse gelöst werden müssten. Deshalb ist es uns auch im Kontext der europäischen Union sehr wichtig, dass wir auf einem gemeinsamen Level sind.

Wieso konzentriert sich die DBU bei Auslandsprojekten auf Umweltkommunikation, die mehr als 60 Prozent des Fördervolumens ausmachen?

Um in einem Land den Umweltschutz in Unternehmen, in Gesetzen oder im staatlichen Handeln zu verankern, bedarf es einer positiven Grundstimmung, d. h. es muss ein allgemeines Umweltbewusstsein mit einem entsprechenden Umweltwissen existieren. Die Umweltkommunikation trägt dazu bei, entsprechendes Bewusstsein und Wissen aufzubauen.

Was für Projekte förderte die DBU bislang in Rumänien?

Wir haben vor allem Projekte im Bereich der Bildung und Kommunikation und auch des Denkmalschutzes gefördert, zum Beispiel in Siebenbürgen die Restaurierung verschiedener Kirchenburgen. Um das zu veranschaulichen: Wir haben etwa zur Sanierung der Kirchenburg in Frauendorf beigetragen und stehen auch in weiteren Gesprächen dort. Was im Moment in verschiedenen Projekten eine Rolle spielt, ist der ökologische Tourismus. Also nicht der rein kommerzielle Tourismus, wie er beispielsweise in Mallorca oder an der spanischen Südküste eine Rolle spielt, sondern ein behutsamer Tourismus. Ein Tourismus, der zwar Gelder in das Land bringt und Arbeitsplätze schafft, was wichtig ist, der aber gleichzeitig dazu beiträgt, diesen Schatz zu erhalten, den man hier findet. Das, was hier in Siebenbürgen an Natur- und Kulturreichtum vorhanden ist zu erhalten, ist aus meiner Sicht die wichtigste Aufgabe überhaupt, denn das ist das eigentliche tolle Merkmal dieser Gegend. Ob sich die Leute dessen immer bewusst sind, weiß ich nicht, aber ich bin in Europa viel unterwegs und ich kann ihnen nur sagen, solche Gegenden wie in Siebenbürgen findet man nicht mehr oft in Europa.

Welche weiteren laufenden Projekte betreut die DBU in Rumänien?

Ja, wir haben zum Beispiel noch ein Restaurierungsprojekt in Kronstadt, wo wir die Restaurierung osmanischer Teppiche in der Schwarzen Kirche fördern. Wir haben mehrere Bildungsprojekte, wo wir beispielsweise mit Schulen im Bereich Geocaching zusammenarbeiten. Da geht es darum, auf neue Art und auch mit Spaß mit Schülern etwas zu unternehmen und dabei lernen. Wir führen derzeit Gespräche in Rosenau, wo in einem ehemaligen Kultursaal ein Umweltzentrum für die Schüler der Stadt und für die überregionale Lehrerfortbildung, aber auch für Touristen, eingerichtet werden soll.

Die Mehrzahl der in Rumänien geförderten Projekte befindet sich in Siebenbürgen. Gibt es dafür einen Grund?

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat in verschiedenen Ländern Mittel- und Osteuropas Regionen definiert, die sie als „Inseln des Gelingens“ bezeichnet. Dies sind Regionen, die früher in einer besonderen Beziehung zu Deutschland standen oder noch stehen und zu denen es viele kulturelle Gemeinsamkeiten gibt. Siebenbürgen ist eine dieser Regionen.

Was für Maßstäbe legt die DBU bei der Beurteilung von Projektanträgen an?

Generell gilt: Das Projekt muss innovativ und beispielgebend sein, und es muss einen praktischen Beitrag zum Umweltschutz bieten. Am liebsten sind uns außerhalb Deutschlands Projekte, die auch in Deutschland in vergleichbarer Form noch nicht existieren. Ansonsten akzeptieren wir auch, dass Projekte in Deutschland schon bekannt sind und innerhalb des Ziellandes, in diesem Fall Rumänien, neue Maßstäbe setzen.

In welcher finanziellen Größenordnung bewegen sich die von der DBU geförderten Projekte?

