Um kurz vor Mitternacht verließ am 30. Juni 1944 ein Zug mit etwa 1600 Juden das von der deutschen Wehrmacht besetzte Budapest, um diese in die Schweiz zu bringen. Organisiert wurde der Transport maßgeblich von Rezsö Kasztner (Rudolf Kasztner, später Israel Kasztner), einem ungarisch-jüdischen Juristen und Journalisten aus Klausenburg/Cluj-Napoca, der dazu direkt mit Adolf Eichmann verhandelte. Kasztner kam 1940, nach dem Zweiten Wiener Schiedsspruch, nach Budapest und beteiligte sich im „Komitee für Hilfe und Rettung“ (Wa’adah), welches versuchte, Juden aus den von Deutschland besetzten Gebieten in Ostmitteleuropa zu evakuieren.
Nach einem Stopp in Linz wurde der „Kasztner Zug“ allerdings unerwartet zum Konzentrationslager Bergen-Belsen in Norddeutschland geleitet. Dort am 9. Juli angekommen, registrierten die Behörden insgesamt 1684 Passagiere, die nun über Wochen und Monate im sogenannten „Ungarnlager“ festgehalten wurden. Unter den Häftlingen befanden sich Dutzende wohlhabende Juden, die für den Transport viel Geld bezahlten hatten, aber auch Waisenkinder und 388 Juden aus dem Iris-Ghetto in Klausenburg. Zu den prominenten jüdischen Persönlichkeiten, die den Holocaust schließlich auch überleben sollten, zählten der Schriftsteller Béla Zsolt, der Begründer der Schicksalsanalyse (einer Strömung der Tiefenpsychologie) Lipót Szondi, die Opernsängerin Dezsö Ernster sowie der Grafiker und Architekt István Irsai.
Die ersten 318 Passagiere des Kasztner-Zuges erreichten die Schweiz schließlich am 18. August, die übrigen wurden noch bis Dezember 1944 in Bergen-Belsen festgehalten, wobei nicht alle diese Haft überlebten. Nicht mit an Bord des Zuges war Kasztner selbst, der zu diesem Zeitpunkt 38-Jährige blieb im besetzten Budapest und wanderte nach Kriegsende nach Palästina aus.
Dort wurde er Sprecher des Industrieministeriums und schloss sich der sozialdemokratischen „Mapai“-Partei an, sah sich aber 1952 freilich Kollaborationsvorwürfen mit den Nationalsozialisten ausgesetzt. In einem von ihm angestrengtem Verleumdungsprozess wurde allerdings zu Gunsten des Angeklagten Malchiel Gruenwald entschieden, der Kasztner weiterhin vorgeworfen hatte, die Juden in den Ghettos in Ostmittel-Europa nicht vor den Vernichtungen im Konzentrationslager Auschwitz gewarnt zu haben. Nach Aussage des Richters habe er „seine Seele dem Teufel verkauft“. Am 3. März 1957 wurde Kasztner schließlich vor seiner Wohnung in Tel Aviv angeschossen und erlag einige Tage später seinen Verletzungen.
Der Kasztner-Zug wird auch im Muzeon-Museum thematisiert. In „Geschäfte mit dem Teufel. Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner“ (2010) schreibt Ladislaus Löb, einer der Passagiere, dass Kasztner durch Boten die Bewohner in den Ghettos sehr wohl versuchte zu warnen, die Menschen allerdings die Vorstellung eines Vernichtungslagers nicht wahrhaben wollten.
Kasztner selbst wusste von den Vernichtungen durch die Auschwitz-Protokolle der geflüchteten KZ-Häftlinge Rudolf Vrba und Alfréd Wetzler. Das Oberste Gericht hob in einem Berufungsverfahren bereits 1958 die meisten Vorwürfe wieder auf, gleichwohl ist das Handeln von Kasztner in der jüdischen Geschichtsschreibung bis heute umstritten.
Das Klausenburger Ghetto befand sich auf dem Gelände einer Ziegelfabrik zwischen dem heutigen Muncii-Boulevard und der Fabricii-Straße im Nordosten der Stadt. Im Mai und Juni 1944 wurden von dort rund 18.000 Juden nach Auschwitz deportiert. An einem kürzlich abgerissenen Gebäude erinnerte bis vor wenigen Monaten eine Tafel an das Ghetto und die Deportierten.