„Wir könnten alle Jamie Olivers sein!“

ADZ-Gespräch mit Univ.-Prof. Dr. Peter Cooper, dem Leiter des Lehrstuhls für Computerwissenschaften an der Sam Houston State University, USA

Prof. Dr. Peter Cooper im Senatssaal im Rektoratsgebäude der Universität „Politehnica“ Temeswar Foto: Zoltán Pázmány

Kürzlich haben sich an der Temeswarer Universität „Politehnica“ Spezialisten aus mehreren Ländern zusammengefunden, um über „Sprache und Kommunikation in der digitalen Ära“ zu sprechen. Einer der Key-Speaker war Univ.-Prof. Dr. Peter Cooper, der Leiter des Lehrstuhls für Computerwissenschaften an der Sam Houston State University aus den USA. Mit ihm führte die ADZ-Redakteurin Ştefana Ciortea-Neamţiu ein Gespräch über die digitale Revolution, Hürden und Zukunftsperspektiven.

Sie haben über die digitale Revolution und die Grenzen der digitalen Übersetzung gesprochen. Glauben Sie, dass Maschinen Menschen ersetzen können?

Nein. Zumindest nicht jetzt und nicht in absehbarer Zukunft.

Wie groß ist diese Zeitspanne, die Sie „absehbar“ nennen? 10-20 Jahre?

Viel länger. Ich sollte längst verstorben sein, bevor solche Maschinen existieren, die Menschen ersetzen können. Was die maschinellen Übersetzungen betrifft, war der Enthusiasmus schnell vorbei. Das Versprechen, was die künstliche Intelligenz betrifft, scheint auch schnell zu verklingen. Also nein, Maschinen werden Menschen nicht ersetzen, mit der Ausnahme vielleicht im Bereich der physischen Arbeit. Die intellektuelle Arbeit ist ein Bereich, in dem die Maschinen nicht sehr gut abschneiden.

Trotzdem kann man einige sehr interessante Beispiele nennen, wo eben das versucht wird. Zum Beispiel auf der CEBIT in Hannover wurde in diesem Jahr wieder ein Roboter vorgestellt, der unterrichten kann, also einen Lehrer ersetzen soll.

Ich kann mir nicht eine Gruppe von Fünfjährigen vorstellen, die eine Beziehung zu einem Roboter entwickeln sollen, auf dieselbe Art, in der sie das mit einem Lehrer machen könnten. Und diese Beziehung ist es, die die Kinder zu Leistung und Erfolg führt. Von allen Sachen, die ich nicht mag, ist von einer Maschine zu lernen. Ich liebe es eher, von einer Person zu lernen, die soziale und kulturelle Interaktion sind primär in der Einleitung der Leistungen.

Es gibt also noch einen erheblichen Unterschied in der Qualität zwischen dem, was eine Maschine macht, und dem, was ein Mensch leistet.

Qualität ist ein interessantes Wort. Wenn es die Fertigung eines Objektes beschreibt, dann ist die Leistung der Maschine eine viel bessere als Ähnliches vom Menschen Hergestelltem. Aber es gibt bestimmte Bereiche, zum Beispiel die Herstellung der feinsten Uhren auf dieser Welt, diese werden nicht oder nicht ganz von Maschinen produziert, sondern von erfahrenen Handwerkern mit Hilfe von Maschinen. Aber im Allgemeinen kann man schon sagen, dass die Anfertigung von Objekten den Maschinen besser gelingt, dass man da mehr Qualität erhält. Schauen wir uns mal einen anderen Bereich an. Eine Maschine kann Lebensmittel produzieren, aber was ein Chefkoch kreiert, ist absolut wunderbar. Eine Maschine hat überhaupt keine Idee von Stil, da braucht man einen Menschen. Wir können Roboter haben, die massenweise produzieren, aber die Dinge, die wir auf der Welt am meisten schätzen, sind immer von Menschen produziert.

Also wird ein 3D-Drucker  nicht den aus dem Fernsehen bekannten Meisterkoch  Jamie Oliver ersetzen?

