Was passiert noch bis zum Weltuntergang?

Missmut und Hoffnung: Ein Blick voraus in das Jahr 2012

Ausblick für 2012: Nach dem Maya-Kalender soll am 21.12.2012 die Welt untergehen. Foto sxc.hu

Die Winterfeiertage sind mal wieder glücklich überstanden und passé. Zu dem Unmut der Menschen vor einem langen, grauen Arbeitsjahr, dem üblichen Kopfweh, dem verdorbenen Magen und der Katerstimmung, was doch alles normal ist, kommen in den ersten Tagen des neuen Jahres 2012 auch Hiobsbotschaften. In der Welt kriselt es kräftig weiter, die Menschen scheinen sich endlich abschaffen zu wollen, die Gruselgeschichten überbieten selbst die millionenschweren Horrorgeschichten made in Hollywood. Der total vernetzte Normalbürger badet rund um die Uhr in Sensationsnachrichten von Mord und Tod, Diebstahl und Betrug, lässt sich bei Popcorn und Cola, im trauten Kreis der Familie, gar den Weltuntergang in Farbe servieren. Denn nach dem Maya-Kalender soll doch am 21.12.2012 die Welt untergehen und alles vorbei sein.

Wenn man bedenkt, dass der Weltuntergang eine eingefleischte allzu menschliche Marotte ist, die so alt wie die Menschheit zu sein scheint, dass die falschen Prophezeiungen eine lange Chronik der verpassten Weltuntergänge ergeben, ist dieser Endzeitgedanke bestimmt nicht das Schlimmste, was uns in diesem neuen Jahr blüht. Angekündigt wurde dieser fälschlicherweise u. a. schon von Papst Sylvester II. (für den 31. Dezember 999), gar dreimal von dem Reformator Martin Luther (für 1532, 1538 und 1541), vom Amerika-Entdecker Cristoph Kolumbus (für 1666), von dem berühmten Nostradamus (für 1999) oder dem angesehenen Wissenschaftler Sir Isaac Newton (für 2000).

Wenn man in allen Herren Länder fieberhaft die Moneten, zweimal, dreimal, mehrmals zählt, die EU-Politiker in Brüssel am Zusammenhalt laborieren, deadlines um deadlines aufstellen, neue Krücken für den Euro basteln, die Militärs in Washington in ihrem tiefsten Innern mit dem Gedanken liebäugeln, die Kriegsmaschinerie wieder herauszuholen, um die undisziplinierte Welt zu retten, kann man den rumänischen Normalbürger zu jenen wenigen glücklichen Menschen rechnen, die sich weder um den Weltuntergang, noch um die Zukunft ernsthafte Sorgen machen müssen. Seit Jahrzehnten hat man sich hierzulande an schlechte bis üble Nachrichten zum Jahresbeginn gewöhnt. Warum bei soviel Alltagssorgen sich dann noch unnütze Gedanken darüber machen, was in ein paar Monaten oder gar in einem Jahr alles passieren könnte? Es genügt schon völlig, wenn man daran denkt, wie, um Gottes Willen, man diesen und den nächsten Tag überstehen will.

Zu der stagnierenden Wirtschaft, der anhaltenden Finanzblockade, den zahlreichen Sparmaßnahmen der PDL-Regierung, den massiven Preissteigerungen im Vorjahr kamen mit Jahresbeginn in allen wichtigen Lebensbereichen erhöhte Preise hinzu, die der allgemeinen Lebensqualität und dem Familienhaushalt eines Normalbürgers starke Schläge versetzten. Der Regierungsbeschluss, die Akzisen für Treibstoff und damit deren Preis zu erhöhen, gab der Preisspirale wie üblich in allen Bereichen einen bedrohlichen Anschub von zwei Prozent. Laut Finanzminister Gheorghe Ialomiţianu soll das jedoch auch im Januar 2013 geschehen, um den Mindeststandard der EU zu erreichen. Einen noch größeren Einbruch wird der neue Wechselkurs – ab dem 1. Januar 4,3 Lei für einen Euro von 4,26 im Vorjahr –  haben. Angestiegen sind auch sämtliche Energiepreise hierzulande. So haben Gesellschaften fünf Prozent mehr für Erdgas zu bezahlen, der elektrische Strom wurde um 2,5 Prozent teurer.

