Weiterhin wenig Migrantinnen in Führungspositionen

Zuwanderinnen müssen in Deutschland mehr Durchsetzungsvermögen beweisen

Der Anteil an promovierten Frauen in Naturwissenschaften und Ingenieurwesen ist in vielen postsozialistischen Staaten höher als der EU-Durchschnitt.
Symbolbild: sxc.hu

Deutschland fehlt es an hochqualifizierten Arbeitskräften. Dies belegen die neuesten Studien in der Bundesrepublik. Daher bleibt die Migration von Fachkräften weiterhin ein aktuelles Thema in der politischen Debatte. Doch obwohl viele für deren Förderung und Integration plädieren, sieht es in der Praxis anders aus, heißt es bei den Soziologen. Deutschland schneidet beim Kapitel Migrantinnen in Führungspositionen weiterhin schlecht ab. Dies stellte sich infolge der Studie „Hochqualifizierte Migrantinnen aus postsozialistischen Staaten im technischen Umfeld: Begrenzte Mobilitäten“ heraus, die von Dr. Ingrid Jungwirth von der Humboldt-Universität Berlin geleitet wurde.

Die Studie untersucht den Berufsverlauf von hochqualifizierten Migrantinnen, die aus postsozialistischen Staaten zuwanderten. Seit den 90ern wurden die ehemaligen sozialistischen Staaten zu einer zahlenmäßig wichtigen Herkunftsregion der Migration nach Deutschland. Fasst man diese Staaten zu einer Region zusammen, so bilden die Migrantinnen und Migranten aus diesen Staaten mit mehr als einem Drittel die größte Gruppe in Deutschland. Im Allgemeinen lässt sich schlussfolgern, dass viele Migrantinnen aus postsozialistischen Staaten einen Hochschulabschluss haben. So ist der Anteil an Frauen mit Universitätsabschluss unter Zuwanderinnen aus vielen postsozialistischen Staaten teilweise deutlich höher als unter deutschen Frauen und Männern, heißt es in der Studie.

Im Fokus der Studie standen vor allem Migrantinnen, die in den sogenannten MINT-Fächern qualifiziert sind, also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Diese Qualifikationen seien am besten international transferierbar. „In postsozialistischen Staaten aber sind Frauen in diesen Bereichen besser repräsentiert als in Deutschland“, so Ingrid Jungwirth. „Frauen wurden oft nicht über ihren Beruf und Arbeitsplatz beraten. Viele werden auch auf ihre Sprachkenntnisse aufmerksam gemacht, weil sie die deutsche Sprache noch nicht perfekt beherrschen“, fügt sie hinzu.

Während in der Bundesrepublik der Anteil an promovierten Frauen in Naturwissenschaften und Ingenieurwesen mit 35 bzw. 14 Prozent unter dem Durchschnitt in den EU-Staaten liegt, ist er in vielen postsozialistischen Staaten höher als der Durchschnitt, wie die She Figures (2009) zeigen, die auf der Basis der Eurostat Science & Technology-Daten berechnet wurden. Vor allem Rumänien, Kroatien und Estland gelten dabei als positive Beispiele. In Rumänien liegt der Anteil an Frauen unter den promovierten Naturwissenschaftlern bei über 60 Prozent. Auch, was Ingenieurwesen angeht, schneidet Rumänien mit 35 Prozent besser als Deutschland ab.

Die geschlechtliche Segregation des Arbeitsmarkts, die im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften in Deutschland ausgesprochen hoch liegt, ebenso wie die migrationspolitischen Regelungen beeinflussen die Berufsverläufe von hochqualifizierten Migrantinnen in entscheidender Weise, so Jungwirth. Dabei rückt ein weiteres Problem in den Vordergrund. Es stellt sich die Frage, inwiefern es hochqualifizierten Einwanderinnen auch gelingt, ihre Qualifikationen auf dem deutschen Arbeitsmarkt umzusetzen. „Das Problem bleibt weiterhin auch die Tatsache, dass ihr ausländischer Bildungsabschluss oft in Frage gestellt wird“, sagt Jungwirth. „Wir haben viele Migrantinnen zu diesem Thema befragt. Als Schlussfolgerung könnte man sagen, dass diejenigen, die es schaffen wollen, viel Enthusiasmus und Kraft nachweisen müssen. Sie wissen, wie sie sich in diesem Umfeld durchsetzen sollen“, schließt Ingrid Jungwirth.