WORT ZUM PALMSONNTAG: Geste der Liebe

Der Palmsonntag ist bei uns in Siebenbürgen an vielen Orten der Sonntag, an dem, gemäß der Tradition, Konfirmation gefeiert wird. In den letzten Jahren war die Konfirmation aber immer wieder etwas Außergewöhnliches, weil sie nicht mehr selbstverständlich zum Leben vieler Gemeinden gehört. Wir haben und mussten an vielen Orten lernen, mit dem Besonderen, dem Außergewöhnlichen zu leben.

Die Geschichte, die wir durch den Evangelisten Markus für Palmsonntag haben, berichtet auch von einer außergewöhnlichen Situation: „Als Jesus in Betanien war, im Hause Simons des Aussätzigen, und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.“ Jesus ist zu Besuch bei jemandem, zu dem niemand ins Haus gehen würde, den alle meiden würden. Es ist ein Aussätziger, ein Verstoßener, und Jesus sitzt bei ihm zu Tisch, wahrscheinlich zusammen mit einigen Jüngern. Und dann passiert noch etwas Ungewöhnlicheres. Eine Frau kommt herein und gießt ein kostbares, teures Parfüm über Jesus. Die das sehen, sind empört und kritisieren: „Was für eine Verschwendung! Hätte man das teure Öl nicht verkaufen und damit einigen armen Menschen helfen können? Hätte man mit dem Geld nicht besser wirtschaften können?

„Was ist mit dem Geld geschehen? Wo ist das Geld?“ Das sind Fragen, die immer wieder gestellt werden, wenn es um die Arbeit in Kirchengemeinden geht. Misstrauen und Zweifel verleiten zum Vorwurf des schlechten Wirtschaftens, das damit dem Gegenüber unterstellt wird, und sein korrektes Verhalten wird durch indirekte Anschuldigungen in Frage gestellt. Was könnte mit dem Geld doch alles Sinnvolles finanziert werden! Aber ... Wir befinden uns an einer Schnittstelle von Glauben einerseits und Geld andrerseits. Ist der Aufwand an Mitteln für ein Gemeindefest, zu dem alle auch zum Essen eingeladen sind, gleichzusetzen mit dem Aufwand für den Erhalt einer Kirche oder der Hilfe für die Armen?

Bemerkenswert ist, wie realistisch Jesus mit Geld umgeht. In den Gleichnissen spricht er vom verlorenen Groschen genauso wie vom verlorenen Schaf. Anhand einer Münze veranschaulicht Jesus: Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört. Aber gebt Gott, was Gott gehört. Entscheidend ist die Frage: Wie gehe ich damit um? Versuche ich zu raffen und zu horten, wie der reiche Kornbauer? Oder bin ich freigiebig, wie die Frau, die Jesus salbt?

Diese Frau in Bethanien kam, während alle zu Tisch saßen, einfach herein und goss Jesus kostbares Öl aufs Haupt. Das ist und bleibt skandalös. Nicht umsonst ist sie in die Geschichte eingegangen. Eine Verschwenderin! Aber trotz allem hat sie eine innere Haltung von Freiheit! Sie ist freigiebig über alles Maß und sittliches Empfinden hinaus. Namenlos bleibt sie aber, wie viele Frauen in Bibel und Geschichte. Das ist ein Zeichen für den Erfolg der Missionsgeschichte. Es ist aber auch eine Geschichte der Liebe. Diese Frau will Jesus alles geben, was sie hat. Das ist Hingabe und Verschwendung im schönsten Sinne – eine wundervolle Geste. Jesus weist die anderen zurecht, die kritisieren und lästern. Das Leben darf trotz Not und Leid gelebt und genossen werden.

Was können wir machen, wenn wir nichts mehr machen können? Die Männer in der Runde wollen immer noch diskutieren und kritisieren, und können so den Weg Jesu ins Leiden und durch das Leiden hindurch nicht sehen und nicht akzeptieren. Die Frau sieht aber, dass der Weg der Liebe, den Jesus geht, anders ist, ohne Gewalt, nur Hingabe. Sie ist ihm nahe, die anderen sind ihm fern. Sie tut ihm Gutes, die anderen kritisieren. Die schweren Zeiten heute drängen die Frage auf: Können wir uns Gott anvertrauen und aus seiner Hand hoffnungsvoll nehmen, was kommt? Können wir Gott vertrauen auch an der Grenze des Lebens? Zum Schluss stellt Jesus diese Frau in die Mitte und macht sie zum Vorbild. Vergesst sie nicht! Sie tat Gutes und tat eine wundervolle Geste der Hingabe, der Wertschätzung, der Liebe. Amen.