Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt weltweit Länder dabei, ihre Gesundheitssysteme zu stärken. Auch in Rumänien ist die WHO mit einem eigenen Büro vertreten und arbeitet eng mit staatlichen Institutionen wie dem Gesundheitsministerium und dem Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit zusammen. Doch seit dem angekündigten Rückzug der USA aus der WHO gerät diese Arbeit unter finanziellen Druck. Mehrere Projekte mussten reduziert oder pausiert werden – auch solche, die direkte Auswirkungen auf vulnerable Bevölkerungsgruppen haben.
Dr. Caroline Clarinval, WHO-Repräsentantin in Rumänien, leitet das Büro seit 2022. Gemeinsam mit ihrem Team, zu dem auch Dr. Silvia Gatscher gehört, die als Expertin für die medizinische Zusammenarbeit und als Ansprechpartnerin für die Integration von Geflüchteten tätig ist, unterstützt sie das rumänische Gesundheitssystem in strategischen und operativen Fragen. Schwerpunkte sind unter anderem Impfprogramme, digitale Gesundheitsstrategien, Vorsorgeangebote, der Ausbau psychischer Gesundheitsversorgung sowie die Integration von Geflüchteten aus der Ukraine in das nationale System.
„Die WHO versteht sich als technische Organisation“, erklärt Dr. Clarinval. Ziel sei es, Wissen zu vermitteln, Netzwerke zu stärken und bestehende Strukturen im Land zu unterstützen, nicht zu ersetzen. Dabei werde eng mit lokalen Fachkräften zusammengearbeitet, etwa in Krankenhäusern, Ministerien oder medizinischen Fachgruppen. Für spezielle Themen oder Trainings kooperiert das Büro mit internationalen Kolleginnen und Kollegen aus den Regionalzentren oder dem Hauptsitz in Genf.
Einschränkungen durch den US-Rückzug
Die Arbeit der WHO wird zu einem großen Teil durch freiwillige Beiträge ihrer Mitgliedstaaten finanziert. Die USA waren über Jahre hinweg einer der größten Geldgeber. Der Rückzug, der unter Präsident Donald Trump beschlossen und nun voraussichtlich vollzogen wird, hat weltweit Auswirkungen auch in Rumänien.
„Innerhalb kürzester Zeit haben wir wichtige Finanzierungsquellen verloren“, sagt Dr. Clarinval. Das Büro musste Personal abbauen und Projekte einschränken. Einige Programme laufen nur noch auf Zeitbasis, mit unsicherer Per-spektive. In anderen Fällen mussten Vorhaben vollständig pausiert werden.
Pausierte Programme für psychische Gesundheit und Gewaltprävention
Besonders betroffen sind zwei Vorhaben im Bereich psychische Gesundheit und Gewalt gegen Frauen und Jugendliche. Ursprünglich hatte die WHO geplant, Hausärzte, Sozialarbeiter und andere Community Health Workers in grundlegender psychosozialer Unterstützung zu schulen, ein niedrigschwelliges Angebot, das sowohl rumänischen Bürgerinnen und Bürgern als auch ukrainischen Geflüchteten zugutekommen sollte. Das Projekt wurde zunächst gestoppt.
Auch ein Programm zur Unterstützung von Anlaufstellen für Überlebende von Gewalt gegen Frauen und Jugendliche liegt derzeit auf Eis. Zehn spezialisierte Zentren in Rumänien sollten personell und strukturell gestärkt werden, um Betroffenen, darunter viele Frauen aus der Ukraine, niederschwelligen Zugang zu Beratung und Hilfe zu ermöglichen.
„Diese Projekte sind nicht gestrichen, aber sie sind derzeit ohne Finanzierung“, erklärt Dr. Silvia Gatscher, Health Operations Managerin im Büro. Es bestehe die Hoffnung, sie bei Verfügbarkeit neuer Mittel wieder aufnehmen zu können.
Übersetzungshilfen, Impfkampagnen und Prävention weiterhin aktiv
Andere Projekte laufen mit reduzierter Finanzierung weiter. So betreibt die WHO weiterhin eine Übersetzungshotline für medizinische Beratungen, um Sprachbarrieren zwischen ukrainischen Geflüchteten und rumänischen Ärzten zu überbrücken. Auch in Bereichen wie Impfkampagnen, etwa zur Bekämpfung steigender Masernzahlen, bleibt das Büro aktiv. Gemeinsam mit dem Ministerium wurde zuletzt eine Studie durchgeführt, um Ursachen für Impfskepsis bei Eltern und medizinischem Personal besser zu verstehen.
Strukturprobleme bleiben unabhängig vom Budget
Unabhängig von finanziellen Engpässen bleibt die WHO auch in strukturellen Fragen aktiv. Ein zentrales Thema ist der Fachkräftemangel, insbesondere im ländlichen Raum. Rund die Hälfte der rumänischen Hausärzte ist über 50 Jahre alt, Nachfolger fehlen. Zugleich verlassen viele gut ausgebildete Mediziner das Land in Richtung Westeuropa. Die WHO arbeitet hier beratend mit der Regierung zusammen, etwa bei Lohnanpassungen oder der Entwicklung attraktiverer Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen.
Offene Zusammenarbeit trotz Herausforderungen
Trotz der Einschränkungen zieht das WHO-Team eine positive Bilanz in Bezug auf die Zusammenarbeit mit rumänischen Institutionen. „Die Offenheit gegenüber technischer Unterstützung ist hier sehr hoch“, sagt Clarinval. Das erleichtere es, gemeinsam an langfristigen Verbesserungen zu arbeiten. Die WHO sieht sich dabei als fachliche Partnerin, nicht als Ersatzakteur. „Unser Ziel ist es, lokale Strukturen zu stärken und Wissen in den Ländern selbst zu verankern.“
Wie es jetzt weitergeht
Aktuell konzentriert sich das WHO-Büro in Bukarest darauf, neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Neben gezielten Anfragen an die Europäische Union in Brüssel wird versucht, Mittel aus dem Regionalbüro oder von alternativen internationalen Gebern zu erhalten. „Wir sind jetzt relativ kreativ unterwegs“, so Clarinval. Ziel sei es, zumindest Teile der pausierten Programme schrittweise wieder aufzunehmen – etwa im Bereich psychosoziale Unterstützung oder Gewaltprävention.
Zugleich wird der Fokus auf Projekte gelegt, die auch mit begrenzten Mitteln umgesetzt werden können. Dazu gehören Schulungen, Wissensvermittlung und gezielte Partnerschaften mit lokalen Institutionen. Trotz der Unsicherheiten bleibt das Team optimistisch: „Wir stabilisieren uns und arbeiten daran, möglichst bald wieder im vollen Umfang tätig zu sein.“