Mit einer unpopulären Änderung des Gesundheitsgesetzes erhalten das an chronischen Krankheiten leidende rumänische Gesundheitssystem, aber vor allem die Jahr für Jahr ansteigende Zahl der Kranken harte Schläge, deren Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Es heißt, dass diesmal die Privatisierung des gesamten Systems, der Spitäler, des Rettungsdienstes und der Krankenkassen auf dem Spiel steht. Es gehe, sagen die nicht wenigen Kritiker, eigentlich um die Aufteilung der Gesundheitsdomäne, eines „Kuchens“ im Gesamtwert von etwa sechs Milliarden Euro. Die öffentlichen Krankenkassen werden verschwinden, an deren Stelle werden private Kassen zwischen CNAS und den medizinischen Dienstleistungsträgern das Sagen haben. Die Krankenhäuser sollen in Stiftungen oder Handelsgesellschaften umfunktioniert werden. Für ihre Krankenversicherung werden die Patienten nur ein Mindestpaket an medizinischen Dienstleistungen bekommen, für jedes Plus muss nochmals Geld aus der eigenen Tasche gezogen oder eine zusätzliche Krankenversicherung geschlossen werden. Auch die Medikamentenliste soll in Folge der Sparmaßnahmen unliebsame Änderungen erfahren. Den bösen Zungen nach, und diese haben hierzulande meist recht, werden nach diesen Maßnahmen erneut die Patienten, die alten und mittellosen Menschen die einzigen Leidtragenden und Verlierer sein.

Weitere Neuregelungen betreffen das Bildungswesen, das in den letzten Jahren durch die zahlreichen Änderungen von Unterrichtsjahr zu Unterrichtsjahr die Lehrerschaft mit Gehaltskürzungen verärgert und die Schülerschaft eher verunsichert hat.
Die Sozialfürsorge soll 2012 zu den weiteren Sparmaßnahmen noch mehr Kontrolle unterliegen. Zudem werden die Lokalbehörden ab diesem Jahr per Gesetz dazu verpflichtet, alle Kosten für den Kinderschutz zu tragen. Ob das angesichts der starken Einbußen des Haushalts der Kommunen gut gehen kann, ist fraglich.

Wenn man in Betracht zieht, dass die autoritären Ausrutscher der Regierenden immer häufiger werden, die Nervosität unserer Politiker offensichtlich im Anstieg ist – es ist eben ein Wahljahr in Rumänien – kann sich der rumänische Normalbürger sicher auf das Schlimmste gefasst machen. Scheinbar wünschte Ion Iliescu, der gewiefte Altpolitiker, seinen Landsleuten nicht umsonst zum Jahreswechsel nicht nur Gesundheit, sondern auch einen „klaren Himmel“. In solch trüben Zeiten, wie es uns die Geschichte zeigt, hat die Demokratie wenig Chancen. Dafür aber allerhand Populisten, Extremisten, Propheten und Wahrsager.

Doch besser lassen wir alle das unsichere Gelände der bankrotten Wirtschaft, die stickige Luft der Banken, das hässliche Geplänkel der Politik hinter uns: Das Jahr ist neu und allen Hoffnungen offen (nach dem chinesischen Kalender schreiben wir übrigens gar nicht das Jahr 2012 sondern 4708-4709). Heuer gedenken wir nicht nur des 100. Jahrestags des Untergangs der RMS Titanic sondern auch der 200 Jahre seit der Geburt der schönen, unsterblichen Märchen der Brüder Grimm. Und 2012 ist nicht zuletzt auch ein Jahr der Natur: Der Baum des Jahres ist die europäische Lärche, das Insekt des Jahres der Hirschkäfer, der Lurch des Jahres die Erdkröte und der Schmetterling das Kleine Nachtpfauenauge.
Und um nicht zu vergessen: Das Jahr 2012 ist doch wieder mal ein Schaltjahr mit 366 Tagen. Ein schöner Tag mit Sonnenaufgang und -untergang wird uns allen geschenkt. Man sollte sich doch ein bisschen freuen, ein Mensch und am Leben zu sein!?