„Sobald sich die ‘Großwetterlage’ aufhellt, werden auch die österreichischen Neuinvestitionen steigen“

ADZ-Gespräch mit Edith Predorf, Delegierte der Wirtschaftskammer Österreich

Edith Predorf bei einer Veranstaltung des österreichischen WirtschaftsCenters Bukarest
Foto: privat

Drei Jahre lang stand Edith Predorf als stellvertretende Wirtschaftsdelegierte des österreichischen AußenwirtschaftsCenters in Bukarest den zahlreichen, hierzulande aktiven Unternehmern ihres Landes mit Rat und Tat zur Seite – in wirtschaftlich prekären Zeiten beileibe keine leichte Aufgabe. Vor Kurzem verabschiedete sich Predorf nun von Rumänien, sie kümmert sich seit dem 1. Juni um die Belange der österreichischen Wirtschaft in Südafrika. In einem Gespräch mit Lilo Millitz-Stoica zog Edith Predorf eine Bilanz ihres Rumänien-Einsatzes:

Frau Predorf, als Sie vor drei Jahren nach Bukarest kamen, steckte die rumänische Wirtschaft tief in der Rezession. Inzwischen schreibt das Land zwar wieder etwas Wachstum, allerdings ist die Krise angesichts der Entwicklungen im Euro-Raum noch längst nicht ausgestanden. Wie hat sich Rumänien aus Ihrer Sicht in diesem Zeitraum auf der Wirtschaftsfront geschlagen?

Die letzten Jahre waren wirtschaftlich gesehen schwierig – das allerdings nicht nur für Rumänien. Die EU-Länder stehen auch künftig vor großen Herausforderungen und in diesem Kontext ist auch das Wirtschaftswachstum Rumäniens zu sehen. Positiv hervorheben kann man die strenge Budgetdisziplin, die die rumänische Regierung seit Beginn der Krise an den Tag gelegt hat. Vor allem in harten Zeiten ist es noch schwieriger, einen Sparkurs einzuschlagen und diesen auch durchzustehen. Diese konsequente Politik hat auch der IWF positiv beurteilt.

Sparpaket und strenge Haushaltsdisziplin haben in letzten Jahren hierzulande kaum Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft ermöglicht. Wie haben die österreichischen, in Rumänien aktiven Unternehmen die Rezession überstanden? Gab es Werkschließungen, Produktionsrückgänge oder gar Rückzüge vom rumänischen Markt?

Auch für gut etablierte österreichische Unternehmen waren die letzten Jahre schwierig; besonders stark betroffenen waren Branchen wie Bauwirtschaft, Transport, aber auch Versicherungen. Vereinzelt mussten die Produktionskapazitäten angepasst werden, großflächige Rückzüge aus dem Markt hat es allerdings nicht gegeben. Besonders die österreichischen Banken haben maßgeblich zur Stabilisierung des lokalen Finanzmarktes beigetragen und Verlässlichkeit bewiesen. 

Welche wirtschaftsfördernden Maßnahmen würden die österreichischen Unternehmer, Ihren Feedbacks zufolge, nunmehr besonders begrüßen?

Aufgrund des derzeit geringen Wirtschaftswachstums ist es aus meiner Sicht nicht möglich und sinnvoll, steuerpolitische „Zuckerl“ zu verteilen. Für österreichische Investoren ist es besonders wichtig, bestehende Strukturen weiter zu verbessern – damit meine ich vor allem die Optimierung der täglichen, praktischen Abwicklung: Stichworte sind hier Effizienzsteigerungen in der Administration, bei Behördengängen, im Steuerwesen und in der Gerichtsbarkeit, bei der Fördermittelvergabe sowie eine verstärkte Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen. 

Die neue Mitte-Links-Regierung hat das Defizitziel leicht gelockert und scheint fürs Erste hauptsächlich Sozialmaßnahmen sowie neue Steuern und Abgaben ins Auge zu fassen. Wie attraktiv wirkt das auf potenzielle Investoren, zumal die ausländischen Direktinvestitionen in Rumänien ja bereits im Keller sind?

Die österreichischen Direktinvestitionen sind mit einem Stand von 9,35 Milliarden Euro (17,8 Prozent der ausländischen Gesamtinvestitionen) in Rumänien beachtlich, sie rangieren damit auf Platz zwei nach den Niederlanden und vor Deutschland (offizielle Zahlen der Nationalbank Rumäniens, Stand 31.12.2010). Die Neuinvestitionen sind allerdings in den vergangenen Jahren – nicht nur aus Österreich – eingebrochen. Gründe dafür sind aber nicht geplante Abgabenerhöhungen, sondern vor allem die schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation. Sobald sich die „Großwetterlage“ in Europa und auch in Rumänien wieder aufhellt, werden auch die österreichischen Neuinvestitionen steigen. Wichtig ist, dass sich Rumänien nicht mit Ineffizienz und Intransparenz selbst im Weg steht. 

