Wort zum Sonntag: Der Held von Belgrad

Seitdem die Osmanen 1453 die Stadt Konstantinopel erobert hatten, waren sie jahrhundertelang eine ständige Bedrohung für das christliche Europa. Uneinigkeiten und Kriege zwischen den christlichen Völkern erleichterten den Osmanen ihre Vorstöße und Gebietsgewinne. Die Festung Temeswar war 164 Jahre lang in ihrer Hand. So manche christlichen Heerführer, wie Johannes Corvinus, Woiwode von Siebenbürgen, Skanderbeg von Albanien und Prinz Eugen von Savoyen bedeckten sich durch ihre Siege über die Osmanen mit unsterblichem Ruhm. Aber neben diesen Feldherren muss auch der Name eines Franziskanermönches genannt werden: Johannes von Capistran. Er entschied eine bedeutende Schlacht, nicht mit der Waffe in der Hand, sondern mit seinem unerschütterlichen Todesmut.

Der 1386 geborene Johannes war Gouverneur und Oberrichter von Perugia. In den Kämpfen zwischen Perugia und Rimini fiel er aber in die Hände der Feinde und wurde in den Turm von Brufa eingesperrt. Da hatte er, nach seinem eigenen Bericht, eine Erscheinung des hl. Franz von Assisi, der ihn zu seinem Jünger berief. 

Mithilfe einer großen Geldsumme kaufte er sich frei, kehrte nach Perugia zurück und bat um Aufnahme im Kloster der Franziskaner. Der Quardian war darüber keineswegs begeistert. Er fragte sich, ob dieser Mann, der bisher das Befehlen gewohnt war, auch gehorchen könne. So musste Johannes auf echt mittelalterliche Weise die Probe aufs Exempel machen: Der Obere befahl ihm, am helllichten Tage in Lumpen gekleidet, mit einer Narrenkappe auf dem Haupt, rücklings auf einem Esel sitzend, durch Perugia zu reiten. Demütig ertrug er den Spott der Stadtbewohner. Er wurde in die Klostergemeinschaft aufgenommen. Nach der Priesterweihe wurde er der Gehilfe des wortgewaltigen Volkspredigers Bernardin von Siena. Mit ihm durchzog er Italien und wurde dabei selbst zum Missionar, dessen Worte die Massen zu Tränen der Reue erschütterten. So gewaltig war sein Ruf gestiegen, dass er überall mit fast königlichen Ehren empfangen wurde. Selbst Kaiser Friedrich III. ritt ihm zur Begrüßung entgegen. Johannes nützte seine hohen Beziehungen zum Nutzen der Kirche aus, für sich selbst wollte er nichts. Seine Liebe galt dem einfachen Volk. 

Johannes wanderte durch Deutschland, Böhmen und Polen. Er bezauberte Gelehrte und Ungelehrte durch die entschiedene, feurige Art, mit der er die christlichen Glaubenswahrheiten verkündete. 

Wie ein Blitz schlug im Jahre 1453 die Hiobsbotschaft ein, dass Konstantinopel in die Hände der Osmanen gefallen sei und Sultan Mohammed II. sich rüste, in das Herz des Abendlandes vorzustoßen. Johannes schrieb Briefe an den Kaiser, an die Könige von Burgund und England, beschwor auf Reichstagen die Stände. Da aber die Fürsten versagten, rief er die Völker zu den Waffen. Mit 40.000 Kreuzfahrern zog er an der Seite des siebenbürgischen Woiwoden Johannes Corvinus am 2. Juli 1456 in Belgrad ein. Ein ungeheures osmanisches Heer nahte. Zwei Tage lang dauerte der mörderische Kampf. Als die christlichen Schlachtreihen zu wanken begannen, stellte sich Johannes, mit dem Kreuz in der Hand, an die Spitze und feuerte die Soldaten mit glühenden Worten an. Die Osmanen wurden geschlagen, Europa war vorerst gerettet. Johannes Corvinus und Johannes von Capistran hatten diesen glänzenden Sieg errungen. Doch mit dieser großen Anstrengung war die Kraft des 70-Jährigen erschöpft. Die Christenheit verlor mit ihm einen Helden, gewann aber einen Fürsprecher bei Gott.

Anm. d. Red.: Laut dem Historischen Lexikon der Stadt Wien „war Johannes Capistran neben seiner Funktion als Inquisitor zur Bekämpfung der Hussiten auch für seine antijudaistischen Polemiken bekannt. Capistran ließ beispielsweise 1453 bei einem Pogrom in Breslau 41 Juden und Jüdinnen verbrennen, die verbliebenen Gemeindemitglieder vertreiben und deren Kinder zwangstaufen. Auch agitierte er in Hinblick auf angebliche Verletzungen des kirchlichen Rechts beim polnischen König Kasimir IV. gegen die jüdischen Sonderrechte. In Folge wurde die jüdische Bevölkerung gezwungen, herabwürdigende Kleidung zu tragen und sah sich landesweit ausbrechenden Pogromen ausgesetzt.“