Am 11. Januar dieses Jahres lud der Bischof der EvangelischenKirche A.B. in Rumänien, Reinhardt Guib, zum traditionellen Neujahrsempfang ein. Auch wenn Bischof Guib aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend sein konnte, sollte das Ereignis als „Chance zum Treffen und Austausch von Ideen für unsere Kirche“, wie Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster einleitend bemerkte, genutzt werden. Der Empfang wurde mit einer Andacht zur Jahreslosung: „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14), die von Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli gehalten wurde, eröffnet. Die Grußworte und das Programm wurden auf lockere und humorvolle Weise von Pfr. Gerhard Servatius-Depner, Leiter des Zentrum für Evangelische Theologie Ost (ZETO) und Pfarrer in Mediasch moderiert. Er bemerkte, dass dieJahreslosung nicht nur von der Liebe als Gefühl spricht, sondernvon der Liebe, die handelt und tut.
Um das Handeln und Tun ging es auch in der Ansprache von Bürgermeisterin Astrid Fodor: Für Hermannstadt/Sibiu war das Jahr 2023 trotz Herausforderungen durch die abgeschlossenen (Groß)Projekte im Bereich Infrastruktur und Zeitvertreib ein Erfolgsjahr. Dem Jahr 2024 blickte Fodor auf politischer Ebene jedoch eher pessimistisch entgegen. Durch die anstehenden Wahlen werde 2024 unter dem Zeichen des Populismus stehen, zugleich werde, aus dem gleichen Grund, auf lokaler Ebene für das Demokratische Forum der Deutschen (DFDR) kein Dialog mit den im Stadtrat vertretenen Parteien möglich sein, was sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Zugleich bemerkte Hermannstadts Bürgermeisterin, dass das Forum, um die Wahlen zu gewinnen, Einheit vermitteln und mit einer gemeinsamen Stimme auftreten sollte. „Man muss eine gemeinsame Sprache sprechen, auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Wenn das Forum zu den Wahlen antritt, dann sollte man es so tun, dass man die Wahlen gewinnt“, so Fodor.
Auf die bevorstehenden politischen Krisen wies auch Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des DFDR, hin. Zu meistern wird aber wahrscheinlich auch eine damit verbundene Wirtschaftskrise sein.
Kerstin-Ursula Jahn, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt/Sibiu, nahm die Jahreslosung auf und meinte, dass diese für sie sogar ein persönliches Korrektiv im Handeln sei. Man müsste sich immer wieder fragen, ob geplante Handlungen im Zeichen der Liebe geschehen würden und dann erst handeln. „Auch ein ‚Nein‘ kann in Liebe geschehen“ bemerkte Jahn.
Der Abgeordnete der deutschen Minderheit, Ovidiu Ganț, bezeichnete 2023 als unangenehmes Jahr: „Ich kann nichts Positives aus Bukarest berichten“. Im Blick auf die Lokalwahlen bemerkte Ganț, dass es wichtig sein wird, wenigstens die derzeit vorhandenen Stellen in den Lokalverwaltungen zu behalten. Dabei wäre es wichtig, dass die deutschsprachigen Kirchen auch aktiv das Forum unterstützen. Dabei griff der Parlamentsabgeordnete auch das Thema der Einigkeit in den eigenen Reihen auf: „Wenn man die eigene Gemeinschaft nicht unterstützen kann oder will, dann soll man wenigstens schweigen und nicht die Gegner unterstützen.“ Eine positive Nachricht sei, dass die Förderung der Sanierung des Bischofspalais in Hermannstadt mit 500.000 Lei aus dem Staatshaushalt für 2024 genehmigt worden sei.
Am Ende ergriff erneut Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster das Wort und stellte den Anwesenden die Herausforderungen vor, denen sich die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien nicht nur 2024, sondern auch mittelfristig zu stellen hat. „Wir können es uns nicht mehr leisten, in komfortablen Strukturen sitzen zu bleiben. Wir müssen aufstehen und den ersten Schritt tun, auch wenn nicht immer alles zum Erfolg weisen und nachhaltiges Wirtschaften. Auf allen Ebenen gelte aber das Eine: „Zusammen im Sinne einer einzigen Idee arbeiten: die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien zukunftsfähig zu machen.“