Wort zum Sonntag: Die Kraft des Segens

„Zum Kirchenjubiläum spendete der Bischof der Festgemeinde seinen Segen.“ Dieser Satz war Untertitel in einem Zeitungsbericht zu einem Bischofsbesuch in seinem Geburtsort. Dieser Besuch, das Wiedersehen und Zusammensein waren gelungen und gab in alle Richtungen viel Freude; das wurde durch den Bericht spürbar. Doch dieser eine Satz verwirrt: der Bischof spendet seinen Segen. Demnach ist er Besitzer eines Segens, den er weitergeben kann, ggf. kann er auch das Weitergeben verwehren. Das lässt aufhorchen! Ist der christliche Segenszuspruch Eigentum einer Person? Liegt der Segen in der Herrschaft eines Menschen? Aus vielen Gottesdiensten kenne ich den Einladungssatz, der zum Ende der Feier gesagt wird: „Empfangt nun den Segen unseres Gottes.“ Zwischen diesen beiden Formulierungen steckt nun ein großer Unterschied. Im Letzteren ist der Sprecher (Liturg) einer, der den Segen Gottes, aber eben nicht seinen, zusagt. Dies ist lediglich sein Dienst. Und seine Worte werden dann bei mir, bei den Hörenden, die sich zu Christus bekennen, zum Segen. Es sind also zuerst nur Worte, die dann in meinen Sinnen und dank meiner Bindung zu Gott mir zum Segen werden.  

Segen und segnen ist biblisch vielfach beschrieben. Bekannt ist, dass Abraham von Gott gesegnet wird für seinen neuen Weg (1.Mose 12, 1-3). Dies ist sogar ein Segen, ein Zuspruch, der weit über Abrahams Person hinaus geht. Aber klar ist: Gott spricht diesen Segen, er spendet diesen Zuspruch, der dem Abraham zur Gewissheit wird. 

Im Jahr 2023 sind über 100 Bücher erschienen, die im Titel das Wort „Segen“ enthalten, etliche in der Wendung „Segen oder Fluch“ – mit der Nennung des Gegenteils wird uns inhaltlich deutlich, was im Segen steckt.

Aus unserer kirchlichen Praxis kennen wir besondere Segensfeiern, da ist die Taufe, gefolgt von der Konfirmation, und auch zur Eheschließung wird ein Segen spürbar zugesprochen. In diesen Feiern ist der Segen mehr als nur ein Wort; das Wort, der Zuspruch, wird gestärkt durch eine Zeichenhandlung, mal ist es die Handauflegung, dann das Kreuzes-Zeichen, zumeist auf die Stirn gezeichnet. Segnen ist also mehr als nur ein Wort, Segen ist auch ein Tun mit vergewissernder Wirkung. 

Unsere Gottesdienste schließen mit dem Segen, der vom Altar aus der Gemeinde zugesprochen wird, auch oft mit deutbaren Zeichen. Die geöffneten, leeren Hände, das Kreuzzeichen, eine Verneigung. Dieses Zusprechen des Segens wird weithin als eine Amtsausübung eines Geistlichen eingestuft, ein anderer könne dies nicht. Aber das ist falsch! Natürlich kann der Segen auch zugesprochen werden von einem Lektor, der den Gottesdienst mitgestaltet. Dadurch erhält der Segen keine mindere Qualität! „Es ist unevangelisch, den aaronitischen Segen im Gottesdienst als einen Segen des Priesters aufzufassen.“ (Rietschel, Liturgik, 1900, S. 513). Egal, wer diese Worte zusagt: sie sind und bleiben Gottes Zuspruch!

„Viel Glück und viel Segen“ wird oft bei Geburtstagen gesungen. Damit sagen wir deutlich mehr als nur einen Geburtstagswunsch! „Ich wünsche dir für das neue Jahr…“ Der Segen hebt sich davon ab: er ist nicht Wunsch, sondern Zuspruch!  Im Zuge des Annehmens des Segens, oder besser: Weil ich mir bewusst das Segenswort anhöre, wird er nun zur Kraftquelle. Der Segen ist dem Empfänger also eine Stärkung. Weil ich mir bewusst werde, dass Gott der Ursprung des Segens ist, weiß ich, dass ich hier etwas zugesagt bekomme, das mir ein Gleichgesinnter so nicht sagen kann. Im Segen steckt also eine gehobene Qualität. Darum ist der Segen nie von Menschen gemacht, hier wirkt Gott selbst. So werde ich nun als „Handlanger Gottes“ den Segen Gottes (und nicht meinen) weitergeben, auch mit einer bekräftigenden Zeichenhandlung.