Rumäniens neuer Wirtschaftsminister, Daniel Chiţoiu, stellt Mineralölkonzernen, die satte Gewinne schreiben, ab kommendem Jahr eine „Robin Hood“-Steuer in Aussicht, die im Volksmund bereits „OMV-Steuer“ heißt. Chiţoiu forderte die OMV-Tochter Petrom auf, „freiwillig“ eine höhere Förderabgabe als bisher zu zahlen, ansonsten werde eben besagte Sondersteuer eingeführt. Wie werden derlei Entwicklungen in Wiener Wirtschaftskreisen wahrgenommen?

Ich finde es in diesem Zusammenhang äußerst wichtig, den Beitrag, den österreichische Investoren zur Wirtschaftsentwicklung in diesem Land geleistet haben, nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn die Privatisierung von Staatsbetrieben dazu führt, dass vormals chronische Verlustbringer, die den Steuerzahler täglich Millionen kosteten, nunmehr profitabel sind, sollte das als Erfolgsbeispiel gesehen werden, wovon alle profitieren, vor allem der Finanzminister. Alles andere ist Populismus. Viele Unternehmen reinvestieren einen großen Teil ihrer Gewinne in die Modernisierung der Produktionsmittel, in erneuerbare Energieträger und auch in den Umweltschutz. Der hohe Benzinpreis sorgt in allen europäischen Ländern für Unmut, dieser darf allerdings nicht einzig auf die Hersteller projiziert werden. Es gibt Weltmarktpreise und Rumänien kann sich da nicht abkoppeln.

Wie hoch oder gering ist das Interesse österreichischer Investoren gegenüber Rumänien derzeit noch?

Das Interesse ist nach wie vor ungebrochen, das sehen wir besonders bei unseren Informationsveranstaltungen in Österreich und Rumänien. Die Außenwirtschaft Österreich (AWO), unsere Mutterorganisation und Teil der Wirtschaftskammer Österreich, hat eben erst einen „AWO-Wirtschaftsclub Rumänien“ ins Leben gerufen, die erste Veranstaltung fand am 30. Mai in Wien statt. Infos zu unseren Veranstaltungen finden Interessenten unter www.wko.at/awo/ro für Unternehmen in Österreich, Niederlassungen informieren wir über lokale Events unter www.advantageaustria.org/ro . Wir beraten und betreuen jährlich rund 1400 österreichische Firmen, die Informationen über den rumänischen Markt suchen, und haben bei jährlich 25 eigenen Veranstaltungen in Rumänien extrem großen Andrang. Einer der interessantesten neuen Bereiche ist derzeit der Alternativenergiesektor.

Frau Predorf, Sie kamen in Zeiten bitterer Rezession nach Rumänien – wohl nicht gerade Traumvoraussetzungen für einen Wirtschaftsdelegierten. Was kann ein Wirtschaftsvertreter in oder trotz Krisenzeiten bewirken?

Ich denke, besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Service der AußenwirtschaftsCenter weltweit gefragt. Viele Unternehmen wenden sich an uns mit der Bitte um Unterstützung bei der Geschäftspartnersuche, Marktrecherchen oder in komplexen Fällen, die sich besser mit unserer Unterstützung und gemeinsam mit den rumänischen Behörden lösen lassen.

Seit dem 1. Juni sind Sie beim österreichischen AußenwirtschaftsCenter in Johannesburg im Einsatz. Das bedeutete den Abschied von Bukarest. Abschiede bedeuten fast immer ein lachendes und ein weinendes Auge – worauf freuen Sie sich?

Ich freue mich, nach drei Jahren eine neue Herausforderung in Angriff zu nehmen, mich mit einem neuen Land und einem anderen Wirtschaftskontext auseinanderzusetzen, und natürlich auch neue Kontakte zu knüpfen. Jeder Posten ist anders und genau diese Unterschiede machen das Reizvolle in meinem Beruf aus. 

Und nun zum weinenden Auge: Wovon trennen Sie sich hierzulande am schwersten bzw. gibt es etwas, was Sie vermissen werden?

Meine Zeit in Rumänien werde ich in sehr guter Erinnerung behalten. Es waren sehr viele schöne Momente dabei, sowohl beruflich als auch privat. Aufgrund der Stärke der österreichischen Wirtschaft in Rumänien gehört Bukarest bestimmt zu einem der spannendsten Posten in meiner Profession. Ich habe hier sehr viel Erfahrung sammeln können und viel dazugelernt, dafür bin ich dankbar. Vermissen werde ich vor allem liebe Freunde und Kollegen. 

Vielen Dank für das Gespräch.