In der weiten Welt geschieht in diesen Tagen ein konfessionsübergreifendes Ereignis. Es ist die Zeit des Karnevals. Auch wenn einige Ortschaften in Brasilien den Karneval wegen akutem Wassermangel abgesagt haben, bleibt dieses extreme Austoben dennoch eine globale Unart. Aller Augen sind auf Rio und auf Köln gerichtet. Manche Zeitgenossen wollen nämlich ihren Spaß haben. Sie wollen von christlichen Tabuthemen, wie Leid und Schmerz, zumindest in dieser Zeit ferngehalten werden. Tolle Tage helfen zeitweise, die Sorgen, Nöte und Plagen zu vergessen. Man ist sich jedoch trotz Ausschweifung bewusst, dass dieser Zustand nicht ewig anhalten wird.
Und in wenigen Tagen ist es soweit. Auf die Ausgelassenheit der tollen Tage folgt der Schmerz und mit ihm der volle Ernst. Ein Wechsel, den wir eigentlich alle Tage wahrnehmen. Denn im Wechsel von Freud und Leid gehen wir unseren Lebensweg. Man kann vor dem Leiden und den Schmerzen, die einen ab und zu ereilen, nicht weglaufen. Man ist dem Schmerz voll ausgeliefert – dem eigenen und dem fremden auch. Man kann den Schmerz nur für eine Weile überspielen oder verdrängen. Dann aber meldet er sich wieder.
In der Leidenszeit werden die Flügelaltäre in unseren siebenbürgischen Kirchen geschlossen. Die Leidenszeit beginnt mit dem Aschermittwoch, wo alles Ausschweifende in Asche gelegt wird. Der Ernst des Lebens beginnt. Doch hat der Ernst des Lebens je aufgehört? Haben Schmerzen und Bedrängnisse nicht auch in diesen tollen Tagen ihre Präsenz gezeigt?
Äußerst schwer habe ich es empfunden, als ich von einem Gemeindefasching plötzlich zu einem Sterbeabendmahl gerufen wurde, wo ich Schmerzen und seelisches Elend in äußerster Form erleben konnte. Dieser Wechsel von überschwänglicher Freude zu einem tiefen Leid machte mir in meinem Inneren noch einige Tage zu schaffen, weil mir damals bewusst war, dass die Trostworte der Heiligen Schrift vom Leidenden nicht gewollt waren. Die Familie hatte es gewollt, nicht der Sterbende. Dennoch gab es eine Absolution mit Gebet, die meiner Meinung nach ihre Wirkung nicht verfehlte.
Schmerzen gehören also zu unserem Leben. Kluge und empfindsame Menschen haben daher die Leidensgeschichte unseres Heilands in einzelne Stationen aufgeteilt, damit sie davor etwas verweilen können. So können sie den Kreuzweg Jesu besser nachvollziehen. Doch auch viele Bilder und auch viele Bildtafeln in unseren Kirchen zeigen diese Stationen. Als Erinnerungsstücke sozusagen oder als Ermahnung: Vergiss den Schmerz nicht! Vergiss den Schmerz des Heilands nicht, vergiss den eigenen nicht und nicht den von anderen Menschen. Denn der Schmerz ist der Lehrmeister deines Lebens. Was lehrt uns aber das Kreuz, das wir auf uns nehmen? Was lehrt uns der Schmerz? Dass die Hoffnung etwa keinen Rückhalt haben darf? Der feste Grund ist doch Gott! Und wenn Jesus seinen Schmerz mit Gottes Hilfe tragen und überwinden konnte, so können wir es auch. Auch wenn wir noch keine Erfahrung darin haben und uns daher ängstigen. Wir können uns aber an denen orientieren, die ihren Schmerz hatten und ihn, mit Gottes Hilfe, tragen und überwinden lernten. Bei ihnen können wir auch Hoffnung finden.
Gott kehrt immer wieder zurück, in den erlebten Schmerzen, in den erlebten Leiden, in den erlebten Sorgen, in den erlebten Nöten. Er kehrt zurück und greift präsent in unser Leben ein. Er kehrt zurück eben in diesem allgegenwärtigen Schmerz. Hier hilft etwas, was Gottes Arme wieder öffnen lässt, sodass wir Sünder darin Platz haben! Es hilft die Glaubenserfahrung, weil Gott und Schmerz doch so sehr zusammenpassen. Denn Gott hat ja selber Leiden und Schmerzen auf sich genommen, diese ans Kreuz getragen und überwunden. Er hat für uns Christen den Sieg davongetragen, den Sieg über Sünde, den Sieg über Tod und den Sieg über das Böse. Sein Sohn Jesus hat für uns den Tod überwunden und den Durchbruch zur Ewigkeit geschafft. Etwas ist vorhanden von der Fülle der Gnade, etwas ist vorhanden von der Größe des Trostes, die zur Linderung führt. Etwas ist vorhanden, auf was wir unser Vertrauen setzen können, was unsere Hoffnung dann nicht enttäuscht. Im Glauben hat der Apostel Paulus alle Trübsal überwinden können und lässt uns sagen: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus“ (Phil. 4,13). Das ist die Kraft Gottes, die sich dem Schmerz auch stellen kann. Ihr zu vertrauen, ist lebenswichtig.