WORT ZM SONNTAG: Wahre Freundschaft

Zwei junge Männer hatten innige Freundschaft miteinander geschlossen. Ihre Berufe, die sie sich gewählt hatten, führten sie aber nun in andere Länder. In der Abschiedsstunde gaben sie einander das Versprechen, sie würden nirgends Wohnsitz nehmen, wo sie sich nicht wenigstens telefonisch erreichen könnten. Und so hielten sie es auch. Obwohl sie Tausende Kilometer voneinander entfernt waren, sorgten sie dafür, dass sie sich, wenn auch nur fernmündlich, sprechen und sich wenigstens einen Gruß sagen konnten. Das war wahre Freundschaft.

Christus sprach zu seinen Aposteln ein Wort, das für alle Christen Gültigkeit hat: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“ Er will diese Freundschaft so innig gestalten, wie es zwischen Sterblichen nicht möglich ist. Die leibliche Nahrung ist für uns lebensnotwendig. Darum beten wir im Vaterunser „Unser tägliches Brot gib uns heute!“

Genauso notwendig haben wir Christus für unser geistiges Leben. Das erklärt Er mit den Worten: „Ich bin das Brot des Lebens!“ Wie die Nahrung, die wir aufnehmen, sich mit unserem Leib verbindet, so will Christus sich mit uns geistig verbinden. Es ist eine innigere Verbindung als menschliche Freundschaften es vermögen. Für uns sind es äußerst kostbare Worte, die Er gesprochen hat: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.“

In jeder heiligen Kommunion erneuern wir unseren Bund der Freundschaft mit Christus und Er mit uns. Darüber ruft der Apostel Paulus beglückt aus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir!“ Können wir Christen ein solches Angebot der Freundschaft ausschlagen? Wie können wir diese beglückende Freundschaft von unserer Seite pflegen und erhalten?

Ein Einsiedler hatte 40 Jahre lang in tiefer Einsamkeit Gott gedient. Eines Tages betete er zu Gott, Er möge ihm einen Menschen zeigen, von dem er noch etwas lernen könne. Sogleich erschien ihm – laut Legende – ein Engel und führte ihn in eine Stadt zu einer einfachen Dienstmagd.

Als er beim ersten Blick merkte, wie heiter und unbefangen sie mit allen Leuten redete, dachte er, diese Magd könne doch nicht mit ihm verglichen werden. Er bat sie, ihm zu erzählen, wie sie den Tag verbringe. Das Mädchen kam der Bitte bereitwillig entgegen und sagte: „Wenn ich am frühen Morgen aufstehe, bitte ich jeden Tag den lieben Gott, er möge mich den Tag hindurch vor jeder Sünde schützen und der Anfang aller Arbeiten sein.

Deshalb lautet mein erstes Gebet: Mein Gott und Herr! Alles zu Deiner Ehr`! Wenn ich mich ankleide, denke ich daran, wie man Jesus das Spottkleid angezogen hat. Wenn ich das Haus auskehre, denke ich daran, wie Jesus ins Gefängnis geworfen und dort im Schmutz herumgezogen wurde. Wenn ich Feuer mache, bitte ich ihn, in mir das Feuer Seiner Liebe zu entzünden. Wenn ich die Töpfe aufs Feuer stelle, denke ich, wie Petrus den Herrn am Feuer verleugnet hat. Wenn ich Holz trage, denke ich an den Kreuzweg des Herrn.

So oft ich Wasser brauche, erinnere ich mich, wie die Seite Jesu mit einer Lanze durchstochen wurde und Wasser aus der Wunde floss. Wenn ich das Essen für die Herrschaft auftrage, denke ich an das Letzte Abendmahl. Wenn ich trinke, denke ich an Jesu Essigtrank am Kreuz. Am Abend beim Auskleiden erinnere ich mich daran, wie Jesus seiner Kleider beraubt wurde.

Beim Niederlegen denke ich daran, wie Jesus auf dem Kreuz ausgestreckt und angenagelt war und wie dann sein Leib ins Grab gelegt wurde. Dabei frage ich mich, wie es mit meiner eigenen Seele stehen wird, wenn mein Leib einmal ins Grab gelegt wird. So ist mein Sinn den ganzen Tag bei meinen Arbeiten auf Jesus und sein heiliges Leiden gerichtet.“

Als der Einsiedler das hörte, dachte er voll Verwunderung: „Wahrlich, dieses Mädchen muss vor Gott viel größer und wohlgefälliger sein als ich. Denn was ich in meiner Einsamkeit ungestört tun kann, das übt sie mitten im Alltagslärm!“