Das unabhängige Meinungsforschungsinstitut IRSOP hat Anfang-Mitte April eine Umfrage durchgeführt, die einerseits die größten Sorgen der Bürger, andererseits die Perzeption der führenden fünf Präsidentschaftskandidaten sowie der wichtigsten politischen Parteien durch die Bevölkerung beleuchtet. Die Umfrageergebnisse lassen einen Vertrauensvorschuss für den Kandidaten George Simion erkennen, wobei die Macht des Staatspräsidenten generell überschätzt wird. Insgesamt schlecht schneiden die politischen Parteien ab, umso weniger fallen sie als Unterstützer der Kandidaten ins Gewicht. Das Gesamturteil von IRSOP ist ernüchternd: „Die Präsidentschaftskandidaten sind weit weg von den Sorgen der Menschen“, schlussfolgern die Analysten.
Größte Sorgen der Menschen
Auf die mehrfach zu beantwortende Frage, welche Probleme derzeit die größten Sorgen auslösen würden, entfielen die meisten Stimmen mit 43 Prozent auf „zu kleines Einkommen“, gefolgt von „Inflation und Preissteigerung“ (37%), „Unsicherheit durch interne oder externe Instabilität“ (30%), „Angst vor Krieg“ (23%). Zehn Prozent fürchten sich auch vor einer Wirtschaftskrise bzw. Rezession, neun Prozent besorgt das Gesundheitssystem, das mangelnde Vertrauen in die Politik, die Arbeitsplatzlage, die Bedrohung der Demokratie. Schlusslicht der Sorgenliste bilden mit je drei Prozent: steigende Steuern und Abgaben, Korruption, interne Spannungen und der Zugang zu Medikamenten. Nur ein Prozent sorgt sich wegen Extremismus/Populismus.
IRSOP-Experten fassen interpretierend zusammen: 65 Prozent der Teilnehmer leben mit der Angst vor Unsicherheit, Krieg und Rezession. Einkommen und Preise sind für die meisten Menschen ein zentrales Problem. Die Bürger möchten sicher sein, dass ihr Umfeld stabil, Preise, Arbeit, Sozialleistungen und Rechtswesen vorhersagbar und stabil sind.
Bloß keine Steuererhöhungen!
Auf die Frage, wie mit der hohen Staatsverschuldung umgegangen werden solle, antworten 95 Prozent, die Ausgaben müssten reduziert werden. Nur zwei Prozent empfehlen eine Steuererhöhung.
IRSOP-Fazit: Die Bevölkerung weist Steuererhöhungen entschieden zurück. Was bedeutet, dass diese nicht die gewünschten Resultate zeigen würden.
Wer kennt überhaupt alle Präsidentschaftskandidaten?
Nur fünf der insgesamt elf Präsidentschaftskandidaten sind den Bürgern auf breiter Linie bekannt: 66 Prozent kennen als solchen George Simion, je 64 Prozent Crin Antonescu und Elena Lasconi, 62 Prozent Victor Ponta und 58 Prozent Nicușor Dan.
Dass auch Daniel Funeriu kandidiert, wissen nur sieben Prozent, gefolgt von Lavinia Șandru und Cristian Terheș mit je fünf Prozent, John Ion Banu Muscel (3%), Silviu Predoiu (2%) und Sebastian Constantin Popescu (1%).
Simion und Dan an der Spitze
Wenn morgen Wahlen wären (Achtung: die Umfrage wurde zwischen dem 4. und 14. April durchgeführt), würden 31 Prozent George Simion und 28 Prozent Nicu{or Dan wählen, die sich damit deutlich von den übrigen Kandidaten abheben: Victor Ponta (18%), Crin Antonescu (17%), Elena Lasconi (4%).
Die Distanz zwischen den ersten beiden zum Rest sei schwer aufzuholen, meinen die IRSOP-Experten.
Macht des Präsidenten generell überschätzt
Wie mächtig aber ist der Staatspräsident überhaupt in Rumänien? Sehr mächtig, meinen 14 Prozent der befragten, mächtig genug immerhin 30 Prozent, während die Mehrheit mit 45 Prozent der Ansicht ist, der Präsident verfügt über keine große Macht. Elf Prozent schätzen diese sehr klein ein.
IRSOP-Interpretation: Etwa die Hälfte der Bürger hält die Macht des Präsidenten für signifikant und überschätzt dessen verfassungsgemäß tatsächlich festgelegte Zuständigkeiten.
Simion führt haushoch in der Leistungsperzeption
Wer von den führenden fünf Präsidentschaftskandidaten wird in Bezug auf folgende sieben Herausforderungen als am fähigsten angesehen?
1. Den Wohlstand der Bürger erhöhen: George Simion (30%), Victor Ponta (20%), Nicu{or Dan (19%), Crin Antonescu (12%), Elena Lasconi (5%), der Rest der Befragten ist unentschlossen.
2. Korruptionsbekämpfung: Simion (30%), Dan (22%), Ponta (17%), Antonescu (10%), Lasconi (6%)
3. Eine starke Führungsfigur abgeben: Simion (28%), Ponta (22%), Dan (18%), Antonescu (15%), Lasconi (3%)
4. Versprechen einhalten: Simion (28%), Dan (20%), Ponta (18%), Antonescu (12%), Lasconi (5%)
5. Stabilität im Land garantieren: Simion (27%), Ponta (21%), Dan (18%), Antonescu (17%), Lasconi (3%)
6. Das Unternehmertum stärken: Simion (25%), Dan (23%), Ponta (22%), Antonescu (13%), Lasconi (4%)
7. Rumäniens Position in der EU stärken: Simion (24%), Ponta (23%), Dan (18%), Antonescu (17%), Lasconi (4%)
Interpretation: Die geschätzte Leistungsfähigkeit entfällt in allen Punkten zugunsten von Simion aus. Auf dem zweiten Platz der gefühlten Leistungsfähigkeit liegen Nicu{or Dan und Victor Ponta gleichermaßen. Die Differenz zwischen Simion und Dan könnte ins Gewicht fallen, falls die beiden in der Stichwahl konkurrieren sollten, so die Experten von IRSOP.
Meinung über Parteien: allgemein mies
Hier wurden die Kandidaten gebeten, die folgenden Parteien mit „eher gut“ oder „eher schlecht“ zu bewerten. In beiden Sparten liegt die AUR in Führung mit 34 Prozent Positiv- und 63 Prozent Negativ-Stimmen. An zweiter Stelle liegt die PNL: eher gut finden sie 26 Prozent, eher schlecht 70 Prozent der Befragten. Der Ungarnverband (UDMR) wird von 26 Prozent eher gut befunden und von 66 Prozent eher schlecht. Die USR halten 55 Prozent für eher gut, 70 Prozent eher schlecht. POT finden 22 eher gut, 64 eher schlecht. Die PSD schneidet mit 20 Prozent eher gut und 76 Prozent eher schlecht ab, gefolgt von SOS mit 13 Prozent Positiv- und 81 Prozent Negativstimmen.
Auffallend ist, dass für alle Parteien das Negativurteil bei weitem überwiegt. Am größten ist die Diskrepanz zwischen guten und schlechten Beurteilungen für SOS, am geringsten für AUR.
Die Präsidentschaftskandidaten werden mehr durch ihre persönlichen Qualitäten überzeugen müssen als die der sie unterstützenden Parteien, schließt daraus IRSOP.
Für die allein von IRSOP als unabhängiges Meinungsforschungsinstitut finanzierte Umfrage wurden vom 4. bis 14. April 1030 Personen über 19 telefonisch befragt. Die Fehlermarge liegt bei plus-minus drei Prozent.