WORT ZUM MUTTERTAG: Priesterin der Ideale: Frau und Mutter

Neulich erzählte mir ein Bekannter, er hätte sich vor einem Jahr in einer Universitätsklinik ärztlich untersuchen lassen und sei über Nacht dabehalten worden. Am Morgen früh sei eine Putzfrau gekommen und hätte zuerst bei ihm aufgeräumt, und während sie im Vorzimmer beschäftigt war, sei der Arzt gekommen und mit dem Gruß „Küss die Hand” an ihr vorbeigegangen, worauf sie „Guten Morgen, Herr Professor” geantwortet hätte. Auch ein Jahr nach jener Begebenheit sei er immer noch beeindruckt von dem Verhalten der beiden: Der Professor hätte einfach ‘Guten Morgen’ sagen können oder auch grußlos vorbeigehen; Alters- und Standesunterschied hätten es zugelassen, dass die Frau zuerst grüßt. Aber nein, er hatte ‘Küss die Hand’ gesagt. Hatte er es aus Gewohnheit getan? Oder um ihr Würde zu verleihen? Oder um seine eigene Würde zu wahren? Niemand weiß es; aber da sei Herzensbildung und echte Männlichkeit in Erscheinung getreten. Mein Bekannter versicherte, die Erhabenheit jener Begegnung in der Stille eines klaren Morgens hätte sich als Ikone in seine Erinnerung eingebrannt.

Ich war nun meinerseits ganz begeistert von den dreien: vom 60-jährigen Professor, der sich höflich vor seiner Putzfrau verneigt, vom 70-jährigen Ingenieur, der diese Szene in ihrer tieferen Bedeutung erfasst und von der Frau, die durch ihre bloße Existenz das Verhalten und die Gedanken von nunmehr drei älteren Männern – mich eingeschlossen – so nachhaltig beeinflusst hat. War sie jung? War sie schön? War sie zu haben? Wen interessiert das? Genauso unerheblich waren ihre untergeordnete Stellung und die minder qualifizierte Arbeit. Es zählte nur, dass sie ein weibliches Wesen war, eine Frau, die uns Männer veranlasst hat, das Gute in uns hervorzukehren, die in uns den Wunsch geweckt hat, besser zu sein, als wir es ohne sie wären. Eine Frau, bei deren Betrachtung im Mann positive Kräfte frei werden, die ihn anspornen, über sich hinaus zu blicken und über sich hinaus zu wachsen. Ist es nicht das, was Frauen so gut können, ohne es je gelernt zu haben, und ist es nicht das, was wir Männer von ihnen erwarten, selbst wenn wir es wortreich und manchmal auch gewalttätig abstreiten?

Warum brauchen wir Frauen in allen Tätigkeitsbereichen und auf allen Ebenen? Weil nicht genügend Männer da sind? Nein. Weil die Frauen auch ihr Geld verdienen müssen? Nein. Diese praktischen Aspekte könnte man anders lösen, sodass die Geschlechter weiterhin getrennt blieben. Aber Männer brauchen Frauen um sich, damit es im Gesundheitswesen, im Lehramt, in der Industrie und in der Geschäftswelt besser und menschlicher werde, damit sie ihre Ritterlichkeit nicht ganz ablegen. Männer brauchen nicht weibliche Geziertheit, um ihre Instinkte zu entfalten, sie brauchen auch keine kumpelhafte Solidarität ihrer Kolleginnen; es reicht ihnen nämlich, wenn sie mit anderen Männern Pferde stehlen können und das auch müssen. Von Frauen erwarten Männer jenes Auftreten, das sie vom Stuhl aufstehen lässt, jene Zurückhaltung, die selbst im Gespräch von gleich zu gleich noch den Eindruck des Höherstehenden vermittelt, und jene unbewusste Sicherheit und Anmut, die ein ungebührliches Verhalten unmöglich machen. Irgendwie sind Männer edler gesinnt, leisten mehr und finden das Leben schöner, wenn sie solche Frauen um sich haben, die ihre weiblichen Qualitäten nicht verleugnen oder gegen Professionalität eingetauscht haben.

Das Urbild christlicher Weiblichkeit ist die heilige Jungfrau Maria. Sie ist auch der Anlass, aus dem heraus die christliche Kultur den Frauen auf allen Gebieten Ehre erweist und ihnen eine würdevolle Stellung zusichert. Wenn wir die Mutter Gottes verehren, sprechen wir: ‘Gepriesen bist du unter den Frauen’, und zeigen damit, dass sie nicht in einsamer Höhe schwebt, sondern mitten unter den Frauen steht, dass wir unsere Frauen als ihresgleichen betrachten. Dann sprechen wir weiter: ‘Gepriesen ist die Frucht deines Leibes, Jesus.’ Damit ehren wir die Mutterschaft und erheben sie von einem rein biologischen Vorgang zu einem der Erlösung zugehörigen Werk. Jungfräulichkeit und Keuschheit sind geistige Haltungen und nichts Natürliches, und Mutterschaft wird durch die Geburt Gottes auch zu etwas Höherem. Auf dieser hohen Ebene vollzieht sich im christlichen Leben die erhebende, anspornende und bewahrende priesterliche Bestimmung der Frau, und es gehört zum selben christlichen Stil, die Frauen in diesen ihren Bereichen wertzuschätzen und zu ehren, ohne sie zu verunsichern, zu bedrängen oder auf fremdes Gebiet locken zu wollen.