Nicht wirklich, denn wir brauchen Jamie Oliver für den kreativen Prozess. Den 3D-Drucker brauchen wir, um Kopien fertigzustellen. Dafür brauchen wird den Drucker, für die Kopien, aber für den Kreationsprozess am Anfang, dafür brauchen wir einen klugen, erfinderischen Kopf.

Somit sehen Sie die meisten Stellen für die jungen kommenden Generationen vorwiegend im Bereich Computing?

Computing ist ein sehr guter Berufseinstieg für alle, die die mathematischen und konzeptuellen Strukturen haben, die sie brauchen, um gutes Computing zu machen. Ich frage mich auch, was Sie unter Jobs meinen. In Perspektive, wozu brauchen wir Jobs?

Was werden die Menschen also machen?

Wir werden alle Jamie Olivers sein, kreative Individuen, eher als uns einem 40-Wochenstunden-Job zu unterwerfen, wo wir etwas machen würden, was eine Maschine besser machen kann. Aber das ist, glaube ich, letztendlich auch eine Utopie. Also ja, wir könnten alle Jamie Olivers sein, aber andererseits könnten wir auch alle vor dem Fernseher sitzen, oder vor dem Computer hocken und unser Leben verplempern. Der Bedarf an physischer Arbeit verringert sich stetig. Ja, wir werden uns mehr auf den geistigen Ebenen bewegen.

Zwei Professoren vom MIT haben vor nicht allzu langer Zeit eine Studie veröffentlicht, in der sie über die Gesellschaft von morgen sprechen, in der es praktisch zwei „Schichten“ geben soll: die Menschen, die die Maschinen beherrschen und die Menschen, die sie betätigen. Was halten Sie davon?

Das ist ein interessanter Gedanke. Bis zu einem gewissen Grad ist der frühe Zugang zur Informationstechnologie kritisch für die soziale und kulturelle Entwicklung der Kinder. Das ist wahr. Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir nicht einmal Notiz nehmen von der Technologie, das bedeutet, dass jemand, der von außerhalb dieser Kultur kommt und nicht an die eingebettete Technologie gewohnt ist, das Eintauchen in diese Kultur sehr schwierig findet. Also ja, die digitale Spaltung zwischen den Menschen, die in einer Kultur der eingebetteten Technologie leben, und den Menschen, die es nicht tun, ist problematisch, aber sie wird nicht eine Änderung der menschlichen Spezies produzieren, sie wird aber eine Aufschichtung in der Gesellschaft zur Folge haben. In diesem Sinne bin ich mit dem Gedanken einverstanden.

In welchem Punkt der digitalen Ära befinden wir uns, Ihrer Meinung nach? Was wird noch kommen?

Vor den 1940er Jahren hat es keine elektronischen Computer gegeben. Die ersten waren sehr einfache Maschinen. Also innerhalb von 70 Jahren sind wir von Nichts und der Meinung der Regierungen von damals, man brauche nur etwa vier bis sechs Computer weltweit, zu einem Zeitpunkt gekommen, wo wir unsere digitalen Geräte überall mit uns transportieren, für einige von uns sind sie eingebettet, in den Ohren oder an unseren Brillen. Ich habe Studenten, die darüber sprechen, dass sie Chips in ihre eigenen Körper einführen möchten. Also sind wir einen langen Weg gelaufen, aber es sind nur 70 Jahre gewesen.

Wir tragen heute mit diesen Geräten mehr Bearbeitungsleistung in unseren Händen, als gebraucht wurde, um Menschen 1969 auf den Mond zu schicken. Ich meine, in nur fünf oder zehn Jahren wird die Gesellschaft nicht wiederzuerkennen sein. Ich skype mit meinen Eltern jede Woche über den Atlantik. Als ich das erste Mal in die Staaten kam, 1988, da hat mich ein Telefongespräch 1,80 US Dollar gekostet. Das hat sich auf jeden Fall geändert. Ich bin nicht sicher, dass wir die Gesellschaft erkennen werden. Ich fühle auch, dass ein jeder Mensch ein gewisses Limit hat, wie viel technologische Änderungen, an wie viele Änderungen in der Gesellschaft und Kultur er sich im Laufe seines Lebens anpassen kann.