Die liegen in der Regel um die 100.000 Euro. Wir haben auch kleinere Maßnahmen sowie einige, die über dieser Summe liegen. Wir gehen bis zu einer Grenze von 125.000 Euro bei der Förderung, weil darüber die formalen Anforderungen sehr viel aufwendiger werden. Es ist für alle Beteiligten einfacher, unter dieser Grenze zu bleiben. Für unsere Partner in Rumänien kommt das Problem hinzu, dass wir einen Eigenanteil wollen. Wenn die DBU 100.000 gibt, erwarten wir auch denselben Betrag von der anderen Seite, wobei dieser in Form von Eigenleistungen erbracht werden kann.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?

In Rumänien beispiels-weise mit der evangelischen Kirche, aber wir arbeiten auch mit Stadtverwaltungen, mit Behörden oder auch mit Unternehmen im ökologischen Tourismus zusammen. Denkbar ist auch eine Zusammenarbeit mit Vereinen oder Nichtregierungsorganisationen. Bei uns gibt es in dieser Hinsicht überhaupt keine Berührungsängste.

Die Förderpalette der DBU reichen von der Finanzierung von Entwicklungsstrategien im Harbachtal/Valea Hârtibaciului über Konferenzen bis zur Unterstützung von konkreten Einzelmaßnahmen. Welche Förderschiene stiftet aus Ihrer Erfahrung den größten Nutzen?

Eine schwierige Frage. Was ist Nutzen? Manche Projekte wirken sich sofort aus, andere, etwa Bildungsprojekte, brauchen Jahre, bis sie wirksam werden. Auch sollte man bei der Frage nach dem Nutzen das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bedenken.

Gibt es aus Ihrer Sicht ein Vorzeigeprojekt, das die DBU in Rumänien gefördert hat?

Alle (lacht). Das ist schwierig zu sagen. Mit Sicherheit die Kirchenburg in Frauendorf (siehe Projektliste), die auch touristisch genutzt werden soll. Aber auch andere Projekte sind sicherlich erfolgreich gewesen.

Deutschland ist in Europa oft Vorreiter, wenn es um Umweltbewusstsein und praktischen Umweltschutz geht. Wo sehen Sie Rumänien in dieser Hinsicht?

Wie viele Länder in Mittel-Osteuropa kämpft Rumänien mit Umweltbelastungen aus der Vergangenheit, die gelöst werden müssen, und strebt gleichzeitig nach wirtschaftlichem Erfolg. Häufig heißt die Devise dann, wie früher auch in Deutschland: erst Wirtschaftswachstum, dann Umweltschutz. Rumänien hat die Chance, beides zu verbinden: nicht Ökologie gegen Ökonomie, sondern Ökonomie und Ökologie. Auf Dauer ist es immer wirtschaftlich günstiger, Fragen des Umweltschutzes von Anfang an gut zu berücksichtigen.

Die DBU engagiert sich in einer Vielzahl von Themengebieten, angefangen vom Klimaschutz über Naturschutz bis zur Umweltforschung. Gibt es Themen, für die es nach Ihrer Einschätzung in Rumänien ein besonderes Potenzial bzw. einen Bedarf gibt?

Rumänien ist ein großes und schönes Land mit einer beeindruckenden Vielfalt. Der Reichtum an Natur könnte Anlass sein, über einen nachhaltigen Tourismus nachzudenken. Ein erhebliches Potenzial hat auch der Ausbau erneuerbarer Energien. Sicherlich muss auch eine Modernisierung der technischen Infrastruktur erfolgen. Um natürliche Ressourcen zu schonen und Umweltproblemen vorzubeugen.

Ein Auszug aus der Projektliste der DBU:

- Modellhafte Instandsetzung der anthropogen umweltgeschädigten Bischofskirchenburg zu Bierthälm/Biertan unter Beachtung von Naturschutzzielen
- Bodenfilterkläranlage Radeln/Roadeş
- Internationales Fachkolloquium: Zeitgemäße Möglichkeiten zur Sanierung umweltgeschädigter Kirchenburgen und anderer Kulturgüter in Siebenbürgen
- Tagung und Publikation: Der Barockpark der Sommerresidenz Samuel von Brukenthal in seiner Bedeutung für Denkmalpflege, Naturschutz, Umweltkommunikation und Tourismus
- Umsetzung eines für mittelalterliche siebenbürgische Kirchenburgen modellhaften Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes am Beispiel der umweltgeschädigten Kirchenburg in Frauendorf/Axente Sever
- Hermannstädter Umweltkonferenz 2006  
- Naturschutz durch nachhaltige Dorfentwicklung am Beispiel der rumänischen Gemeinde Şinca Noua